Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der für erstattungsfähig erklärten außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe:
Tatbestand
Die Klägerin begehrt ein aufsichtsbehördliches Einschreiten der Beklagten gegenüber der Beigeladenen, damit diese die Sperrung einer Eisenbahnbrücke rückgängig macht.
Die sanierungsbedürftige Eisenbahnbrücke befindet sich auf der ab 1896 gebauten Eisenbahnstrecke E-R-M (nunmehr: C-M) bei Bahn-km 84,000 östlich der Gemeinde B im Bereich des Ortsteils H. Ein Planfeststellungsbeschluss oder sonstige schriftliche Genehmigungsunterlagen hinsichtlich der Eisenbahnstrecke sind nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten nicht auffindbar. Nach verschiedenen Unterlagen aus dem Staatsarchiv (Bekanntmachung vom 5. November 1900; Verhandlungsprotokoll vom 15. Januar 1907 und Abnahmeprotokoll der Brücke vom 28. April 1908) gab es damals ein öffentliches Verfahren zur Errichtung der Eisenbahnstrecke und der betreffenden Brücke. Die Brücke wurde von der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen errichtet und in der Folgezeit von der Rechtsvorgängerin und der Beigeladenen unterhalten. Auch wenn die einzelnen Änderungen der Brücke nicht mehr nachvollzogen werden können, ist nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten davon auszugehen, dass das Grundgerüst noch aus der damaligen Zeit stammt und die Tragfähigkeit der (instandgesetzten) Brücke auf Fahrzeuge bis zu acht Tonnen ausgelegt war.
Ein Wirtschaftsweg, für den keine Widmung existiert und der zwar nicht zur Zeit der Errichtung der Brücke, aber auf jeden Fall heute im Eigentum der Klägerin steht (insbesondere die nördlich bzw. südlich der Eisenbahnbrücke gelegenen Wegeparzellen Gemarkung B-K, Flur 12, Flurstück 70 bzw. Flur 15, Flurstück 77), wird durch die Brücke über die Eisenbahnstrecke verbunden. Nördlich der Brücke grenzen an den Wirtschaftsweg, welcher zur Landesstraße ___ führt, einige landwirtschaftliche Betriebe an. Zur Zeit der Errichtung der Brücke befand sich in diesem Bereich der heutigen Adresse "B Nr. 32" eine Ziegelei, welche im Schreiben der Reichsbahndirektion Münster vom 18. Juni 1923 als „Hauptbenutzerin des Weges" bezeichnet wird; die Ziegelei ist seit langer Zeit aufgegeben. In südlicher Richtung erreicht man auf dem Weg über die Eisenbahnbrücke die Landesstraße ___ in Richtung H.
Nachdem 1994 eine Änderung des Eisenbahnkreuzungsgesetzes in Kraft getreten war, vertrat die Beigeladene zunächst gegenüber der Klägerin die Rechtsauffassung, dass die Unterhaltungslast auf die Klägerin übergegangen sei. Die Beigeladene teilte mit Schreiben vom 1. September 1997 unter der Überschrift „Übernahme der Straßenbrücken durch die Kommunen" der Klägerin allerdings mit, dass die vier im Gemeindegebiet bestehenden Straßenüberführungen bzw. Straßenbrücken „nicht unter die Regelungen des EKrG fallen" und die Unterhaltungspflicht somit bei der D AG verbleibe. Nachdem im Jahr 2013 bei einer Brückenprüfung „kurzfristig zu behebende Schäden" festgestellt wurden, verhandelten die Klägerin und die Beigeladene in der Folgezeit über eine „Übernahme" der Brücke, welche die Klägerin ablehnte. Die Brücke wurde sodann von der Beigeladenen zum 1. September 2016 für den motorisierten, vierrädrigen Verkehr gesperrt; Fußgänger-, Radfahrer- und sonstiger Verkehr konnte bzw. kann die Brücke weiterhin passieren.
Unter dem 16. Mai 2017 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, die Beigeladene zu verpflichten, die Brückensperrung aufzuheben und die notwendigen Instandsetzungsarbeiten durchzuführen, um dem landwirtschaftlichen Verkehr die gefahrlose Überfahrt zu ermöglichen. Der landwirtschaftliche Anliegerverkehr müsse weite, auf Dauer unzumutbare Umwege fahren. Die Aufhebung der Brückensperrung sei dringend erforderlich, weil das landwirtschaftliche Wegesystem der Klägerin in seiner Erschließungsfunktion erheblich beeinträchtigt werde. Die Brückensperrung sei formell illegal erfolgt und es stehe ihr gegenüber der Beigeladenen ein Anspruch auf den Unterhalt der Brücke zu.
