Urteil: (BayVGH, 20. Senat)
[...]
I. Die Berufung gegen die Beklagte zu 1 wird zurückgewiesen.
II. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 28. Januar 1992 wird die Beklagte zu 2 Verpflichtet, den Klägern die Kosten für Schallschutzmaßnahmen an den Fenstern der Schlafräume im 1. Obergeschoß, die nach Süden ausgerichtet sind, nach der VDI-Richtlinie 2719 Tabelle 6 mittlere Spalte unter Zugrundelegung von Anhaltswerten von 30 dB(A) für Schlafräume nachts zu erstatten, wenn und soweit ein erhöhter Schallschutz dadurch notwendig wird, daß der Dauerschallpegel des Bahnlärms vor den Fenstern (nach Abzug des Schienenbonus von 5 dB(A)) 62 dB(A) über schreitet. Im übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Kosten der Berufung einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen gegen die Beklagte zu 1 tragen die Kläger als Gesamtschuldner. Die Kosten der Klage und des Berufungsverfahrens gegen die Beklagte zu 2 werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kläger und die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung der zu vollstreckenden Beträge abwenden, wenn nicht der jeweilige Gegner vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger erstreben eine Minderung der von der Bahnstrecke Nü.-He. auf ihr Grundstück einwirkenden Geräuschimmissionen. Sie sind Eigentümer des Wohngrundstücks F1.Nr. _ _ _ _ der Gemarkung L., das durch eine Böschung und die parallel verlaufende U.straße von der Bahnlinie getrennt, sich nordöstlich des Bahnhofs L. rechts der P., etwa 40 m (Wohnhaus ca. 50 m) von den Gleisen entfernt, auf einer leichten Anhöhe befindet.
Seit März 1989 äußerten die Kläger in mehreren Schreiben gegenüber der Deutschen Bundesbahn ihre Befürchtung, durch den vorgesehenen Einsatz von Zügen mit der neuartigen Pendolino-Technik, werde es zu vermehrter Lärmbelästigung kommen. Ohnehin habe sich der Lärm durch den aufgenommenen S-Bahnbetrieb und den verstärkten Güterzugverkehr in die neuen Bundesländer erhöht. Dadurch seien Lärmschutzmaßnahmen an der Bahnstrecke notwendig.
Die Deutsche Bundesbahn lehnte Lärmschutzmaßnahmen ab, da diese nach ihrer Ansicht rechtlich nicht erforderlich seien.
Daraufhin erhoben die Kläger am 10. Februar 1991 Klage gegen die Deutsche Bundesbahn zum Verwaltungsgericht Ansbach mit den Anträgen, der Deutschen Bundesbahn aufzugeben, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß die von der Bahnstrecke Nü.-Ba. auf das klägerische Anwesen künftig einwirkenden Lärmimmissionen die Grenzwerte nach der 16. BImSchV, und zwar von 59 dB(A) am Tag und von 49 dB(A) in der Nacht nicht überschreiten.
Hilfsweise, sofern dies durch Maßnahmen aktiven Lärmschutzes nicht erreicht werden könne, der Beklagten aufzugeben, passive Lärmschutzmaßnahmen durchzuführen, sowie sie dem Grunde nach zu verurteilen, Geldentschädigungen für die Wertminderung des Außenwohnbereiches zu leisten.
Hilfsweise diese zu verurteilen, es zu unterlassen, daß der auf der von der Bahnstrecke Nü.-Ba. auf das klägerische Anwesen einwirkende Lärm die Grenzwerte von 75 dB(A) am Tag und 65 dB(A) in der Nacht überschreitet.
Zur Begründung trugen sie vor: Durch die Öffnung der östlichen Grenze habe der Verkehr auf der streitgegenständlichen Bahnlinie stark zugenommen. Seither habe sich der besonders lärmintensive Güterverkehr in etwa verdoppelt. Die Strecke sei nicht elektrifiziert und werde vor allem von schweren lärm- und abgasintensiven Dieselloks befahren. Ab Mai 1992 wolle die Deutsche Bahn zusätzlich das Pendolino - System einsetzen, bei dem sich die Waggons in den Kurven neigten und so eine schnellere Durchfahrtsgeschwindigkeit ermöglichten. Dies führe zwangsläufig bei ihrem Anwesen zu erheblichen Lärmsteigerungen. Die Bundesbahn habe es bisher zu Unrecht abgelehnt, das erforderliche Planfeststellungsverfahren durchzuführen und die notwendigen Schallschutzmaßnahmen zu ergreifen. Die Voraussetzungen für ein Planfeststellungsverfahren seien vorliegend erfüllt, da vor dem Einsatz des Pendolino u.a. folgende Maßnahmen durchgeführt worden seien: Tunnelsanierungen zwischen VO. und Ne., Damm- und Böschungssicherungen bei P. und En., Gleisauswechslungen, Herausnahme von Weichen, Anpassungsarbeiten in Kurven, Maßnahmen an Signalanlagen, Schaffung weiterer Blockstellen zwischen Ra. und Sch. und Installation neuer Einschaltmodule bei allen Bahnübergängen. Außerdem seien in jedem Fall die Signalanlagen zu erneuern, zu ändern, oder anzupassen, weil der schnellere Zug andere Bremswege habe. Es werde auch ein zusätzliches Signalsystem eingebaut, was eine wesentliche Änderung der Bahnanlage darstelle. Außerdem sei auf dieser Strecke der sogenannte Gleiswechselbetrieb unter Verkürzung der Signalabstände auf 100 m eingeführt und die zulässige Höchstgeschwindigkeit schrittweise auf 160 km/h pro Stunde erhöht worden. Ferner sei u.a. für den Pendolino der Güterbahnhof L. abgekoppelt und der Bahnsteig angepaßt worden.
Die Deutsche Bundesbahn beantragte Klageabweisung. Zur Begründung führte sie aus: Die Bahnstrecke sei bei ihrer Errichtung für den gesamten, auf ihr technisch. möglichen und nach dem jeweiligen Verkehrsaufkommen erforderlichen Eisenbahnverkehr zugelassen und ihre Zulässigkeit abschließend gegenüber Nachbarn festgestellt worden. Für den Einsatz des Pendolino sei kein Planfeststellungsverfahren durchzuführen, da Bahnanlagen lediglich erneuert bzw. unwesentlich geändert worden seien. Im Bereich L. sei die Bahnstrecke in einem derartigen technischen Zustand gewesen, daß die Einführung des Pendolino ohne Änderung möglich gewesen sei. Es würden lediglich Oberbau- und Instandhaltungsarbeiten im Rahmen des geltenden Regelwerks durchgeführt, die keine wesentlichen baulichen Änderungen seien. Darüber hinaus würden auf der Strecke nur Weichenerneuerungen (in VO., Sch. und Ma.), Anpassungsarbeiten (in Ho.) sowie Rückbauten entbehrlicher Anlagen (in Sch. durchgeführt. Auch die erforderlichen signaltechnischen Maßnahmen seien Anpassungsmaßnahmen, die durch die höheren Geschwindigkeiten veranlaßt seien, jedoch nicht zu einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit der ganzen Strecke führen würden. Eine Ausnahme bildeten die beiden Blocksignale zwischen Ne. und Sch., die jedoch nicht den Bereich der Kläger beträfen. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Bereich L. liege grundsätzlich weiterhin bei 120 km/h, lediglich der Pendolino dürfe, wegen seiner besonderen technischen Merkmale, zwischen 150 und 160 km/h fahren. Im übrigen belegten Kursbuchauszüge, daß über die streitgegenständliche Strecke von alters her Fernverkehr geführt worden sei. Eine wesentliche Änderung von Schienenwegen nach der herrschenden Definition sei dann gegeben, wenn am Schienenkörper bauliche Maßnahmen durchgeführt würden, die nicht unerhebliche Mehrbelastungen der Nachbargrundstücke durch Verkehrslärm hervorrufen könnten. Diesen Maßstab habe die Beklagte bei ihrer Entscheidung zugrundegelegt und auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Das Ergebnis sei der Verzicht auf die Planfeststellung.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 28. Januar 1992 ab. Zur Begründung führte es aus: Die Beklagte sei nicht zur Vornahme der begehrten Maßnahmen bzw. zur Einhaltung der von den Klägern genannten Lärmgrenzwerte verpflichtet. Entscheidende Anspruchsvoraussetzung sei das Vorliegen einer "wesentlichen Änderung von Eisenbahnen" im Sinne des § 41 Abs. 1 BImSchG. Die Voraussetzungen der aufgrund von § 43 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erlassenen Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) lägen jedoch nicht vor. Es handle sich weder um die bauliche Erweiterung des Schienenweges um mindestens ein durchgehendes Gleis, noch um die spürbare bzw. nicht mehr zumutbare Erhöhung des maßgeblichen Beurteilungspegels in Folge eines erheblichen baulichen Eingriffs. Allein die volle Ausnutzung der Streckenkapazität, wie Veränderungen im Fahrbetrieb durch Erhöhung der Geschwindigkeit, Einsatz anderer Lokomotiven oder Einführung neuer Zugsysteme, stellten keinen baulichen Eingriff DAR. Durch das Merkmal des erheblichen baulichen Eingriffs werde zudem klar gestellt, daß nicht jede Baumaßnahme geeignet sei, eine wesentliche Änderung herbeizuführen. Nicht nur Unterhaltsarbeiten sollten hier ausgeschieden werden, sondern auch kleinere bauliche Eingriffe der Art, wie sie im streitgegenständlichen Streckenabschnitt vorgenommen würden (Anpassung von Übergangsbögen und Rampen, Ergänzung des Signalsystems). Dies werde bestätigt durch die Begründung der Bundesregierung zur Verkehrslärmschutzverordnung. Danach müsse der Eingriff zu einer erkennbaren Veränderung des bisherigen Verkehrswegs führen und seine Substanz betreffen, um die Lärmvorsorge deutlich von der Lärmsanierung abzugrenzen. Der Einbau zusätzlicher Signale, die Verlängerung oder Höherlegung eines vorhandenen Bahnsteigs oder der Ausbau einer Weiche, selbst wenn damit die (teilweise) Abkoppelung von Güterverkehrsanlagen verbunden sein sollte, seien nur als kleinere Eingriffe zu qualifizieren. Gleiches gelte für die Tunneländerungen im weiteren Streckenverlauf, da insoweit ebenfalls nicht in die Substanz des Schienenweges eingegriffen werde. Selbst wenn die letztgenannten Maßnahmen anders zu beurteilen wären, könnten sich die Kläger hierauf nicht berufen, da es für einen Anspruch auf Schallschutzmaßnahmen allein auf die Situation in dem Streckenabschnitt ankomme, in dessen Einwirkungsbereich das jeweilige Anwesen liege. Über Lärmsanierungsansprüche sei im übrigen nicht zu entscheiden, da insoweit der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht gegeben sei.
Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger ihr Klageziel weiter und haben nach der Änderung des Eisenbahnverfassungsrechts die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Eisenbahnbundesamt gerichtet; mit Beschluß vom 10. Oktober 1995 hat der Senat - unter Beiladung der Deutschen Bahn AG - diese Beteiligtenänderung für wirksam erachtet.
Sie vertiefen und ergänzen ihr Klagevorbringen dahingehend, daß die Beklagte im 4 km entfernten Bahnhof Rü. ein Überholgleis baue, für das ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden sei. Die Unterlagen wiesen die Planfeststellung als Maßnahme für die Einführung des Pendolino aus. Diese Baumaßnahme sei, da bisher nicht bekannt, vom Verwaltungsgericht nicht gewürdigt worden. Außerdem handle es sich bei den Baumaßnahmen im Bahnhof L. nicht nur um Unterhaltsmaßnahmen, sondern um einen erheblichen baulichen Eingriff. Solche Unterhaltsarbeiten würden für einen verhältnismäßig kleinen Streckenabschnitt nicht Monate dauern. Bei Erhöhung der Zuggeschwindigkeit habe die Beklagte es auch rechtswidrig unterlassen, einen in ihrer Verkehrssicherungspflicht liegenden baulichen Eingriff vorzunehmen, nämlich die Beseitigung eines beschränkten Bahnübergangs in 2 km Entfernung vom klägerischen Anwesen. Damit liege auch im Bereich des klägerischen Anwesens ein erheblicher baulicher Eingriff vor. Darüber hinaus führe die Auslegung der 16. BImSchV durch das Verwaltungsgericht dazu, daß diese die Ermächtigungsgrundlage überschreite. Weder § 43 noch § 41 BImSchG enthielten eine Ermächtigung dazu, eine erhebliche bauliche Änderung als Anspruchsvoraussetzung für Lärmschutzmaßnahmen festzuschreiben. Zudem habe sich das Erstgericht mit dem zweiten Hilfsantrag nicht auseinandergesetzt. Den Klägern stehe ein Abwehranspruch aus §§ 1004, 906 BGB sowie aus Art. 2 Abs. 2, 14 Abs. 1 GG zu.
Mit Beweisbeschluß vom 5. August 1994 wurde ein Sachverständigengutachten eingeholt zu der Frage, welche Lärmeinwirkungen durch den Betrieb der Bahnstrecke Nü.-He. auf das Grundstück der Kläger sich ergeben. Der Gutachter legte sein Gutachten am 24. August 1995 vor. Hinsichtlich des Inhalts und der mündlichen Erläuterung (am 27.2.1996) wird auf die Akten verwiesen.
Im Berufungsverfahren haben die Kläger schließlich beantragt (Verhandlungen vom 6. und 27.2.1996):
Unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach der beklagten Bundesrepublik aufzugeben, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß die von der Bahnstrecke Nü.-He. auf das klägerische Anwesen U.str. _ _, L. a.d. P., künftig einwirkende Lärmimmission die Grenzwerte nach der 16. BImSchV, und zwar von 59 dB(A) am Tag und 49 dB(A) in der Nacht nicht überschreitet.
Hilfsweise: Für den Fall, daß dies durch Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes nicht erreicht werden kann, der beklagten Bundesrepublik aufzugeben, Entschädigungen für geeignete passive Lärmschutzmaßnahmen zu leisten bzw. für den Fall, daß diese insbesondere aus Gründen des Denkmalschutzes nicht durchführbar sind, insoweit Entschädigung für die Wertminderung des Innenwohnbereichs zu leisten sowie weiter Geldentschädigung für die Wertminderung des Außenwohnbereichs zu leisten.
Hilfsweise: Die obigen Ansprüche an Grenzwerten von 70 dB(A) am Tag und 60 dB(A) in der Nacht auszurichten, wobei den errechneten Pegeln kein Schienenbonus abzuziehen ist.
Hilfsweise: Die obigen Ansprüche an Grenzwerten von 75 dB(A) am Tag und 65 .dB(A) in der Nacht (ohne Abzug des Schienenbonus) auszurichten.
Die Kläger haben erklärt, sie widersetzten sich nicht, falls der Senat die Klage bezüglich des zweiten (nunmehr sinngemäß auch dritten) Hilfsantrages als jetzt von Gesetzes wegen gegen die Deutsche Bahn AG gerichtet ansehe (Verhandlung vom 6.2.1996). Mit Beschluß vom 13. Februar 1996 hat der Senat festgestellt, daß sich die Klage insoweit gegen die Deutsche Bahn AG richtet.
Die Beklagten bzw. die Beigeladene sind der Berufung entgegengetreten.
Zur Ergänzung wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Verfahrensrechtliche Bewertung der Klageanträge
Die rechtliche Einordnung der einzelnen Klageanträge wirft grundlegende Fragen auf, die sich auch auf ihre verfahrensrechtliche Würdigung auswirken und daher vorweg zu erörtern sind. Dem Verfahren liegen ein Hauptantrag und drei Hilfsanträge zugrunde, die sich, was die Erklärungen der Kläger betrifft (Klageänderung vom 28. September 1995), alle gegen die Beklagte zu 1 richten.
1. Die Beteiligten sind sich zu Recht darin einig, daß diese Anträge zwei verschiedenen materiell-rechtlichen Kategorien zuzuordnen sind, obwohl diese Abgrenzung nicht auf den ersten Blick erkennbar ist und sich lediglich in den deutlichen Unterschieden der in den Anträgen genannten Lärmgrenzwerte ausdrückt. Die erste Kategorie - zu ihr gehören der Hauptantrag und der erste Hilfsantrag - betrifft Lärmschutzansprüche, die sich aus dem Bau oder der wesentlichen Änderung einer Eisenbahnstrecke ergeben, die zweite Kategorie - zu ihr gehören die Hilfsanträge zwei und drei - Lärmschutzansprüche, die sich allein auf den (ggf. gesteigerten) Betrieb der Strecke beziehen und die gemeinhin Lärmsanierungsansprüche genannt werden.
Die Unterscheidung zwischen beiden Ansprüchen lag, ebenfalls gekennzeichnet durch einen deutlichen Unterschied der Grenzwerte, bereits dem Entwurf des Verkehrslärmschutzgesetzes zugrunde, der schließlich an der angenommenen Unfinanzierbarkeit der Sanierungsansprüche gescheitert ist. Die Unterscheidung hat weiterhin Gültigkeit: Wie später näher auszuführen sein wird, beschränken sich zwar die im Bundesimmissionsschutzgesetz vorgesehenen Lärmschutzansprüche nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers auf den Bau und die wesentliche Änderung von Eisenbahnstrecken, doch erkennt die zivilgerichtliche Rechtsprechung unabhängig davon für den Fall hoher Lärmbelastungen einen nicht kodifizierten Lärmsanierungsanspruch an, der als aufopferungsähnlicher Anspruch aus enteignendem Eingriff und in entsprechender Anwendung des § 906 BGB verstanden wird.
