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VG Köln, Beschluss vom 09.03.2020

Az.: 18 L 167/20

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Beschluss

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren wegen Änderung der SNB (hier: Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes) hat die 18. Kammer des Verwaltungsgerichts Köln am 09. März 2020 beschlossen:

1. Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 18 K 255/20 erhobenen Klagen gegen die Ziffern 2 und 3 sowie die darauf bezogene Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4 des Beschlusses der Antragsgegnerin vom 19. Dezember 2019 (BK 10-16- 0118_Z) wird angeordnet.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsgegnerin zu 2/3 und die Antragstellerin zu 1/3.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf ____ Euro festgesetzt.

 

Gründe:

Der Antrag,

die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichnen 18 K 255/20 erhobenen Klage gegen den Beschluss der Antragsgegnerin vom 19. Dezember 2019 (BK 10-16-0118_Z) anzuordnen,

hat Erfolg, soweit sich die Antragstellerin gegen die Ziffern 2 und 3 sowie die auf die Anordnungen in diesen Ziffern bezogene Zwangsgeldandrohung in Ziffern 4 des angegriffenen Beschlusses wendet. Im Übrigen ist der Antrag zulässig, aber unbegründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage anordnen, wenn die aufschiebende Wirkung – wie hier gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 68 Abs. 4 Satz 1 des Eisenbahnregulierungsgesetzes (ERegG) – entfallen ist. Die vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Vollzugsinteresse und dem individuellen Interesse der Antragstellerin, von der sofortigen Vollziehung vorerst verschont zu bleiben, richtet sich nach der summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache.

 

1. Die Interessenabwägung geht zu Lasten der Antragstellerin aus, soweit sie die formelle Rechtswidrigkeit des angegriffenen Beschlusses rügt [a)], sich gegen Ziffer 11 des angegriffenen Beschlusses [b)] und die auf Ziffer 1 bezogene Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4 des Beschlusses [c)] wendet. Insoweit erweist sich der Beschluss im Rahmen einer summarischen Prüfung als rechtmäßig.

 

a) Der angegriffene Beschluss ist nach der gebotenen summarischen Prüfung nicht bereits insgesamt formell rechtswidrig. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ergibt sich aus dem Umstand, dass ihr die im Beschlusskammerverfahren abgegebene Stellungnahme des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE) vom 20. Juni 2019 durch die Beschlusskammer nicht bekanntgegeben wurde, kein Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs aus §§ 77 Abs. 6 ERegG. Nach dieser Vorschrift hat die Beschlusskammer den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Auf diese Weise sollen sich die Beteiligten zum Verfahrensablauf, zum Gegenstand und zum möglichen Ergebnis des Verfahrens äußern und dadurch auf Ablauf und Ergebnis des Verfahrens Einfluss nehmen sowie ihre eigenen schutzwürdigen Interessen einbringen können. §§ 77 Abs. 6 ERegG verpflichtet die Beschlusskammer ebenfalls dazu, neue rechtliche Gesichtspunkte offen zu legen, um so aus Sicht der Beteiligten eine Überraschungsentscheidung zu vermeiden (vgl. zur wortgleichen Vorschrift des § 135 Abs. 1 TKG Bergmann, in: Scheuerle/Mayen, TKG, 3. Aufl. 2018, § 135 Rn. 6, 8; Fademrecht/Fetzer, in: Arndt/Fetzer u. a., TKG, 2. Aufl. 2015, § 135 Rn. 12.).