Mit Bescheid vom 3. Juli 2017 lehnte das Eisenbahn-Bundesamt den Antrag ab und führte zur Begründung im Wesentlichen an, dass ein Verstoß der Beigeladenen gegen die Betriebspflicht des § 11 Abs. 1 Satz 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) nicht gegeben sei, weil die Brücke mangels Eisenbahnverkehrsfunktion keine Eisenbahnbetriebsanlage darstelle. Das Erfordernis einer Planfeststellung nach § 18 AEG bestehe nicht, weil es sich zum einen nicht um eine Eisenbahnbetriebsanlage handele und zum anderen die Sperrung keinen (Rück-)Bau oder die Änderung einer Betriebsanlage darstelle. Neben den fehlenden Eingriffsvoraussetzungen sei auch keine Ermessensreduzierung auf Null ersichtlich.
Den Widerspruch der Klägerin vom 26. Juli 2017 wies das Eisenbahn-Bundesamt mit Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2018 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt: Ein Verstoß gegen die Betriebspflicht aus § 11 AEG bestehe nicht, weil es sich bei der Straßenüberführung (auch) nicht um eine Nebenbetriebsanlage handele. Das Fehlen der Brücke habe keine Auswirkungen auf die Funktionalität des Schienenweges. Ein Anspruch der Klägerin als Eigentümerin der benachbarten Wegeparzellen auf Tätigwerden gegenüber der. Beklagten ergebe sich auch nicht aus einer zu vermutenden Schutzauflage in dem nicht mehr aufzufindenden Planfeststellungsbeschluss, weil die Erfüllung einer solchen Auflage als straßenrechtlicher Sonderbaulast gemäß §§ 45 Abs. 1, 53 Abs. 2 StrWG von der Straßenaufsichtsbehörde zu überwachen sei.
Die Klägerin hat am 11. Juni 2018 Klage erhoben.
Zur Begründung ihrer Klage führt sie im Wesentlichen an: Es stehe ihr ein Anspruch auf aufsichtsrechtliches Einschreiten aufgrund der Beeinträchtigung ihrer Rechte aus der Schutzauflage des nicht mehr auffindbaren Planfeststellungsbeschlusses zu. Rechtsgrundlage für die Instandhaltungspflicht der Beigeladenen seien § 11 AEG und § 14 des Gesetzes über die Eisenbahn-Unternehmungen vom 3. November 1838 (Preußisches Eisenbahngesetz - prEG). Diese Grundlagen dienten auch dem Schutz der Klägerin als Eigentümerin und Baulastverpflichtete der über die Brücke verbundenen Wirtschaftswege. Für einen Verstoß gegen die zu vermutenden Schutzauflage nach § 14 prEG sei es unerheblich, ob die landwirtschaftlichen Flächen mittlerweile einer anderweitigen Nutzung zugeführt worden seien, weil nicht feststehe, dass eine solche Schutzauflage betriebsbezogen bzw. beschränkt auf in bestimmter Weise genutzte Grundstücke ergangen sei. Ein Wegfall der Brücke hindere die Klägerin ferner, ihrer Erschließungspflicht für die nördlich und südlich der Brücke gelegenen landwirtschaftlich genutzten Flächen ordnungsgemäß zu erfüllen. Die Brücke gehöre darüber hinaus zur Eisenbahninfrastruktur im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 AEG, weil sie als Ersatz für eine Vielzahl von Bahnübergängen diene, deren sichernde Maßnahmen Eisenbahnanlagen darstellten. Unabhängig von Vorstehendem habe die Beigeladene mit Schreiben vom 1. September 1997 ihre Unterhaltungspflicht mit Rechtsbindungswille anerkannt, weil es sich um die verbindliche Feststellung einer rechtlichen Prüfung handele, an die sich die Beigeladene selbst lange Zeit gebunden gefühlt habe. Die Unterhaltungspflicht der Beigeladenen sei ferner auch nicht auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 und 3 EKrG entfallen. Dieses Gesetz sei nach § 1 Abs. 4 EKrG nicht anwendbar, weil es sich um keine öffentliche Straße handele. Eine analoge Anwendung des Gesetzes auf private Wege, auf denen mit ausdrücklicher oder stillschweigender Duldung ein öffentlicher Verkehr stattfinde, sei mangels planwidriger Regelungslücke ausgeschlossen. Mangels öffentlich-rechtlicher Straßenbaulast bestehe kein Konfliktpotenzial mit der öffentlichen Eisenbahnbetriebspflicht. Das Eisenbahn-Bundesamt sei schließlich aufgrund einer Ermessensreduktion auf Null zum Einschreiten verpflichtet, weil andere Maßnahmen zur Erfüllung der Schutzauflage, die die erhebliche Beeinträchtigung der Erschließung verhindern könnten, nicht ersichtlich seien.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 3. Juli 2017 und ihres Widerspruchbescheides vom 9. Mai 2018 zu verpflichten, die Beigeladene zu verpflichten, an dem Brückenbauwerk über der Strecke Nr. (DB) 2265, Bahnkilometer 84,000, in B (Gemarkung B-K, Flur 12), die notwendigen Instandsetzungsarbeiten durchzuführen und die Sperrung des Brückenbauwerks aufzuheben, um dem landwirtschaftlichen Verkehr bis zu acht Tonnen die gefahrlose Überfahrt über das Brückenbauwerk zu ermöglichen, die Hinzuziehung der Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt auf den Ausgangs- und Widerspruchsbescheid Bezug und stellt darüber hinaus die Klagebefugnis der Klägerin in Abrede, weil diese sich durch die Berufung auf unzumutbare Umwege zum Sachwalter privater Interessen ihrer Bürger aufschwinge. Aufgrund der Kleinräumigkeit der Auswirkungen seien die Wegebeziehungen nicht nachhaltig beeinträchtigt, weil auch bei einem Wegfall der Brücke die Nutzungsfunktion der klägerischen Wegeparzellen erhalten bleibe. Die Brücke unterfalle jedenfalls nicht der Betriebspflicht des § 11 AEG, weil sie als Schutzauflage für den Eisenbahnbetrieb nicht unabdingbar sei. Unabhängig von der mutmaßlichen Schutzauflage obliege die Überwachung der Unterhaltungslast zudem nach § 14 Abs. 3 EKrG nicht der Eisenbahn-, sondern der Straßenaufsicht. Ein gesetzlicher Übergang der Unterhaltungslast habe nicht nur bei öffentlichen Straßen, sondern erst recht bei privaten Wirtschaftswegen stattfinden sollen, so dass eine analoge Anwendung dieser Norm geboten sei. Es fehle weiterhin an konkreten Umständen des Falles, die allein ein Einschreiten im Sinne des klägerischen Antrags als ermessensfehlerfrei erscheinen ließen.