2. Bei Klageerhebung lag die Passivlegitimation (und ebenso die Beklagtenstellung) für beide Anspruchsarten fraglos bei der damaligen Deutschen Bundesbahn. Auch war für beide Anspruchsarten der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Allerdings mußten Lärmsanierungsansprüche aus enteignendem Eingriff aufgrund der Sonderregelung für Aufopferungsansprüche (§ 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO) im Regelfall im Zivilrechtsweg geltend gemacht werden (BGH v. 15.12.1994, NJW 1995,964; BVerwGE 94,1,16). Im vorliegenden Fall war dennoch der Verwaltungsrechtsweg gegeben, denn nach § 17 Abs, 2 Satz 1 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Da der Rechtsweg - sinngemäß (die Antragsformulierung war damals noch eine andere) für den Haupt- und den ersten Hilfsantrag gegeben war, hätte das Verwaltungsgericht auch über die gegen dieselbe Beklagte gerichteten, inhaltlich weniger weitgehenden und lediglich auf einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt beruhenden Hilfsanträge zwei und drei entscheiden müssen (der in § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG geregelte Ausnahmefall ist bei der hier nach § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO gegebenen einfach-gesetzlichen Rechtswegregelung nicht einschlägig). Das Verwaltungsgericht hätte folglich nicht, wie jedoch geschehen, eine Sachentscheidung ablehnen dürfen. Da es aber - anstelle der von seinem Standpunkt aus an sich gebotenen Verweisung (§ 17 a Abs. 2 GVG) - immerhin eine Prozeßentscheidung getroffen hat, ist davon auszugehen, daß der Rechtsstreit auch insoweit beim Verwaltungsgerichtshof anhängig geworden ist.
3. Durch die Änderung des Eisenbahnverfassungsrechts (vgl. Gesetz zur Neuordnung des Eisenbahnwesens, Eisenbahnneuordnungsgesetz - ENeuOG vom 27. Dezember 1993; BGBl I. 2378) zum 1. Januar 1994 hat sich die materiell-rechtliche und prozeßrechtliche Lage zum Teil geändert.
3.1 Trotz weitgehender Privatisierung der ehemaligen Deutschen Bundesbahn sind die Lärmschutzansprüche, die sich auf den Bau .oder die wesentliche Änderung von Eisenbahnstrecken beziehen, weiterhin öffentlich-rechtlicher Natur, da sie ihre Rechtsgrundlage unverändert im Bundesimmissionsschutzgesetz haben. Die Passivlegitimation ist insoweit von der nicht mehr existierenden Deutschen Bundesbahn auf die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Eisenbahnbundesamt, übergegangen. Das Eisenbahnbundesamt ist befugt, gegenüber der Deutschen Bahn AG zur Durchsetzung der Lärmschutzvorschriften einzuschreiten (vgl. BVerwG v. 13.10.1994, DÖV 1995,198). Soweit hierfür ein Planfeststellungsverfahren notwendig ist, ergibt sich dies bereits aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über die Eisenbahnverkehrsverwaltung des Bundes (Art. 3 ENeu0G). Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts kann des weiteren aus dem Umstand, daß der allgemeinen Aufsichtszuständigkeit keine weiteren ausdrücklichen Befugnisnormen korrespondieren, nicht geschlossen werden, daß dem Eisenbahnbundesamt mangels einer Eingriffsgrundlage im übrigen die Hände gebunden wären, wenn die Deutsche Bahn AG unter Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften baut, sei es, daß sie eisenbahnrechtliche Genehmigungserfordernisse von vornherein negiert, sei es, daß sie die nach Maßgabe der Genehmigung einzuhaltenden materierechtlichen Anforderungen mißachtet. Der in der Zuständigkeitsnorm (§ 3 Abs. 2 Nr. 2) des Gesetzes über die Eisenbahnverwaltung des Bundes verwendete Begriff der Eisenbahnaufsicht stellt klar, daß damit zugleich eine Befugnis zu rechtsaufsichtlichen Maßnahmen verbunden sein soll (BVerwG v. 13.10.1994, a.a.O; Studenroth, Aufgaben und Befugnisse des Eisenbahnbundesamtes, Verwaltungsarchiv 1996,97,112). Der gesetzliche Übergang der öffentlich-rechtlichen Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Bundesbahn auf das Eisenbahnbundesamt entspricht einer Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession) und führte daher in entsprechender Anwendung von § 173 VwGO i.V.m. § 239 ZPO (vgl. BVerwGE 44,148/150; 59,221/224; 66,298/300) zu einem gesetzlichen, keiner Klageänderung bedürftigen Parteiwechsel auf der Beklagtenseite. Die entsprechende Klageänderung stellte sich daher lediglich als ein Nachvollzug des von Gesetzes wegen ohnehin eingetretenen Beklagtenwechsels DAR.
Wegen des fortbestehenden öffentlich-rechtlichen Charakters ist der Verwaltungsrechtsweg für diese Ansprüche weiterhin gegeben.
3.2 Lärmsanierungsanprüche haben aufgrund der geänderten Eisenbahnverfassung eine andere Rechtsnatur angenommen. Da die Deutsche Bahn AG inzwischen ein privates Unternehmen ist, können von ihr keine hoheitlichen und damit auch keine enteignenden Eingriffe mehr ausgehen. Rechtsgrundlage für gegen sie gerichtete Lärmsanierungsansprüche ist daher nunmehr § 906 BGB in unmittelbarer, nicht mehr entsprechender Anwendung, also im Sinne eines bürgerlich-rechtlichen Anspruchs. Anders als bei den zuvor erörterten Ansprüchen besteht insoweit keine Zuständigkeit des Eisenbahnbundesamtes, da dieses die Deutsche Bahn AG nur in öffentlich-rechtlicher Hinsicht beaufsichtigt, nicht aber in Bezug auf deren privatrechtliche Beziehungen zu Grundstücksnachbarn.
Auch insoweit ist die Passivlegitimation - hier auf die Deutsche Bahn AG - im Wege der Universalsukzession übergegangen, da die Deutsche Bahn AG die streitgegenständliche Strecke als eisenbahnnotwendiges Vermögen nach § 21 des Gesetzes zur Zusammenfassung und Neugliederung der Bundeseisenbahnen im Wege der Universalsukzession erworben hat. Damit ist, wie ebenfalls bereits oben (3.1) ausgeführt, auch die Beklagtenrolle kraft Gesetzes auf die Deutsche Bahn AG übergegangen. Daß insoweit nicht auch eine entsprechende Parteierklärung (Klageänderung) vorliegt, ist aufgrund des gesetzlichen Übergangs ohne Belang; immerhin haben die Kläger ausdrücklich erklärt, daß sie sich der Annahme eines gesetzlichen Beklagtenwechsels nicht widersetzen würden.
Für die Lärmsanierungsansprüche wäre an sich der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben, nunmehr, da es sich um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit handelt, nach § 13 Abs. 1 GVG, nicht mehr nach § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Dem stünde auch § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG nicht entgegen, da es sich nicht mehr wie früher um ein einheitliches Prozeßrechtsverhältnis mit lediglich unterschiedlichen Gesichtspunkten handelt, sondern um zwei Prozeßrechtsverhältnisse der Kläger zu zwei verschiedenen Beklagten. Dennoch ist übergangsweise für solche Fälle der Verwaltungsrechtsweg gegeben, da er, wie ausgeführt, vor Änderung der Eisenbahnverfassung für die damals bereits anhängige Klage gegeben war und seine Zulässigkeit folglich von der späteren Veränderung der Umstände nicht mehr berührt wird (sogenannte "perpetuatio fori", § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG).
II.
Die Berufung hinsichtlich der Lärmschutzansprüche, die sich auf den Bau oder die wesentliche Änderung von Eisenbahnstrecken beziehen (Hauptantrag und erster Hilfsantrag), ist unbegründet.
1. Öffentlich-rechtliche Ansprüche auf Lärmschutz könnten die Kläger einmal geltend machen, wenn die von der Deutschen Bahn AG vorgenommenen Arbeiten planfeststellungspflichtig sind (vgl. § 18 AEG) und die Voraussetzungen der §§ 41, 42 BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV vorliegen; in diesem Fall kann ein Betroffener einen Anspruch auf Anordnung einer Schutzauflage auch außerhalb eines (zu Unrecht unterbliebenen) Planfeststellungsverfahrens durchsetzen (vgl. BVerwG v. 22.2.1980, DÖV 1980,516,518 für das Planfeststellungsverfahren im Straßenrecht). Soweit bauliche Maßnahmen nicht planfeststellungspflichtig sind, kann sich ein Anspruch unmittelbar aus den §§ 41, 42 BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV ergeben, der in Form der allgemeinen Leistungsklage geltend zu machen ist (vgl. Jarass, Bundesimmissionsschutzgesetz, Kommentar, 3 Auflage, § 41 Rdnr. 5, Schulze-Fielitz, Gemeinschaftskommentar zum BImSchG § 41 Rdnr. 87; Alexander, Aktuelle Fragen des Verkehrslärmschutzes unter besonderer Berücksichtigung der Verkehrslärmschutzverordnung, NVwZ 1991, 318, 323). Letztlich kommt es also nur darauf an, ob die Voraussetzungen der §§ 41, 42 BImSchG gegeben sind. Diese Bestimmungen regeln den Lärmschutz gegenüber Eisenbahnen abschließend (auch im Verhältnis zu § 74 Abs. 2 VwVfG bei Planfeststellungspflicht, BVerwG v. 9.2.1995, BayVBl 1995,408). Aus § 41 Abs. 1 BImSchG folgt, daß Ansprüche nur beim "Bau oder der wesentlichen Änderung" von Eisenbahnen entstehen können; Lärmsanierungsansprüche hat der Gesetzgeber damit, und zwar bewußt, von der Regelung ausgeschlossen (siehe hierzu die Gesetzesmaterialen zur 16. BImSchV, BR-Drucksache 661,89 S. 1; zu den Sanierungsansprüchen siehe im übrigen unten III). Die Wesentlichkeit der Änderung wird aufgrund § 43 BImSchG in § 1 Abs. 2 16. BImSchV näher umschrieben. Danach ist eine Änderung wesentlich, wenn ein Schienenweg um ein oder mehrere durchgehende Gleise baulich erweitert wird oder wenn durch einen erheblichen baulichen Eingriff der Beurteilungspegel des von dem zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms um mindesten 3 dB(A) auf mindestens 70 dB(A) am Tag oder mindestens 60 dB(A) in der Nacht erhöht wird oder wenn der Beurteilungspegel von mindestens 70 dB(A) am Tag oder 60 dB(A) in der Nacht erhöht wird. Daß dadurch der Begriff der wesentlichen Änderung im Sinne von § 41 Abs. 1 BImSchG nicht eingeengt wird, ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG. Aus letztgenannter Vorschrift folgt, daß der Begriff der wesentlichen Änderung im Sinne von § 41 Abs. 1 BImSchG nur bauliche Maßnahmen betreffen kann, denn das Bundesimmissionsschutzgesetz gilt nur für den Bau öffentlicher Eisenbahnen nach Maßgabe der §§ 41 bis 43 BImSchG. Demnach kann eine wesentliche Änderung nur eine solche baulicher Art sein. Deshalb nimmt auch die Legaldefinition der Anlage (§ 3 Abs. 5 Nr. 3 BImSchG) die öffentlichen Verkehrswege von der Geltung des Bundesimmissionsschutzgesetzes im übrigen aus. Nachdem § 41 BImSchG auf die wesentliche Änderung abstellt, kann nicht jeder bauliche Eingriff den Begriff der Wesentlichkeit erfüllen, sondern er muß die Erheblichkeitsschwelle überschreiten (vgl. Alexander, a.a.O, NVwZ 1991,318/319). Insgesamt muß die Änderung also baulicher, folglich nicht nur betrieblicher Art sein, und sie muß als solche erheblich sein. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
1.1 Die Einführung des neuen Zugsystems Pendolino ist als solche rein betrieblicher Art und kommt daher nicht in Betracht.