Die in § 77 Abs. 6 Satz 2 ERegG geregelte Möglichkeit der Beschlusskammer, Personen, die von dem Verfahren berührte Wirtschaftskreise vertreten, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, steht zu dem Recht der Beteiligten auf rechtliches Gehört nach Satz 1 der Vorschrift nicht in unmittelbarem Zusammenhang. Die Anhörung von Vertretern berührter Wirtschaftskreise dient der Sachverhaltsaufklärung durch die Beschlusskammer. Ob den Beteiligten aus § 77 Abs. 6 Satz 1 ERegG ein Recht auf Kenntnis- bzw. Stellungnahme hinsichtlich der Stellungnahmen von am Verfahren nicht beteiligten Vertretern berührter Wirtschaftskreise erwächst, hängt von der Bedeutung dieser Stellungnahmen für das Verfahren ab. Das rechtliche Gehör im Sinne des § 77 Abs. 6 Satz 1 ERegG dient dazu, dass die Beteiligten der Beschlusskammer ihre individuellen Interessen mitteilen können. Bringen Dritte qualitativ neuen tatsächlichen oder rechtlichen Vortrag in das Verfahren ein, müssen die Beteiligten hiervon Kenntnis erlangen, damit sie ihre eigenen Interessen gegen diesen neuen Gegenstand des Verfahrens in Ansatz bringen können. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die das Verfahren abschließende Entscheidung entscheidend auf Vortrag eines im Rahmen des § 77 Abs. 6 Satz 2 ERegG abgehörten Dritten stützt. Bringt die Stellungnahme eines Vertreters berührter Wirtschaftskreise jedoch in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gegenüber den bislang zwischen den Beteiligten ausgetauschten Darstellungen keinen neuen Beitrag in der Verfahren ein, verlangt § 77 Abs. 6 Satz 1 ERegG keine zwingende Kenntnisnahme durch die Beteiligten. Die Annahme eines Stellungnahmerechts aller Beteiligten zu jeder der Sachverhaltsaufklärung dienenden Eingabe durch am Verfahren nicht beteiligte Dritte ginge über den Zweck des Gebots rechtlichen Gehörs hinaus. Zudem führte einer derart extensive Praxis der wechselseitigen Stellungnahmen in umfangreichen Verfahren der Überprüfung von Schienennetz-Nutzungsbedingungen (SNB) zu einem schwer begrenzbaren Schriftwechsel. Dies machte das Verfahren wenig effizient und praktikabel.

Nach diesem Maßstab begründet der Umstand, dass der Antragstellerin die Stellungnahme des NEE vom 20. Juni 2019 von der Beschlusskammer nicht zugeleitet worden ist, keinen Verstoß gegen § 77 Abs. 6 Satz 1 ERegG. In dieser Stellungnahme ist kein gegenüber der umfänglichen im schriftlichen Verfahren und in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ausgetauschten tatsächlichen Darstellungen und rechtlichen Argumenten neuer Vortrag enthalten, zu dem der Antragstellerin zur Wahrung ihrer Interessen eine Stellungnahmemöglichkeit hätte eingeräumt werden müssen. Sie hatte im Beschlusskammerverfahren die hinreichende Möglichkeit, zu allen den Beschluss tragenden Erwägungen Stellung zu nehmen und hat hiervon auch umfangreich Gebrauch gemacht.

 

b) Die Anordnung in Ziffer 1 des angegriffenen Beschlusses erweist sich nach der hier gebotenen summarischen Prüfung als materiell rechtmäßig.

Durch diese Anordnung wird die Antragstellerin verpflichtet, Ziffer 4.2.2.4 der SNB dahingehend zu ändern, dass die dort unter Buchstabe a) genannten Reisezüge und die unter Buchstabe b) genannten Fahrten durch mehr als einen Regionalbereich der Antragstellerin, wenn sie auf dem verwendeten Trassenanmeldevordruck mit „Vorrang Ankunft“ angemeldet werden („Rückwärtsbearbeitung“) nicht mehr unter die Fallgruppe der „besonders aufwändigen Bearbeitung fallen – mit der Folge, dass über entsprechende Trassenanmeldungen unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von fünf Arbeitstagen entschieden werden muss.

Rechtsgrundlage für die Verpflichtung ist § 66 Abs. 4 Nr. 1, § 68 Abs. 3 ERegG.

Danach kann auf Antrag oder von Amts wegen der Entwurf und die Endfassung der SNB des Eisenbahninfrastrukturunternehmens überprüft werden und die Regulierungsbehörde kann mit Wirkung für die Zukunft das Eisenbahninfrastrukturunternehmen zur Änderung der Regelungen im Sinne des § 66 Abs. 4 ERegG verpflichten oder diese Regelungen für ungültig erklären, soweit diese nicht mit den Vorschriften des ERegG in Einklang stehen.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die von der Antragsgegnerin vorgenommene Verpflichtung zur Streichung zweier Verkehrsarten aus der Fallgruppe der „besonders aufwändigen Bearbeitung“ in den SNB der Antragstellerin liegen vor. Die in Ziffer 4.2.2.4 der SNB der Antragstellerin enthaltene Bewertung, dass Reisezüge einschließlich Charterund Nostalgieverkehr inklusive der Überführungsfahrten und Rückwärtsbearbeitungen der „besonders aufwändigen Bearbeitung“ unterliegen, verstößt gegen § 56 Abs. 1 ERegG, weil sie für alle Trassenanmeldungen zum Gelegenheitsverkehr bei diesen beiden Verkehrsarten nach der Regelung der Antragstellerin eine Bearbeitungszeit von vier Wochen zur Folge hat, obwohl eine „besonders aufwändige Bearbeitung“ nicht für alle Fälle dieser Verkehrsarten anzunehmen ist.

Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 ERegG muss der Bearbeiter der Schienenwege über Anträge außerhalb des Netzfahrplans auf Zuweisung einzelner Zugtrassen unverzüglich entscheiden, spätestens jedoch innerhalb von fünf Arbeitstagen. § 56 Abs. 1 Satz 3 ERegG sieht vor, dass der Betreiber der Schienenwege von der Frist nach Satz 1 abweichen kann, wenn die Bearbeitung besonders aufwändig ist.

Die Antragstellerin hat nicht hinreichend dargelegt, dass sämtliche Trassenanmeldungen für die beiden genannten Verkehrsarten eine „besonders aufwändige Bearbeitung“ erfordern und damit eine vierwöchige Frist für die Bearbeitung durch die Antragstellerin rechtfertigen.

Hinsichtlich der in Ziffer 4.2.2.4 der SNB der Antragstellerin genannten Reisezüge ist nicht ersichtlich, dass alle in diese Kategorie fallenden Fallkonstellationen der Trassenanmeldungen einer „besonders aufwändigen Bearbeitung“ bedürfen. Der besondere Aufwand der Bearbeitung als Bedingung für die von § 56 Abs. 1 Satz 3 ERegG zugelassene längere Bearbeitungsfrist ergibt sich für die genannten Reisezüge nicht bereits daraus, dass eine einzelne Trassenanmeldung immer im Zusammenhang mit der gesamten Durchführung des Verkehrs inklusive Leerfahrt und Abstellung zu sehen wäre und diese insoweit aufeinander aufbauenden Trassenanmeldungen grundsätzlich nur der Regelung des § 56 Abs. 1 Satz 3 ERegG unterfielen. Die Sätze 1 und 3 des § 56 Abs. 1 ERegG stehen entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht in einem Alternativitätsverhältnis in dem Sinne zueinander, dass ausschließlich die Anmeldung einer einzelnen Zugtrasse innerhalb von jedenfalls fünf Arbeitstagen bearbeitet werden muss und alle übrigen, in einem betrieblichen Zusammenhang mit anderen Anmeldungen stehenden Trassenanmeldungen der längeren Frist des § 56 Abs. 1 Satz 3 ERegG unterliegen. Der nationale Gesetzgeber hat nicht lediglich für eine isolierte einzelne Trassenanmeldung eine kurze Bearbeitungsfrist von bis zu 5 Arbeitstagen vorsehen wollen. Vielmehr knüpfen die in den Sätzen 1 und 3 des § 56 Abs. 1 ERegG geregelten Fristen an das gleiche Bezugsobjekt, nämlich die einzelne Trasse an. Dies ergibt sich bereits aus der sprachlichen Anknüpfung des § 56 Abs. 1 Satz 3 ERegG an die Frist in Satz 1 der Vorschrift. In der Gesetzesbegründung zu § 56 Abs. 1 ERegG findet die Rechtsansicht der Antragstellerin ebenfalls keinen Anhalt. Vielmehr wird daraus ersichtlich, dass der Gesetzgeber das Ziel einer zügigen Bearbeitung von Trassenanmeldungen in den Vordergrund stellen und lediglich in Ausnahmefällen ein Abweichen von der Frist von bis zu 5 Arbeitstagen zulassen wollte (vgl. BT-Drs. 18/8334, S. 214).

Dieses Ergebnis wird von Art. 48 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2012/34/EG gestützt. Danach sollen Ad-hoc-Anträge so schnell wie möglich und auf jeden Fall binnen fünf Arbeitstagen bearbeitet werden; die Möglichkeit einer Ausweitung der Frist sieht das Unionsrecht anders als das nationale Recht nicht vor. Die Regelung des Art. 48 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2012/34/EG bezieht sich auf die gleiche Form von Trassenanmeldung, die § 56 Abs. 1 ERegG zugrunde liegt. Die Ad-hoc-Anträge im Sinne der Richtlinie 2012/34/EG entsprechen den von der Vorschrift des § 56 Abs. 1 ERegG erfassten Anmeldungen zum Gelegenheitsverkehr.