Die Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und führt im Wesentlichen aus: Es fehle der Klägerin bereits an der erforderlichen Klagebefugnis. Die fiktive Schutzauflage eines fiktiven Planfeststellungsbeschlusses sei nur für (ehemalige) landwirtschaftliche Betriebe bzw. die frühere Ziegelei und nicht zugunsten der Klägerin erlassen worden. Es fehle auch an einem Nachfolgetatbestand, zumindest für einen Eigentümer, der selbst lediglich über Wegeparzellen verfüge. Auch aus § 11 AEG könne die Klägerin keine Rechte herleiten, weil die Norm dem Erhalt der Eisenbahninfrastruktur und nicht dem Drittschutz diene. Der Wirtschaftsweg könne weiterhin nicht als „kommunale Einrichtung" im Sinne der Gemeindeordnung qualifiziert werden, weil er als Privatweg gekennzeichnet sei. Zudem werde das landwirtschaftliche Wegesystem durch den Wegfall der Brücke nicht in seiner Erschließungsfunktion erheblich beeinträchtigt, weil sämtliche Grundstücke über Ausweichmöglichkeiten zu erreichen seien. Darüber hinaus bestehe in der Sache kein Verstoß gegen die Betriebspflicht nach § 11 AEG, weil die Brücke aufgrund des fehlenden funktionellen Zusammenhangs keine Bahnanlage' darstelle. Dies bestätige auch der hiesige Einzelfall, weil die Brücke seit mehreren Jahren gesperrt sei, ohne dass dies Auswirkungen auf den Eisenbahnverkehr habe. Es fehle weiterhin auch in der Sache an einem Verstoß gegen die etwaige Schutzauflage. Es sei nicht nachgewiesen, dass die angeblich begünstigten landwirtschaftlichen Flächen zum Zeitpunkt des Eisenbahnbaus bestanden, heute noch bewirtschaftet werden sowie die Anbindung des landwirtschaftlichen Verkehrs die Brücke erfordere. Auf jeden Fall sei die betriebsbezogene Schutzauflage inzwischen gegenstandslos geworden aufgrund inhaltlicher Überholung. Ihrem Schreiben vom 1. September 1997 sei ferner weder ein konstitutives noch ein deklaratorisches Anerkenntnis zu entnehmen. Es fehle aufgrund der Anknüpfung an die Regelungen des Eisenbahnkreuzungsgesetzes an jeglichen Indizien, dass eine zusätzliche Anspruchsgrundlage für die Klägerin geschaffen werden sollte. Die Beigeladene habe allein ihre Rechtsauffassung dargelegt; es habe gar kein Interesse bestanden, sich gegenüber der Klägerin vertraglich zu binden. Unabhängig davon liege die Unterhaltspflicht nach § 14 Abs. 1 und 3 EKrG bei der Klägerin. Es sei davon auszugehen, dass der Wirtschaftsweg faktisch der Öffentlichkeit zur Verfügung stehe und damit als sonstige öffentliche Straße im Sinne des § 1 Abs. 4 EKrG zu qualifizieren sei. Auf jeden Fall seien die Normen des Eisenbahnkreuzungsgesetzes auf den privaten Gemeindeweg analog anwendbar. Da die Klägerin an der Aufrechterhaltung der Wegebeziehung für die Öffentlichkeit ein Interesse zeige, liege ein vergleichbarer Widerstreit öffentlicher Aufgaben vor. Selbst bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Einschreitensnorm fehle es schließlich an einer Ermessensreduzierung auf Null. Die Wegeverbindung werde nicht erheblich beeinträchtigt; zumal die Ziegelei als Hauptnutzerin der Brücke nicht mehr existiere. Die Kosten für die Sanierung der Brücke von ca. 200.000 bis 300.000 Euro nebst den weiteren Kosten der laufenden Unterhaltung - in den nächsten Jahren sei zudem eine vollständige Erneuerung der Brücke unumgänglich - seien demgegenüber unangemessen hoch.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet.
Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Es kann offenbleiben, ob die Ablehnung des begehrten Verwaltungsakts durch die Beklagte rechtswidrig gewesen ist. Die durch Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 3. Juli 2017 und dessen Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2018 erfolgte Ablehnung verletzt die Klägerin auf jeden Fall nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf das begehrte Einschreiten der Beklagten gegenüber der Beigeladenen. Ein subjektives Recht darauf, dass die beklagte Aufsichtsbehörde die Beigeladene zur Unterhaltung im begehrten Umfang anhält und anschließend die Sperrung der Eisenbahnbrücke aufgehoben wird, steht der Klägerin nicht zu.
Nach der Norm des § 5a Abs. 2 AEG können die Eisenbahnaufsichtsbehörden - dies ist für die Beigeladene als Unternehmen des Bundes das Eisenbahn-Bundesamt (§ 5 Abs. 1 a Nr. 1 a und Abs. 2 AEG i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BEWG) - in Wahrnehmung ihrer Aufgaben u.a. gegenüber Eisenbahninfrastrukturunternehmen wie der Beigeladenen (vgl. § 2 Abs. 2 und 3a AEG) die Maßnahmen treffen, die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße gegen die in § 5 Abs. 1 AEG genannten Vorschriften, insbesondere die des Allgemeinen Eisenbahngesetzes oder der darauf beruhenden Verordnungen, erforderlich sind. Dabei handelt die Aufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen.
Vgl. Hermes/Schweinsberg, in: Hermes/Seifner, AEG, 2006, § 5a Rn. 36.
Soweit das Einschreiten der Aufsichtsbehörde oder jedenfalls eine ermessensgerechte Entscheidung erzwungen werden soll, ist es nicht ausreichend, dass objektiv-rechtlich ein Einschreiten seitens der Aufsichtsbehörde möglich wäre, weil aufsichtliche Befugnisse grundsätzlich nur im öffentlichen Interesse bestehen. Einer behördlichen Einschreitensermächtigung entspricht ein Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensausübung oder - im Einzelfall bei einer Ermessensreduzierung auf Null - auf direktes Einschreiten vor diesem Hintergrund nur dann, wenn die Einschreitensermächtigung zumindest auch dem Interesse des Begünstigten zu dienen bestimmt ist.
Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 22. Februar 1980 - 4 C 24.77 -, juris Rn. 31, m.w.N.
Ein Anspruch auf Einschreiten bzw. ermessensgerechte Entscheidung hierüber kommt also nur in Betracht, wenn derjenige durch den objektiv rechtswidrigen Zustand gerade in eigenen Rechten verletzt ist.
Vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2018 - 3 C 21.16 -, juris Rn. 16; BayVGH, Beschluss vom 3. April 2008 - 1 ZB 07.3115 -, juris Rn. 10 f. in Bezug auf einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten.
Nach diesen Maßstäben steht der Klägerin ein subjektives Recht, welches einen Anspruch auf Einschreiten bzw. ermessensgerechte Entscheidung begründen könnte, nicht zu.
1. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf aufsichtsbehördliches Tätigwerden aus der Schutzauflage auf der Grundlage des § 14 prEG oder des § 18 des Gesetzes über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen (PrKlBahnG) vom 28. Juli 1892.
Selbst bei der - unterstellten - Existenz einer Schutzauflage zum Bau und der Unterhaltung der in Rede stehenden Eisenbahnbrücke,
vgl. für eine erleichterte Beweisführung einer klagenden Gemeinde, weil die entsprechenden Unterlagen des Planfeststellungsbeschlusses nicht ihrem Verantwortungsbereich entstammen: OVG Rh.-Pf., Urteil vom 5. April 2000 - 8 C 117 43/99 -, juris Rn. 24,
kann ein die Klägerin schützender Charakter einer solchen Auflage nicht angenommen werden.
Welchem Personenkreis durch eine ergangene Schutzauflage Schutz gewährt und Abwehrrechte eingeräumt werden, hängt vom Inhalt der jeweiligen Gestaltung sowie davon ab, ob der Drittbetroffene in den mit der behördlichen Entscheidung gestalteten Interessenausgleich eine eigene schutzfähige Rechtsposition einbringen kann. Drittschutz wird generell nur soweit vermittelt, wie nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Entscheidungsprogramm für die Behörde diese zur Rücksichtnahme auf Interessen eines individualisierbaren, d.h. sich von der Allgemeinheit unterscheidenden Personenkreises, angehalten ist.
Vgl. allgemein zur Herleitung des Drittschutzes BVerwG, Urteile vom 13. März 1981 - 4 C 1.78 -, juris Rn. 35, vom 19. September 1986 - 4 C 8.84 -, juris Rn. 11 ff. (zum Baurecht), vom 15. Juli 1987 - 4 C 56.83 -, juris Rn. 9 ff. (zu wasserrechtlichen Gestattungen), und vom 30. September 1983 - 4 C 74.78 -, juris Rn. 13 (zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung).