1.2 Der Bau des Überholgleises in Rü. auf einer Länge von 750 m stellt allerdings eine wesentliche Änderung in Form eines erheblichen baulichen Eingriffs DAR. Davon geht auch die Beklagte aus, denn die damalige Deutsche Bundesbahn - Bundesbahndirektion Nürnberg - hat für den Bau ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt, das im Planfeststellungsbeschluß vom 11. September 1992 endete, den die Kläger beim Verwaltungsgericht Ansbach angefochten haben. In diesem Verfahren wird auch zu klären sein, ob den Klägern Lärmschutzmaßnahmen neben den unmittelbaren Anliegern - denen sie von der Deutschen Bahn AG zugestanden wurden - aufgrund dieses erheblichen baulichen Eingriffs zustehen. Diese Frage kann jedoch nicht zum Gegenstand dieses Verfahrens gemacht werden, weil dafür die rechtliche Würdigung des dortigen Planfeststellungsbeschlusses vorgreiflich ist, und die Rechtshängigkeit der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluß vor dem Verwaltungsgericht entgegensteht (§ 17 Abs. 1 Satz 2 GVG).
1.3 Für die übrigen durchgeführten Baumaßnahmen liegen die Voraussetzungen des § 41 BImSchG in Verbindung mit der 16. BImSchV nicht vor.
1.3.1 Der Schienenweg wurde nicht um ein Gleis durchgehend erweitert (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 16. BImSchV). Eine "durchgehende“ bauliche Erweiterung setzt voraus, daß das neue Gleis auf eine bestimme Länge gebaut wird, die für sich selbst verkehrswirksam ist. Es muß auf diesem Gleis ein zusätzlicher Verkehr abgewickelt werden. Nicht darunter fällt die Errichtung eines Überholgleises, das als nicht durchgehend bezeichnet werden kann; dieses dient nur für Überholvorgänge, nicht jedoch zur Abwicklung eines weiteren Verkehrs.
Ebenso, kann der Gleiswechselbetrieb nicht unter die bauliche Erweiterung um ein durchgehendes Gleis subsumiert werden. Die Installation des Gleiswechselbetriebes hat zwar die Funktion, die Ausnutzung der Strecke zu verbessern, indem bei Störungen oder Bauarbeiten die Benutzung des Gegengleises ermöglicht wird, und vereinzelt Überholvorgänge bewerkstelligt werden können; sie kann jedoch nicht mit dem Bau zusätzlicher Gleise verglichen werden, da sich durch den Gleiswechselbetrieb keine deutliche Erhöhung der Streckenkapazität erzielen läßt und insbesondere kein weiteres Gleis errichtet wird.
1.3.2 Die Kläger können sich auch nicht auf einen erheblichen baulichen Eingriff an dem zu verändernden Verkehrsweg berufen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 16. BImSchV). Der zu verändernde Verkehrsweg ist zunächst der Bereich, in dem ein erheblicher baulicher Eingriff durchgeführt wird. Dafür spricht der Wortlaut "des von dem zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms" in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 16. BImSchV und der Wille des Gesetzgebers, Lärmsanierungsansprüche auszuschließen. (vgl. Alexander, a.a.O., NVwZ. 1991,318; Schulze-Fielitz, Rechtsfragen der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV); UPR 1994,1). Baumaßnahmen, die zu einer Erhöhung des Verkehrslärms an anderer Stelle führen, sei es durch Verkehrsverlagerung, Erhöhung der Streckenkapazität oder Erhöhung der Geschwindigkeit, lösen bei Vorliegen der Voraussetzungen der 16. BImSchV nur im Bereich der Baumaßnahme, nicht aber an anderer Stelle - mit Ausnahme einer noch zu erörternden Fallgestaltung (siehe 1.4) - den Anspruch auf Lärmschutzmaßnahmen aus (vgl. Alexander a.a.O; OVG Münster v. 8.12.1994 NWVBl 1995, 217, wonach die von öffentlichen Schienenwegen ausgehenden Lärmimmissionen nicht Gegenstand des Immissionsschutzes sind, wenn sie lediglich auf den Betrieb oder einer wesentlichen Betriebsänderung beruhen; a.A. Jarass, Bundesimmissionsschutzgesetz, Kommentar, 3. Auflage § 41 Nr. 14, der auch Verkehrsgeräusche durch Verlagerung erfassen will). Eine derartige Ausweitung des Bereichs für Lärmschutzmaßnahmen würde einer Lärmsanierung gleichkommen, die nach §§ 41, 42 BImSchG nicht vorgesehen ist.
Das Anwesen der Kläger liegt im Bereich des Bahnhofs L. an der Strecke Nü.-He.. In diesem Bereich - wenn man den gesamten Bahnhofsbereich zu Gunsten der Kläger als Einheit ansehen will - fand kein erheblicher baulicher Eingriff statt. Dort wurde der Güterbahnhof abgekoppelt, die Weiche 610 ausgebaut, die Weichen 601 und 603 wurden um etwa 50 m bis 70 m in Richtung auf das klägerische Grundstück versetzt und es wurde im Kurvenbereich auf eine Länge von 200 m eine Überhöhung der Schwellen und Gleise um ca. 10 mm vorgenommen. Nach dem Willen des Verordnungsgebers sollen unerhebliche bauliche Maßnahmen, wie Erhaltungs- und Unterhaltsmaßnahmen sowie sonstige kleinere Maßnahmen, keinen Lärmschutz auslösen. Als solche kleineren baulichen Maßnahmen werden in der Begründung der Verordnung genannt: Das Versetzen von Signalanlagen, das Auswechseln von Schwellen, der Einbau von Weichen oder das Ändern der Fahrleitung (vgl. Bundesratsdrucksache 661/89 Seite 32). Wenn bereits der Einbau von Weichen keine erhebliche bauliche Maßnahme darstellt, gilt diese Beurteilung erst recht für den Ausbau und die Versetzung von Weichen. Die Überhöhung der Gleise in den Kurven um 10 mm ist vom Umfang her als geringfügige bauliche Maßnahme zur Betriebsverbesserung anzusehen. Sie dient einer Geschwindigkeits- und Komforterhöhung und trägt damit den aktuellen Sicherheits- und Verkehrsbedürfnissen Rechnung.
Auch aufgrund des Einbaus von 6 zusätzlichen Weichen im Bereich des Bahnhofs He. haben die Kläger keinen Anspruch auf Lärmschutz. Wie oben bereits dargestellt, ist der Einbau von Weichen kein erheblicher baulicher Eingriff. Ob dies auch bei diesem Umfang und den damit bewirkten zusätzlichen Überholmöglichkeiten gilt, kann dahinstehen, da von diesem weit entfernten Streckenteil keine Auswirkungen auf das Grundstück der Kläger ausgehen.
Kein erheblicher baulicher Eingriff war die Einführung des Gleiswechselbetriebes auf der Strecke Nü.-He., denn es wurden lediglich, wie von der Deutschen Bahn AG unwidersprochen vorgetragen, vorhandene Weichen verwendet und die dazugehörige Signaltechnik verändert. Der Gleiswechselbetrieb hat auch nicht, wie oben bereits dargestellt, die von den Klägern behauptete Funktion eines dritten Gleises.
Die Kläger können sich auch nicht auf die unterlassene Beseitigung eines in 2 km Entfernung zu ihrem Grundstück bestehenden Bahnübergangs berufen. Zum einen können sie sich nur auf tatsächlich durchgeführte bauliche Eingriffe beziehen, zum anderen sind höhengleiche Bahnübergänge erst ab einer zugelassenen Streckengeschwindigkeit von mehr als 160 km/h unzulässig (§ 11 Abs. 2 Eisenbahn Bau- und Betriebsordnung).