Bei der gebotenen umfassenden Würdigung aller Umstände folgt weder aus der Schutzauflage zum Bau und der Unterhaltung der Eisenbahnbrücke (a) noch aus der gesetzlichen Grundlage (b), dass der Auflage ein Schutzgehalt zugunsten eines Eigentümers (allein) von Wegeparzellen - wie hier die Klägerin - zukommt.
a) Die damaligen Gegebenheiten im Bereich der in Rede stehenden Eisenbahnbrücke lassen nicht den Schluss zu, dass auch ein Schutz des Wegeeigentümers beabsichtigt war. Der genaue Inhalt der unterstellten Schutzauflage, die den Bau und die Unterhaltung der Brücke auferlegt, ist nicht bekannt und auch nicht weiter aufklärbar, weil die entsprechenden Unterlagen bzw. Dokumente nicht mehr auffindbar sind. Der Anlass einer solchen Schutzauflage war regelmäßig, bei der Genehmigung der Eisenbahnlinie zugleich durch Festsetzungen die Nachteile für diejenigen Grundstücksbesitzer auszugleichen, die durch die Eisenbahnanlage für die bestehenden Wegeverhältnisse herbeigeführt wurden; zu dieser Ausgleichsregelung gehörte auch die Unterhaltungslast.
Vgl. so auch in Bezug auf § 14 prEG: Germershausen/Seydel, Wegerecht und Wegeverwaltung in Preußen, Erster Band, 4. Aufl. 1932, § 36 (S. 349-352).
Danach bestand der Schutzzweck vorliegend darin, den Anliegerinteressen Rechnung zu tragen und deswegen die Wegebeziehungen aufrechtzuerhalten.
Vgl. so auch die Formulierung in der Sitzungsvorlage der Stadt B vom 15. März 2016 für den Haupt- und Finanzausschuss unter TOP: 2, Betr.: Sperrung der Bahnbrücke am Zweg, abrufbar unter: ratsinfo.b________.de/neVbuergerinfo/Vo0050.php (zuletzt abgerufen am 4. Dezember 2019).
Eine solche Beachtung der Anliegerinteressen entspricht auch den - soweit hier feststellbaren - Umständen zum Zeitpunkt der Errichtung der in Rede stehenden Brücke mit Blick auf die ansässige Ziegelei. Nördlich der Brücke im Nahbereich der heutigen Adresse „B Nr. 32" war damals eine Ziegelei mit einem entsprechenden Bedürfnis für die Zulieferung des Lehmes und die Auslieferung der hergestellten Ziegel ansässig. Es bestand also ein herausgehobener Bedarf des Ziegeleibetriebs, die geplante Eisenbahnstrecke an dieser konkreten Stelle und mit einer entsprechenden Ausbaustufe der Brücke überqueren zu können, um so eine direkte Anbindung zum örtlichen und überörtlichen Verkehr zu behalten. Das zentrale Interesse der anliegenden Ziegelei an der Brücke wird insbesondere daran offenbar, dass diese als „Hauptbenutzerin des Weges" (Schreiben der Reichsbahndirektion Münster vom 18. Juni 1923) bezeichnet und im Verhandlungsprotokoll vom 15. Januar 1907 über den Entwurf der Wegeüberführung unter den vielen Interessenten insbesondere namentlich die Vertreter der Ziegelei benannt werden.
Zwar mag es zutreffen, dass die Brücke auch zum Schutze der sonstigen Anlieger, insbesondere der landwirtschaftlichen Betriebe, ergangen ist; zu diesen Anliegern gehört die Klägerin allerdings nicht. Für die Anlieger standen damals zudem zwei weitere, nahegelegene Brücken über die Eisenbahnstrecke zur Verfügung, welche für den üblichen landwirtschaftlichen Maschinenbestand zum Zeitpunkt der Errichtung der Brücke als ausreichend zu erachten sind.
b) Dieser Befund zu den Umständen zu Zeitpunkt der Errichtung der Eisenbahnbrücke steht auch in Übereinstimmung mit den damals maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen.
Welches Gesetz vorliegend zur Anwendung gelangt ist, braucht dabei nicht entschieden zu werden; auch wenn aufgrund des in den rudimentär vorhandenen Unterlagen (Bekanntmachung vom 5. November 1900; Verhandlungsprotokolle vom 15. Januar 1907 und vom 28. April 1908) verwendeten Terminus „Nebenbahn",
vgl. zur Einstufung, dass eine Nebenbahn dem Preußischen Eisenbahngesetz unterfiel: Bäumer, Die Museums-Eisenbahn 4/1989, S. 23 (24, 26 f.),
vieles dafür spricht, dass das Preußische Eisenbahngesetz einschlägig ist.
Auf der Grundlage des § 14 prEG ist die Gesellschaft auch zur Einrichtung und Unterhaltung aller Anlagen verpflichtet, welche die Regierung an Wegen, Überfahrten etc. nötig findet, damit die benachbarten Grundbesitzer gegen Gefahren und Nachteile in Benutzung ihrer Grundstücke gesichert werden. Nach § 18 PrKIBahnG ist dem Unternehmer bei der Planfeststellung die Herstellung derjenigen Anlagen aufzuerlegen, welche die den Bauplan festsetzende Behörde zur Sicherung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren und Nachteile oder im öffentlichen Interesse für erforderlich erachtet, desgleichen die Unterhaltung dieser Anlagen, soweit dieselbe über den Umfang der bestehenden Verpflichtungen zur Unterhaltung vorhandener, demselben Zwecke dienender Anlagen hinausgeht.
Da § 18 PrKlBahnG nach einhelliger Auffassung § 14 prEG nachgebildet ist, gelten für die rechtliche Natur und für die Anwendung dieser Bestimmung im Allgemeinen die für § 14 prEG maßgebenden Grundsätze.
Vgl. Gleim, Das Gesetz über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen vom 28. Juli 1892, Erläuterungen, 2. Auflage 1893, § 18 unter 1); Blümel, Die Bauplanfeststellung, Erster Teil: Die Planfeststellung im preußischen Recht und im Reichsrecht, 1961, § 9, S.107 f.
Aus diesem Grunde von § 14 prEG ausgehend erscheint bereits zweifelhaft, ob eine Auflage zu einer eisenbahnrechtlichen Planfeststellung, welche insgesamt vornehmlich im öffentlichen Interesse erfolgt (vgl. z.B. §§ 8 Satz 2 Nr. 5, 24, 48 prEG), dem Drittschutz zu dienen bestimmt ist. Die von dem preußischen König erlassene Vorschrift benennt als Adressaten seine Regierung (und als Verpflichtete die Eisenbahngesellschaft), wobei die Regierung die Sicherung vor Gefahren und Nachteile für die benachbarten Grundbesitzer für erforderlich erachten kann.
Auf jeden Fall sind nach dem Wortlaut diejenigen benachbarten Grundstückseigentümer erfasst, die durch den Konflikt zwischen dem bestehenden Weg und der zu errichtenden Eisenbahnstrecke in der Nutzbarkeit ihrer Grundstücke Nachteile zu gewärtigen hatten. Eine solche Auflage war danach nicht dem Schutz eines bestehenden Weges als solchem zu dienen bestimmt, sondern vielmehr dazu, die bisherige Benutzung der an einem Weg liegenden Grundstück sicherzustellen. Der Wortlaut der Norm verknüpft die Herstellungs- und Unterhaltungspflicht von Anlagen an Wegen mit dem Eisenbahnbau, weil es (ansonsten) zu Gefahren oder Nachteilen für benachbarte Grundstücksbesitzer in Benutzung ihrer Grundstücke kommen könnte.
Ein solches Verständnis steht auch mit der Gesetzessystematik in Einklang. Denn die Schutzauflage geht über die Entschädigung bei einer Enteignung hinaus, um weitergehend Nachteile der Anlieger zu verhindern bzw. auszugleichen; aus diesem Grunde wird zugunsten dieser Grundbesitzer der Bahngesellschaft die Unterhaltungslast der Anlage auferlegt. Für eine weitergehende, extensive Auslegung, die (sogar) die Nachteile sonstiger Dritter – wie den Wegeeigentümer selbst - einbezieht, finden sich im Normgefüge keine Anhaltspunkte.
Sinn und Zweck der Auflage werden bei einer solchen Auslegung ebenfalls gewahrt. Die finanzielle Belastung der Bahn(-gesellschaft) mit dem Unterhalt einer Brücke ist von der zuständigen Behörde als interessengerecht zu erachten, wenn ein Weg existiert und dessen Wegfall angrenzende Grundstücke in ihrer Benutzbarkeit beeinträchtigen würde. Die bisherige Zugänglichkeit ihres Grundstücks über den Weg soll trotz der Errichtung der Eisenbahnlinie für die Anlieger erhalten bleiben. Das Interesse des privaten Wegeeigentümers erschöpft sich demgegenüber in dem Bestand des Weges als solchem. Dies gilt zumal für die Klägerin als Eigentümerin des privaten Wirtschaftsweges, weil es ihr mangels Straßenbaulast überlassen bleibt, ob und wie sie diesen Weg Instand halten will.
2. Ein Anspruch der Klägerin auf behördliches Einschreiten gegenüber der Beigeladenen lässt sich nicht aus der nach § 11 Abs. 1 AEG bestehenden Betriebspflicht herleiten. Selbst wenn die in Rede stehende Brücke als Betriebsanlage und damit als Teil der Eisenbahninfrastruktur (vgl. §§ 2 Abs. 6, 18 AEG) eingestuft würde, begründet § 11 Abs. 1 AEG keinen Anspruch der Klägerin, weil der Norm insoweit kein subjektives Recht zugrunde liegt. § 11 Abs. 1 AEG regelt die Aufgabe der Betriebs durch den Inhaber einer Betriebsgenehmigung nach § 6 AEG bei Abgabe und Stilllegung von Eisenbahninfrastruktureinrichtungen und das hierfür erforderliche Verfahren. Zwar ist anerkannt, dass § 11 AEG ein (beschränktes) subjektives Recht eines übernahmewilligen Drillen im Hinblick auf Verstöße gegen die Angebots- und Verhandlungspflicht vermitteln kann.