1.4 Der Senat hält es - ohne darüber abschließend entscheiden zu müssen - für denkbar, daß sich die Ausstrahlung erheblicher baulicher Eingriffe - im Sinne der Bewirkung von Lärmschutzansprüchen - ausnahmsweise über die jeweiligen Einwirkungsbereiche hinaus auf die gesamte Strecke (als verkehrswirksamen Abschnitt) erweitert, und zwar wenn durch ein Gesamtkonzept eine längere Strecke insgesamt verändert oder angepaßt werden soll, um die Streckenkapazität zu erhöhen, den Betrieb zu beschleunigen oder zu optimieren. Dann erweitert sich der in § 1 Abs. 2 Nr. 2 16. BImSchV bezeichnete "zu verändernde Verkehrsweg" über die einzelne Baumaßnahme hinaus auf einen größeren verkehrswirksamen Abschnitt. Als solcher kommt hier die Strecke Nü.-He. bis zur Abzweigung nach F.i.W. in Betracht, da sich dort die Strecke im Zugdichtenverhältnis 2:1 aufgabelt. In diesem Bereich ist der Bahnverkehr einheitlich zu betrachten, während nach der Aufgabelung die Strecken wegen der unterschiedlichen Zugdichte anders zu bewerten sind. Dieser damit beschriebene Verkehrsweg wäre für eine etwaige Gesamtbeurteilung maßgeblich, so daß der erhebliche bauliche (Gesamt-) Eingriff auf die so definierte Strecke bezogen sein muß. Von einer derartigen Gesamtbaumaßnahme könnte aber nur gesprochen werden, wenn die Einzelmaßnahmen so einheitlich konzipiert oder so dicht lokalisiert sind, daß der Eindruck entsteht, die Strecke werde einheitlich ausgebaut und es handele es sich nicht um einzelne isolierte Baumaßnahmen. Diesen Anforderungen entspricht der Ausbau der Strecke Nü.-He. nicht. Zunächst fehlt es an einem einheitlichen Ausbauwillen. Als einheitlicher Wille, der Baumaßnahmen an der Strecke erforderte, kann die Einführung des "Pendolino 1 und 2“ in den Jahren 1992 und 1993 gesehen werden. Während für den "Pendolino 1" in dem Streckenabschnitt Nü.-He. keine weiteren Maßnahmen notwendig waren, sondern nur in dem hier nicht interessierenden Abschnitt He.-Sch., waren für den "Pendolino 2" in dem hier zu betrachtenden Abschnitt der Bau eines zusätzlichen Überholgleises in Rü. sowie die Errichtung eines zuglangen Überholgleises im Bereich des Bahnhofes He. durch Einbau einer neuen Weichenstraße erforderlich. Damit war auf einer Streckenlänge von ca. 30 km der Bau von zwei Überholgleisen notwendig, die für einen flüssigeren Ablauf des Betriebs sorgen sollten. Insbesondere sollte dem schnelleren Pendolino eine Überholmöglichkeit geschaffen werden. Dies kann aber nicht als einheitlicher Streckenausbau auf einer Länge von ca. 30 km gesehen werden. Vielmehr handelt es sich um Einzelbaumaßnahmen, die auch - wie oben geschehen - einzeln bewertet werden müssen. Selbst wenn man das einheitliche Konzept außer Acht ließe und alle Maßnahmen an der Strecke in einer bestimmten Zeitspanne als Einheit betrachtete - um eine sogenannte "Salamitaktik" auszuschließen - reichte die Dichte nicht aus, um zu einer Streckengesamtschau zu kommen. Neben der Errichtung der faktisch zwei neuen Überholgleise wurden der Gleiswechselbetrieb eingeführt und die beschriebenen Arbeiten im Bahnhof L. durchgeführt. Diese Arbeiten waren örtlich begrenzt und lagen so weit auseinander, daß sie nicht als gesamter Streckenausbau angesehen werden können. Außerdem wurde nicht die Streckenkapazität wesentlich erhöht, sondern es wurden nur Überholmöglichkeiten für den schnelleren Pendolino geschaffen.
Nach alledem stehen den Klägern keine öffentlich-rechtlichen Ansprüche auf Lärmschutz zu, d.h. solche, die ihre Grundlage in §§ 41, 42 BImSchG und der 16. BImSchV haben.
III.
Die Berufung hinsichtlich der Lärmsanierungsansprüche (Hilfsanträge zwei und drei) ist teilweise begründet. Die Beklagte zu 2 ist verpflichtet, den Klägern die Kosten für Schallschutzmaßnahmen an den Fenstern der Schlafräume im ersten Obergeschoß, die nach Süden ausgerichtet sind, nach der VDI-Richtlinie 2719 Tabelle 6 mittlere Spalte unter Zugrundelegung von Anhaltswerten von 30 dB(A) für Schlafräume nachts zu erstatten, wenn und soweit ein erhöhter Schallschutz dadurch notwendig ist, daß der Dauerschallpegel des Bahnlärms vor den Fenstern (nach Abzug des Schienenbonus von 5 dB(A)) 62 dB(A) überschreitet. Im übrigen sind die Klage und die Berufung unbegründet.
Rechtsgrundlage für die von den Klägern geltend gemachten Lärmsanierungsansprüche ist § 906 BGB. Der in § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB geregelte nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch ist an die Voraussetzung geknüpft, daß die dort erfaßten Auswirkungen auf das Nachbargrundstück die Folge einer privatrechtlichen Tätigkeit sind. Die Kläger haben den Lärm von der Bahnlinie Nü.-He. in der Nacht nicht uneingeschränkt hinzunehmen, da in der Nachtzeit die Zumutbarkeitsschwelle im Sinne dieser Vorschrift überschritten wird. Diese Beeinträchtigungen können jedoch nicht durch Maßnahmen verhindert werden, die der Beklagten zu 2 wirtschaftlich zumutbar sind (§ 906 Abs. 2 Satz 1 BGB), so daß der erwähnte Ausgleichsanspruch entsteht. Während der Tagzeit ist die Zumutbarkeitsschwelle nicht überschritten, so daß insoweit die Klage abzuweisen ist.
1. Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Verkehrslärm-Immissionen kann es keinen Unterschied machen, ob die Auswirkungen auf das Nachbargrundstück die Folgen einer öffentlich-rechtlichen (wie vor der Änderung des Eisenbahnverfassungsrechts) oder nunmehr einer privatrechtlichen Tätigkeit sind (BGH v. 26.11.1980, NJW 1981,1369).
Bei der im Rahmen des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB gebotenen Abwägung der beiderseitigen Interessen zwischen dem Störer und dem Grundstückseigentümer kann somit auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Straßenverkehrslärm und zum Fluglärm zurückgegriffen werden. Dieser stellt zur Ermittlung der Grenzwerte für die eigentumsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle unter Heranziehung nicht normativer Regelwerke in erster Linie auf Mittelungspegel ab. Die Bewertung darf nicht schematisch von der Erreichung bestimmter Immissionswerte abhängig gemacht werden; dabei ist nicht nur auf das Ausmaß, sondern auch auf die Art des Lärms abzuheben. Bei der Beurteilung können Gebietscharakter und Lärmvorbelastung eine wesentliche Rolle spielen (vgl. BGHZ 122,76; BGH Vom 16.3.1995, NJW 1995,1823). Nach ständiger Rechtsprechung geht einerseits der Bundesgerichtshof davon aus, daß in allgemeinen Wohngebieten bei Mittelungspegeln von 70 bis 75 dB(A) .tags und von 60 bis 65 dB(A) nachts die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle - die planungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle liegt erheblich niedriger - überschritten ist (vgl. BGH v. 16.3.1995 a.a.O.; v. 10.11.1987, NJW 1988,900, BGHZ 97,361,366; BGHZ 97,114;Boujong, Entschädigung für Verkehrslärmimmissionen, UPR 1987,207 ff.), und betont andererseits das Bundesverwaltungsgericht, daß sich eine Belastungsgrenze insoweit nicht festlegen läßt und insbesondere Voraussetzungen, unter welchen aus dem Vorhandensein einer Immissionsbelastung die Unzumutbarkeit des dauerhaften Bewohnens einer Wohnung folgt, die Lärmimmissionen also als "schwer und unerträglich" im eigentumsrechtlichen Sinne anzusehen sind, sich nicht generell bestimmen lassen (BVerwG v. 11.5.1994, Buchholz. 454.51 Nr. 19; v. 23.8.1991, Buchholz 554.51 Nr. 17 S. 13; v. 18.12..1990, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 50; v. 25.6.1982 Buchholz 454.51 Nr. 7 S. 5).