Vgl. Hermes/Schütz, in: Hermes/Sellner, AEG, 2006, § 11 Rn. 86 ff.
Im Gegensatz zu einem übernahmewilligen Dritten, dessen sich das Gesetz zur Erreichung des Ziels, die öffentliche Infrastruktur zu erhalten, ,,bedient", sichert die Betriebspflicht im Übrigen allerdings das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Eisenbahninfrastruktur. Ein Schutznormcharakter auf Einhaltung der Anforderungen des § 11 Abs. 1 AEG im Sinne einer Betriebspflicht besteht demgegenüber nicht.
Vgl. Hermes/Schütz, in: Hermes/Sellner, AEG, 2006, § 11 Rn. 91, m. w. N.
Die Verletzung des § 11 Abs. 1 AEG, die hier von der Klägerin geltend gemacht wird, fällt nach diesen Maßgaben nicht unter den so umrissenen individualschützenden Charakter der Norm. Der Klägerin geht es gerade nicht um die Übernahme der Eisenbahninfrastruktur, sondern sie begehrt die Sanierung und fortlaufende Unterhaltung der Brücke durch das (bisherige) Eisenbahninfrastrukturunternehmen.
3. Ein Anspruch der Klägerin folgt auch nicht aus dem an sie gerichteten Schreiben der Beigeladenen vom 1. September 1997.
Es kann offenbleiben, ob es sich hierbei um ein rechtsverbindliches Anerkenntnis der Unterhaltungspflicht durch die Beigeladene oder eine bloße Mitteilung einer Rechtsauffassung, wobei für Letzteres einiges spricht, handelt. Auf jeden Fall folgt hieraus kein subjektives Recht der Klägerin auf ein Einschreiten der Beklagten, weil sich das Schreiben vom 1. September 1997 darin erschöpft, zwischen der Klägerin und der Beigeladenen eine Aussage zur Verantwortung für die Unterhaltslast der dort genannten Brücken zu treffen. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin - soweit dies über das Innenverhältnis hinaus überhaupt als zulässig zu erachten ist - hierdurch befugt sein sollte, von der Beklagten die Durchsetzung der (etwaigen) Unterhaltungspflicht gegenüber der Beigeladenen zu verlangen. Die Entscheidung darüber, ob und ggf. in welcher Weise die Beigeladene ihrer (etwaigen) Unterhaltspflicht nachzukommen hat, verbleibt danach bei der Aufsichtsbehörde, welche diese Aufgabe im öffentlichen Interesse wahrnimmt.
4. Einen Anspruch der Klägerin vermag auch die geltend gemachte Verletzung in ihrem Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 GG), insbesondere als Inhaberin der gemeindlichen Einrichtung des privaten Wegenetzsystems", nicht zu begründen.
Einer Gemeinde steht gegenüber Planungen und Maßnahmen überörtlicher Verwaltungsträger - wie hier - eine wehrfähige Rechtsposition aus ihrem Selbstverwaltungsrecht zu, wenn das Vorhaben nachhaltig eine bestimmte Planung der Gemeinde stört oder wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebietes einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung entzieht oder erheblich gemeindliche Einrichtungen beeinträchtigt; dies gilt auch für eine Veränderung der verkehrlichen Infrastruktur.
Vgl. BVerwG, Urteile vorn 9. Novernber2017 -3 A 2.15-, juris Rn. 30, vorn 10. Dezember 2008 - 9 A 19.08 -, juris Rn. 28, vorn 7. Juni 2001 - 4 CN 1.01 -, juris Rn. 10, und vom 12. August 1999 - 4 C 3.98 -, juris Rn. 11; BayVGH, Urteil vorn 29. Januar 201 O - 22 A 09.40005 -, juris Rn. 16 und 21.
Selbst wenn diese Maßgaben über die Anfechtung eines hier nicht mehr auffindbaren (Plan- )Beschlusses hinaus Geltung beanspruchen, liegen die soeben benannten Voraussetzungen nicht vor.
Die Klägerin hat weder geltend gemacht noch ist sonst ersichtlich, dass eine hinreichend konkrete Planung vorliegt, die durch die Sperrung der Brücke beeinträchtigt werden könnte. Es ist weiter ausgeschlossen, dass die durch die Sperrung der Brücke bedingte Verkehrsinfrastruktur, die zur Inkaufnahme von Umwegen zwingt, Gemeindegebietsteile nachhaltig betreffen und die künftige Entwicklung der Gemeinde beeinflussen könnte. Davon, dass der Bereich in Anbetracht des aufgrund der Brückensperrung erforderlichen Umwegs vollständig abgeschnitten wäre, kann nicht die Rede sein. Die Planungshoheit umfasst nicht das Recht einer Gemeinde, ihre Verkehrsinfrastruktur unangetastet zu lassen.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. März 2008 - 9 VR 5.07 -, juris Rn. 8.
Dem Vorbringen der Klägerin, dass ihr ein Recht an der Aufrechterhaltung der bestehenden Wegeverbindung als Teil ihres „Wirtschaftswegesystems" und damit als gemeindliche Einrichtung zustehen könnte, ist weder zu entnehmen noch sonst ersichtlich, dass das Wirtschaftswegesystem" - als zugunsten der Klägerin unterstellte gemeindliche Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 2 GO NRW - aufgrund der durch die Sperrung der Brücke bedingten Umwege erheblich im Sinne der benannten Rechtsprechung beeinträchtigt sein könnte.
Unabhängig von der Frage, ob die Voraussetzung einer erheblichen Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit einer gemeindlichen Einrichtung (allein)einen abwägungserheblichen Belang - also kein subjektives Recht einer Gemeinde - darstellt,
vgl. dies offenlassend: OVG Rh.-Pf., Urteil vom 5. April 2000 - 8 C 11743/99 -. juris Rn. 20,
ist hier die Funktionsfähigkeit der gemeindlichen Einrichtung nicht in erheblicher Weise aufgrund der erforderlichen Umwege beeinträchtigt. Die angeführten Umwege für die Anlieger sind vornehmlich Belange von Privatpersonen, die eine Gemeinde, auch wenn jenen ein Schaden droht, nicht geltend machen kann.
Vgl. st. Rspr., siehe nur BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 - 4 C 14.95 -, juris Rn. 15, m.w.N.
Weder die Nutzungsmöglichkeit des gemeindlichen Weges noch gar des Wegesystems insgesamt wird hier durch die Sperrung der Brücke gänzlich zerstört oder nachhaltig in Mitleidenschaft gezogen. Dass das Wegenetz erheblich und künftig nicht mehr nutzbar sein soll, ist nicht (substantiiert) dargelegt. Die Funktion des in Rede stehenden Weges wird entgegen der Auffassung der Klägerin nicht entscheidend durch die Sperrung der Eisenbahnbrücke negativ beeinflusst, weil auch bei einer „Sackgasse" im Bereich der Brücke die Verbindungsfunktion des Weges zu den anknüpfenden Wegeverbindungen und damit die Erschließung als solche für die Anlieger erhalten bleiben. Insbesondere ist nicht erkennbar, warum es für den Gemeindewirtschaftsweg in relevanter Weise von Einfluss ist, dass der motorisierte Verkehr - Radfahrer-, Fußgänger- und ggf. zweirädriger Verkehr kann die Brücke weiterhin passieren - gewisse streckenmäßige Umwege in Kauf nehmen muss. Trotz der Sperrung der Brücke bestehen zudem für den landwirtschaftlichen Verkehr mehrere Optionen, um in südlicher Richtung über die Eisenbahnstrecke zu gelangen. Zwei Verbindungen existieren über Feldwege (eine durch Dienstbarkeilen gesicherte Brücke ca. einen Kilometer östlich in Richtung H sowie ein weiterer Übergang ca. zwei Kilometer westlich in Richtung des Stadtkerns von B), die weiterhin zur Verfügung stehen. In einem durchgehend asphaltierten Ausbauzustand besteht ferner die Verbindung über die Landesstraße ___ (B Straße) durch den B Ortskern zur Landesstraße ___ (M Straße); diese Verbindung ist von breiteren bzw. schwereren landwirtschaftlichen Fahrzeugen (z.B. Güllewagen bzw. -anhänger) ohnehin zu nutzen, weil diese die in Rede stehende Brücke nicht passieren können.
Das Vorbringen der Klägerin, anliegende Landwirte verfügten zugleich nördlich und südlich der Brücke über landwirtschaftliche Flächen, lässt sich ungeachtet dessen nicht feststellen. Die Beigeladene hatte schriftsätzlich eine solche besondere Betroffenheit von Landwirten in Abrede gestellt und zur Benennung der entsprechenden Flächen und deren Eigentümer aufgefordert. Die Klägerin hat jedoch auch in der mündlichen Verhandlung keine konkrete Bezeichnung bzw. Zuordnung aufgezeigt. Vor diesem Hintergrund musste sich dem Gericht eine weitere Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen nicht aufdrängen, weil kein Anlass zu weiterer Aufklärung zu sehen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nach § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, weil sie einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Eine Entscheidung über den Antrag der Klägerin, die Hinzuziehung der Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist entbehrlich, weil aufgrund der Klageabweisung eine Kostenerstattung zugunsten der Klägerin nicht in Betracht kommt.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.
Gericht | VG Münster |
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Typ | Urteil |
Datum | 05.12.2019 |
Normen | § 5a Abs. 2 AEG, § 11 Abs. 1 AEG, § 14 prEG, § 18 PrKlBahnG |
Stichworte | Planungshoheit der Gemeinde, Preußisches Eisenbahnrecht, Drittschützende Norm, Unterhaltspflicht für Anlagen an Wegen mit Eisenbahnbau, Eisenbahnbrücke, Planfeststellungsbeschluss |
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