Sind somit feste Immissionsgrenzwerte, die die eigentumsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle beschreiben, normativ nicht vorgegeben, so vermögen Regelwerke wie die DIN 18005 oder die VDI 2058 zumindest Orientierungen oder Richtwerte an die Hand zu geben (vgl. BVerwG v. 18.12.1990, a.a.O.), wie auch § 1 Abs. 2 Satz 2 16. BImSchV indirekt Anhaltspunkte für eine eigentumsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle enthält. Ebenso vermitteln ständig eingesetzte verwaltungsinterne Regelungen Hinweise. Danach liegt keine Gefährdung, erhebliche Benachteiligung oder Belästigung der Nachbarschaft vor, wenn in einem allgemeinen Wohngebiet nachts Immissionsrichtwerte von 40 bis 45 dB(A) nicht überschritten werden (VDI 2058 Blatt 1, Nr. 3.3.1 und S. 2, Beiblatt 1 zu DIN 18005 Teil 1). Ein bloßes Überschreiten dieser Grenzwerte zwingt jedoch nicht zur Annahme, daß damit die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse nicht mehr gewährleistet wären (BVerwG v. 18.12.1990, Buchholz 406.11 § 34 Nr. 138). Andererseits bestimmt § 1 Abs. 2 Satz 2 16. BImSchV, daß bei einem Beurteilungspegel von 70 dB(A) tags/60 dB(A) nachts jegliche Pegelerhöhung einen Lärmschutzanspruch auslöst; dies deshalb, weil mit derartigen Lärmbelastungen die enteignungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle erreicht bzw. überschritten sein kann. Das heißt, bei derartigen Lärmbelastungen führt eine Pegelerhöhung infolge eines erheblichen baulichen Eingriffs zu einem Anspruch auf Lärmschutz mit den Immissionsgrenzen des § 2 Abs. 1 16. BImSchV. Die Richtlinie für Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes vom, 6. Juli 1983 in der Fassung vom 15. Januar 1986 (VkB1 1986,101) bestimmt die Grenzwerte für die Lärmsanierung in allgemeinen Wohngebieten auf 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts bzw. 72 dB(A) tags und 62 dB(A) nachts in Mischgebieten. Diese Grenzwerte haben sich verwaltungsintern zwischenzeitlich als eine Art allgemeiner Standard zur Bestimmung der enteignungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze etabliert, bei deren Überschreitung Lärmsanierungsansprüche einsetzen. Zwar hat der Bundesminister für Verkehr die Verkehrslärmschutzrichtlinien 1983/86 wegen des Inkrafttretens der 16. BImSchV mit Schreiben vom 17. September 1991 aufgehoben. Doch hat er in der Anlage hierzu "Hinweise zum Lärmschutz an bestehenden Bundesfernstraßen (Lärmsanierung)" gegeben, die für die Lärmsanierungen in allgemeinen Wohngebieten von Immissionsgrenzwerten von 70 dB(A) tags/60 dB(A) nachts und in Kern- und Mischgebieten von 72 dB(A) tags und 62 dB(A) nachts ausgehen. Ebenso enthalten wiederum die Informationen des Bundesministers für Verkehr zum Thema “Lärmsanierung an Schienenwegen" (im Auftrag des Ausschusses für Verkehr des Deutschen Bundestages) vom 19. Dezember 1991 eben dieselben Grenzwerte. Auch der Beschluß der Verkehrsministerkonferenz vom 18./19. Mai 1995 fordert Lärmschutzmaßnahmen an bestehenden Schienenwegen entsprechend den für Straßen geltenden Grenzwerten.
Diesen nicht normierten Grenzwertbestimmungen für eine eigentumsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle liegt auch die Überlegung zugrunde, daß bei Außenpegeln von 60 dB(A) nachts, denen Innenpegel bei Normalfenster gekippt von 45 und bei Normalfenster geschlossen 36 dB(A) korrespondieren, die theoretische Aufweckgrenze einsetzt und langfristig nicht auszuschließende Gesundheitsgefährdungen auftreten können (Janssen in Koch, Schutz vor S. 18 Bild 7; zum Risikofaktor Lärm vgl. auch Isen Bundesgesundheitsblatt 1994,445). Da bei einer (gemittelten) Lärmbelastung von 60 dB(A) nachts die bloße Belästigung durch Lärm in eine Gefährdung des Gesundheit umzuschlagen vermag (BGH v. 1.10.1981, BauR 1982,354/358 unter Verweisung auf Wiethaup; Lärmbekämpfung), kann folglich auf den jeweiligen Einzelfall bezogen die Vermutung nicht von der Hand gewiesen werden, daß die Wohnqualität in einem derart betroffenen Haus ein Mindestmaß unterschritten hat, und daß ein weiteres Verbleiben dort unzumutbar werden kann. Die Grenze der Sozialbindung des Eigentums im Hinblick auf Beeinträchtigungen durch Verkehrslärm ist somit jedenfalls dann überschritten, wenn die zulässige Grundstücksnutzung ohne potentielle Gesundheitsgefahren für Bewohner nicht mehr aufrecht erhalten werden kann (Ramsauer in Koch, Schutz vor Lärm, a.a.O., S. 120 f.). Hierbei können - wie auch in den vorgenannten verwaltungsinternen Richtlinien - Lärmbeeinträchtigungen von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts in einem reinen oder allgemeinen Wohngebiet als äußerste Grenze angesehen werden, die in Misch- oder Kerngebieten sich auf 72 dB(A) tags/62 dB(A) nachts und in den Gewerbegebieten auf 75 dB(A) tags/65 dB(A) nachts zu steigern vermag. Damit wäre auch die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorgegebene Schwankungsbreite ausgefüllt. Die genannten Grenzwerte können jedoch hur eine Orientierungshilfe bieten, sie entbinden jedoch nicht von einer Prüfung der Verhältnisse im Einzelfall.
Bei den Klägern wurden Mittelungspegel von 63 dB(A) tags und 64 dB(A) nachts entsprechend dem Berechnungsverfahren gemäß der Anlage 2 der 16. BImSchV errechnet. Diese Pegelwerte sind hinsichtlich ihrer eigentumsrechtlichen Zumutbarkeit zu überprüfen, wobei offensichtlich lediglich wegen der Nachtwerte die Zumutbarkeitsgrenze überschritten sein kann. Die gegen diese errechneten Werte vorgebrachten Einwände der Kläger gehen fehl. Auch bei einer bestehenden Strecke sind die Lärmgrenzwerte zu berechnen und nicht zu messen (vgl. BVerwG v. 31.8.1995, DVB1 1996,50). § 3 16. BImSchV schreibt ausdrücklich vor, daß der Beurteilungspegel für Schienenwege nach der Anlage 2 zu berechnen ist. Dies gilt auch - wie aus der amtlichen Begründung zu entnehmen ist - für bereits fertiggestellte Strecken. Damit sollte nicht nur die fehlende Möglichkeit, Messungen vorzunehmen, Voraussetzung für die Berechnung sein. Zwar gilt das Berechnungsverfahren in diesem Rechtsstreit nichtunmittelbar, da die Voraussetzungen der 16. BImSchV nicht vorliegen. Doch ist nicht ersichtlich, was dafür sprechen könnte, für die Ermittlung eventuell die eigentumsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze überschreitender Lärmbelastungen von einem sonst eingeführten Rechenverfahren abzusehen, zumal etwa auch die oben genannten Verkehrslärmschutzrichtlinien von nach der RLS 81 bzw. RLS 90 berechneten Mittelungspegeln ausgehen. Die besonderen topographischen Verhältnisse wurden bei der Berechnung der Lärmimmissionen mit einbezogen. Dem Einwand, das Berechnungsverfahren berücksichtige nicht nichtelektrifizierte Strecken, ist der Gutachter in der mündlichen Verhandlung dahingehend entgegengetreten, daß dieser Umstand lediglich Unterschiede im Kommabereich ausmache. Den Bahnhofsbereich berücksichtigt das in der Anlage 2 zur 16. BImSchV vorgesehene Berechnungsverfahren. Dieses verweist auf die Richtlinie zur Berechnung der Schallimmissionen von Schienenwegen, Schall 03, die in einer Anmerkung auf S. 26 ausführt, daß Messungen ergeben hätten, daß bei kleineren Bahnhöfen, in denen die meisten Züge durchfahren, ein geringfügig zu hoher, in großen Bahnhöfen, in denen die meisten Züge halten, ein bis zu 5 dB(A) höherer Immissionspegel berechnet wird. In den dort gemessenen Mittelungspegeln sind bahnhofsspezifische Geräusche, wie Türenschlagen, Karrenfahrten, Lautsprecheransagen, Anfahrgeräusche von Dieselloks, Bremsgeräusche, ferner bahnhofsspezifische Abschirmungen wie Bahnsteigkanten und Bahnsteigdächer bereits enthalten. Soweit der Gutachter in der mündlichen Verhandlung auf eine Bahnhofstudie von M. BBM verweist, wonach ein Zuschlag von 1 dB(A) nachts bei kleinen Bahnhöfen gemacht werden müsse, steht dieser im Gegensatz zu den in der Anmerkung auf S. 26 gemachten Aussagen. Durch die Anlage 2 hat der Verordnungsgeber jedoch das Berechnungsverfahren vorgegeben. Die durch die normative Festlegung bewirkte Verbindlichkeit könnte nur durch neue, den jetzigen Kenntnisstand gesichert widerlegende Forschungsergebnisse erschüttert werden. Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Auch wenn in diesem Fall keine direkte Anwendung der 16. BImSchV stattfindet, sondern im Rahmen der Ermittlung der enteignungs-rechtlichen Zumutbarkeitsschwelle darauf zurückgegriffen wird, kann davon bei einer analogen Anwendung des Berechnungsverfahrens nicht abgewichen werden, um die Einheitlichkeit der Rechenergebnisse zu gewährleisten.
Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung keine Bedenken hinsichtlich der Anwendung des Schienenbonus (vgl. Urteil v. 21.2.1995 Az 20 A 93.40080 u.a. S. 72 u.a.). Dies hat zur Folge, daß sich nach Abzug des Schienenbonus von 5 dB(A) Nachtwerte von 64 dB(A) errechnen.
Dieser Ansatz eines - auf subjektiv unterschiedliche Wahrnehmung verschiedenartigen Lärms abstellenden - Schienenbonus ist nicht in Frage zu stellen (vgl. die Interdisziplinäre Feldstudie 2 über die Besonderheiten des Schienenverkehrslärms gegenüber dem Straßenverkehrslärm, Hauptbericht S. 222). Zwar mag an seiner Berechtigung gezweifelt werden, wenn Schallimmissionen von einer überwiegend mit klotzgebremsten Güterzügen befahrenen Strecke errechnet werden sollen. Andererseits handelt es sich aber um einen Mittelwert, der sich aus einem Minus von 4 dB(A) hinsichtlich der Kommunikationsstörungen und einem Bonus von 14 dB(A) hinsichtlich nächtlicher Schlafstörungen ergibt. Auch hier gilt der Grundsatz, daß die durch die normative Festlegung des Schienenbonus in der Verkehrslärmschutzverordnung bewirkte Verbindlichkeit - die wie gesagt, auch in der entsprechenden Anwendung zu berücksichtigen ist - nur durch neue, den jetzigen Kenntnisstand gesichert widerlegende Forschungsergebnisse erschüttert werden könnte, die vorerst aber nicht ersichtlich sind (vgl. zum Schienenbonus auch BVerwG vom 27.12.1993, UPR 1994,262; BayVGH vom 18.3.1987, Az. 20 B 86.1978 S. 14/15 u.a.). Nicht geht es jedoch an, den Schienenbonus insoweit doppelt zum Ansatz zubringen, als man ihn einmal bereits in den Rechenvorgang zur Bestimmung des Mittelungspegels mit aufnimmt und außerdem die eigentumsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle wegen des Schienenbonus von 70 dB(A) tags und .60 dB(A) nachts auf 75 dB(A) tags/ 65 dB(A) nachts erhöht.
Liegen die errechneten Immissionswerte am Anwesen der Kläger tagsüber mit 63 dB(A) weit unterhalb der frühestens mit 70 dB(A) einsetzenden eigentumsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze, so wird diese bei errechneten 64 dB(A) nachts überschritten. Der Senat erachtet die eigentumsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle im Bahnhof von L. in Höhe des klägerischen Grundstücks als bei 62 dB(A) liegend. Das Wohnhaus der Kläger befindet sich nicht innerhalb eines allgemeinen Wohngebiets. Die dem Senat vorliegenden Lagepläne verdeutlichen, daß das umgebende Gebiet durch das nebenan liegende Rathaus und durch ein gewerblich genutztes Grundstück mit Gaststätte und Getränkemarkt mitgeprägt wird. Diese das Wohnen nicht wesentlich störenden, jedoch starken Ziel- und Quellverkehr anziehenden Einrichtungen lassen das Baugebiet unmittelbar östlich der Bahnlinie § 6 BauNVO (Mischgebiet) unterfallen. Auf die Frage, ob der Personenverkehrsbetrieb des Bahnhofs zur Prägung dieses nördlich gelegenen Baugebiets beiträgt oder ob dieses durch die isoliert betrachtete Bahnlinie riegelartig vom südlich gelegenen Altstadtgebiet abgegrenzt wird, bedarf es daher keines weiteren Eingehens.
Den Klägern ist bei einem Überschreiten des Nachtwerts von 62 dB(A) ein dauerhaftes Nutzen der zur Bahn hin gelegenen Räume als Schlafzimmer nicht mehr zumutbar. So haben auch die Kläger ihren zur Bahn gelegenen Schlafraum schon vor Jahren in abgewandte Räume des Erdgeschosses verlegt und auch ein Kind ist nunmehr in ein Dachgeschoßzimmer der abgewandten Hausseite umgezogen.
Gründe, die für ein weiteres Anheben dieser eigentumsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle bei Nacht sprechen könnten, sind bei Würdigung der Verhältnisse dieses Einzelfalls nicht auszumachen. Das Anwesen der Kläger ist im Jahre 1910 vermutlich nicht in eine die heutigen enteignungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenzen überschreitende Lärmbelastung hineingebaut worden (vgl. hierzu BGH v. 16.3.1995, a.a.0 und Bayer VGH v. 29.9.1995, 20 B.94.1188, S. 16/17 U.A.). Damals war erst kurz zuvor das zweite Gleis auf der Strecke Nü.-He. fertiggestellt worden. Die damalige Verkehrsbelastung war mit der heutigen nicht vergleichbar. Insbesondere war Anfang dieses Jahrhunderts, nachdem das Eisenbahnzeitalter erst einige Jahrzehnte zuvor begonnen hatte, die heutige Verkehrsentwicklung nicht im Ansatz voraussehbar, mit all den sich daraus für die Bewohner von benachbarten Wohnhäusern ergebenden Belastungen. Die auf die Grundstücke der Kläger einwirkenden Lärmimmissionen sind aber nicht unter dem Gesichtspunkt der über Jahrzehnte hinweg gewachsenen Situationsbelastung eigentumsrechtlich gerechtfertigt und lägen damit innerhalb des Zumutbaren (vgl. BVerwGE 50,49,55 ff.). Denn derartige Erwägungen zur eigentumsrechtlichen Erheblichkeit greifen in erster Linie dann Platz, wenn zu vorhandenen Lärmemittenten ein weiter Emittent tritt, dessen Betrieb genehmigt oder planfestgestellt werden soll (Koch, Schutz vor Lärm, a.a.O. S. 51 ff.). Nicht rechtserheblich gemacht werden kann aber der Gedanke der Vorbelastung, wenn Lärmschutz gegen eine seit langem vorbelastende Anlage erreicht werden soll. Letztlich können Lärmvorbelastungen auch nur insoweit sich schutzmindernd auswirken, als sie nicht schon selbst unzumutbar sind. Überschreitet eine Vorbelastung die Grenze, oberhalb derer das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit verletzt ist oder das Recht auf Nutzung von Eigentum nur gegen Entschädigung eingeschränkt werden darf, so daß ein Anspruch auf Lärmsanierung bestehen kann (BVerwGE 71,150/155), so sind Vorbelastungen insoweit ohne Bedeutung (BVerwG v. 18.12.1990, a.a.O.).
2. Im Ergebnis können die Kläger deshalb Schutz gegen den nächtlichen Eisenbahnlärm verlangen. Tagschutz scheidet dagegen aus und dementsprechend ebenfalls eine Entschädigung wegen Beeinträchtigung der Außenwohnbereiche, da sie im Regelfall lediglich während der Tageszeit benutzt werden. Dasselbe gilt auch für die Entschädigung wegen Beeinträchtigung des Innenwohnbereichs.
2.1 Die Kläger können jedoch nicht verlangen, daß ihnen aktiver Lärmschutz durch Maßnahmen an der Strecke gewährt wird, da solche der Beklagten zu 2 wirtschaftlich nicht zumutbar wären (§ 906 Abs. 2 Satz 1 BGB). Betriebseinschränkungen, die in diesem Zusammenhang in Betracht kommen könnten, scheiden aus, da sie zu einer Beeinträchtigung der Funktion des Verkehrsweges führen würden. Bauliche Vorkehrungen (Lärmschutzwall oder Lärmschutzwand) hätten zum einen lärmphysikalisch keine oder nur eine sehr eingeschränkte Funktion, da das Wohngebäude der Kläger wesentlich höher als die Eisenbahnstrecke liegt und daher ein etwaiger Lärmschutz nur ab einer bestimmten größeren Höhe Wirkung entfalten könnte. Ein derartiger, aus diesen Gründen im übrigen verteuerter Lärmschutz wäre außerdem unverhältnismäßig, wenn man ihn mit den Aufwendungen für passiven Lärmschutz vergleicht, wie sie sich aus den folgenden Ausführungen (2.3) ergeben und die offenkundig erheblich geringer sind.
2.2 Die Kläger können infolgedessen Geldausgleich für noch nicht vorhandenen und künftig vorzunehmenden Lärmschutz an ihren Schlafräumen verlangen (§ 906 Abs. 2 Satz 2 BGB). Schutzgegenstand sind die Fenster der Schlafräume im ersten Obergeschoß, die nach Süden, zur Eisenbahnstrecke hin, ausgerichtet sind. Davon umfaßt sind die Fenster im - wie von den Klägern im vorgelegten Lageplan bezeichnet - "Schlafraum Stefanie" und im "ursprünglichen Elternschlafraum" ausschließlich des nach Osten gerichteten Fensters. Für das nach Osten gerichtete seitliche Schlafzimmerfenster besteht dagegen kein Kostenerstattungsanspruch, da dort infolge eines Abschlags von 3 dB(A) (Aussage des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 27.2.1996) die Zumutbarkeitsgrenze von 62 dB(A) nicht überschritten wird. Ein Entschädigungsanspruch entfällt auch für den "Schlafraum Michael", da dieser nur nach Osten gerichtete seitliche Fenster hat. Denkmalschützerische Gesichtspunkte mögen zwar den Aufwand für Lärmschutzfenster erhöhen, stehen aber einem Einbau nicht entgegen (vgl. Schreiben Bayer. Landesamt für Denkmalpflege v. 26.10.1993).
Für den Umfang des anzustrebenden Schallschutzes ist die VDI-Richtlinie 2719 Tabelle 6 mittlere Spalte unter Zugrundelegung von Anhaltswerten von 30 dB(A) für Schlafräume nachts heranzuziehen. Der Normgeber ist bisher seiner Verpflichtung aus § 43 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG zum Erlaß einer Rechtsverordnung über Art und Umfang der zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche notwendigen Schallschutzmaßnahmen an baulichen Anlagen nicht nachgekommen. Die bezüglich des zumutbaren Innenschallpegels somit gebotene Einzelfallbetrachtung (BVerwGE 84, 31/3) hat sich - unter zusätzlicher Beachtung der Umstände des Einzelfalles - anzulehnen an die technischen Regelwerke VDI-Richtlinie 2719, Akustik 23 und den Entwurf der Verkehrslärmschutzmaßnahmenverordnung, wobei sich die Deutsche Bahn AG mit der Akustik 23 auf keine die Gerichte bindende Richtlinie berufen kann (vgl. Berkemann in Koch, Schutz vor Lärm, S. 84). Der Senat ist in seiner Entscheidung vom 21. Februar 1995 (a.a.O. UA S.81) zu dem Ergebnis gelangt, daß ein Schallschutz nach der VDI-Richtlinie 2719 zu gewähren ist. Dies folgt daraus, daß sowohl das Fehlen einer normativen Festlegung wie auch ein gewisser Mangel an gesicherten Erkenntnissen über die Auswirkungen der Frequenzänderungen bei Lärm die Frage aufwirft, zu wessen Lasten vorhandene oder nur schwer ausräumbare empirische Unsicherheiten zu gehen haben. Da es sich um eine Eingriffslage handelt, muß das Risiko der fehlerhaften Einschätzung einer Beeinträchtigung letztlich zu Lasten des Eingreifenden gehen (vgl. Berkemann a.a.O., S. 75). Das heißt, die Betroffenen müssen sich hinsichtlich der Berechnungen zum Schalldämmaß nicht auf deutlich ungünstigere Verfahren verweisen lassen, die zum Großteil Gesichtspunkte der Finanzierbarkeit berücksichtigen, wenn andere - zumindest mit gleichem Sachverstand erstellte - Regelungen zu günstigeren Ergebnissen führen.
2.3 Der demnach gebotene Schallschutz ist von der Beklagten zu 2) jedoch nur teilweise zu finanzieren. Es stellt sich nämlich die Frage, ob in derartigen Fällen der Vorhabensträger für den noch nötigen Schallschutz insgesamt aufkommen muß oder nur insoweit, als die Lärmbelastung die (enteignungsrechtliche) Zumutbarkeitsschwelle überschreitet und dieses überschreiten zu einem höheren Schutzaufwand führt. Das Zweite ist nach Auffassung des Senats zutreffend. Die Beklagte zu 2 hat den Klägern daher nur dann einen Geldausgleich zu leisten, wenn und insoweit höherer Schallschutz, insbesondere eine höhere Schallschutzklasse der Fenster, dadurch erforderlich wird, daß der Dauerschallpegel des Bahnlärms vor den Fenstern der Schlafräume (nach Abzug des Schienenbonus von 5 dB(A)) 62 dB(A) überschreitet; sie haftet also nur auf den etwa sich ergebenden Unterschiedsbetrag gegenüber einem Schallschutz, der bei Erreichen des Grenzwerts nötig wäre.
Zwar ist es in den Fällen des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB grundsätzlich die Sache des Vorhabensträgers, die betroffene Sache in einen Zustand zu versetzen, der den fortdauernden Eingriff im Rahmen der Möglichkeiten von ihr abwehrt. Der Bundesgerichtshof kommt in seiner Rechtsprechung zum Straßenverkehrslärm (vgl. BGHZ 64,220,229 ff., Boujong, a.a.O.) möglicherweise zu dem Schluß, daß der Vorhabensträger die Kosten voll zu übernehmen habe, weil bei Verkehrsimmissionen das sowohl im öffentlichen als auch im Interesse des Betroffenen selbst angestrebte Ziel im Vordergrund steht, die betroffene Sache in den genannten Zustand zu versetzen und daß dem schutzwürdigen Interesse des Eigentümers an der Erhaltung seines Eigentums durch eine Entschädigung in Geld, die ihn in die Lage versetzt, die notwendigen Lärmschutzanlagen anzubringen, in einer mit Art. 14 Abs. 3 Satz 3 GG zu vereinbarenden Weise Rechnung getragen werde. Für die hier befürwortete Lastenverteilung zwischen dem Vorhabensträger und den Betroffenen sprechen jedoch folgende Gesichtspunkte:
Einmal geht es um den inneren Zusammenhang zwischen der Entschädigung und dem zu entschädigenden Eingriff. Die Entschädigung soll nicht jeglichen Eingriff, sondern nur einen unzumutbaren Eingriff ausgleichen, d.h., den Eingriff, insofern er die Zumutbarkeitsgrenze überschreitet. Grundsätzlich geht der Entschädigungsanspruch dahin, daß ein Ausgleich für die Beeinträchtigungen geschaffen werden muß, die der Betroffene durch das Überschreiten der Zumutbarkeitsgrenze erleidet (vgl. Palandt-Bassenge Bürgerliches Gesetzbuch, 55. Auflage § 906 Rdnr. 33; BGH NJW-RR 1988,1291 ständige Rechtsprechung). Dieser Grundsatz hat auch in der sog. Parallelverschiebungstheorie seinen Niederschlag gefunden (vgl. BGHZ 80, 360, 363 ff.), wonach der Eigentimer keine Entschädigung für Nachteile erhält, die ihn auch getroffen hätten, wenn die öffentliche Straße aufgrund ordnungsgemäßer Planung in zumutbarem Abstand geplant worden wäre.
Dieser Grundsatz läßt sich weiterhin mit der Schadenminderungspflicht des Betroffenen (§ 254 Abs. 2 BGB) in Zusammenhang bringen. Unterhalb der (enteignungsrechtlichen) Zumutbarkeitsgrenze ist es ohnehin Sache des Betroffenen, den in gewisser Weise auch dann nötigen - die planungsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze ist bei weitem überschritten - Lärmschutz selbst zu beschaffen und zu bezahlen. Es wäre der Beklagten zu 2 gegenüber unbillig, könnten sich die Kläger darauf berufen, daß sie dieser in ihrem eigenen Interesse bestehenden Obliegenheit nicht nachgekommen sind. Eine entsprechende Unbilligkeit würde auch im Verhältnis zu anderen Betroffenen bestehen, die ansatzweise, wenn auch nicht voll ausreichend, Lärmschutz. selbst finanziert haben und nur mehr eine geringe zusätzliche Entschädigung erhalten; während Betroffene, die bisher nichts für den Lärmschutz ausgegeben haben, voll entschädigt würden.
Weiter kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß zwischen der lärmemittierenden Eisenbahnstrecke und dem Wohngrundstück eine fast hundertjährige Nachbarschaft besteht und zudem die Eisenbahnstrecke vor dem Wohngebäude bestanden hat. Bei überschreiten der eigentumsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle kann daraus zwar nicht, wie ausgeführt, auf den Wegfall jeglichen Lärmschutzes geschlossen werden. Dennoch muß angenommen werden, daß dieses lange Nebeneinander ein nachbarliches Gemeinschaftsverhältnis mit der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme begründet hat und daß sich daraus die Pflicht beider Beteiligter und nicht nur eines Beteiligten ergibt, an der Bereinigung der entstandenen Umweltsituation mitzuwirken. Diese Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme hat im übrigen auch in der Rechtsprechung zur sogenannten "Mittelwertbildung" für Bereiche, in denen Gebiete von unterschiedlicher Qualität und Schutzwürdigkeit zusammentreffen, ihren Niederschlag gefunden (vgl. BVerwGE 50,49/55; v. 29.10.1984, BayVB1 1985,214). Auch hieraus folgt, daß die finanziellen Lasten des passiven Lärmschutzes von den Klägern und der Beklagten zu 2 gemeinsam zu tragen sind.
IV.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Beklagten zu 1 folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die durch Antragstellung ein eigenes Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) und daher billigerweise Kostenerstattung verlangen kann, aus § 162 Abs. 2 VwGO. Die Kostenentscheidung im Verfahren gegen die Beklagte zu 2 folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO
Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Zulassung der Revision: § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (grundsätzliche Rechtsfragen: Auslegung der 16. BImSchV; rechtliche Grundlage und Umfang von Lärmsanierungsansprüchen).
Gericht | VGH München |
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Datum | 05.03.1996 |
Normen | § 2 BImSchG, § 41 BImSchG, § 42 BImSchG, § 43 BImSchG, 16. BImSchV, § 254 BGB, § 906 BGB, § 3 BEVVG |
Stichworte | Pendolino, Lärmschutzanspruch aus Bau oder wesentlicher Änderung einer Eisenbahnstrecke, “durchgehende" bauliche Erweiterung, Gleiswechselbetrieb, Eisenbahnaufsicht, Lärmsanierungsanspruch, eigentumsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle, Schadensminderungspfli |
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