Auch der konkrete Vortrag der Antragstellerin zu den Faktoren, die die Bearbeitungszeit für die Anmeldungen von Reisezügen verzögern, vermag eine pauschale Zuordnung der Reisezüge zur Kategorie der „besonders aufwändigen Bearbeitung“ nicht zu begründen. Zwar können engere Konstruktionsspielräume bei Trassenanmeldung für den Verkehr von Reisezügen gegenüber dem Güterverkehr, besondere Qualitätsanforderungen der Zugangsberechtigten bei der Trassenbestellung, die Trassenkonstruktion mit mehreren Halten in Personenbahnhöfen und bei Anmeldungen im Taktsystem, das Erstellen von Sicherheitskonzepten und erforderliche Absprachen mit der Bundes- bzw. Landespolizei grundsätzlich Kriterien darstellen, die geeignet sind, die Bearbeitung von Anmeldungen für Reisezugverkehr besonders aufwändig zu gestalten. Allerdings hat die Antragstellerin nicht substantiiert erläutert, dass diese die Bearbeitung der Trassenanmeldungen erschwerenden Umstände typischerweise in allen Fällen der Anmeldung von Reisezügen zum Gelegenheitsverkehr auftreten. Es ist offen geblieben, bei welchem Anteil der Trassenanmeldungen von Reisezügen der von der Antragstellerin abstrakt geschilderte Arbeitsaufwand entsteht. Insbesondere die Schwierigkeiten bei der Trassenkonstruktion für den Verkehr von Reisezügen hat die Antragstellerin lediglich allgemein beschrieben. Die mit Schreiben vom 9. April 2019 am Beispiel eines konkreten Reisezugs geschilderten Arbeitsschritte geben zwar allgemein Aufschluss über die grundsätzlichen internen Abläufe bei der Antragstellerin von der Bestellung bis zum Abschluss einer Trassenkonstruktion. Die tabellarische Aufstellung lässt jedoch keine konkreten zeitlichen Ansätze bezogen auf differenzierte Fallgruppen innerhalb der Verkehrsart Reisezüge erkennen. Der Antragstellerin ist zuzugeben, dass die von dem tatsächlich verwendeten IT-System des Betreibers der Schienenwege hervorgerufenen Schwierigkeiten der Bearbeitung von Trassenanmeldungen in die Bewertung einzustellen sind, ob eine „besonders aufwändige Bearbeitung“ im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 3 ERegG vorliegt. Allerdings ist auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin geschilderten Arbeitsprozesse nicht substantiiert dargetan, dass für alle Anmeldungen von Trassen für den Reisezugverkehr die von der Antragstellerin geltend gemachten zeitintensiven Arbeitsschritte entstehen.

Auch der besondere Aufwand bei der Trassenkonstruktion bei Rückwärtsbearbeitungen über einen Regionalbereich hinaus ist nicht hinreichend konkret dargelegt worden. Die Antragstellerin hat den Mehraufwand bei der Konstruktion der Trassen mit dem Vorrang Ankunft lediglich abstrakt umschrieben. Auch wenn bei einer Rückwärtsbearbeitung über mehrere Regionalbereiche ein erhöhter Aufwand wegen des Abstimmungsbedarfs zwischen den Regionalbereichen entstehen mag, ist dem Vortrag der Antragstellerin nicht zu entnehmen, wie dieser Aufwand quantifizierbar ist und in welchen konkreten Fällen der Rückwärtsbearbeitung er anfällt. Die konkrete Verzögerung des Arbeitsablaufs durch die erst nach Konstruktion des Gesamtlaufwegs mögliche Erstellung und Übermittlung von Fahrplanordnung und Elektronischem Buchfahrplan ist nicht hinreichend dargetan.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird ergänzend auf die zutreffenden Ausführungen unter Ziffer II.1.2.1.1 des angegriffenen Beschlusses Bezug genommen.

Die Anordnung in Ziffer 1 des angegriffenen Beschlusses ist auch nicht ermessensfehlerhaft. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor. Es ist der Antragstellerin zuzumuten, in ihren SNB eine genauere Differenzierung innerhalb der Verkehrsarten Reisezüge und Rückwärtsbearbeitungen zwischen den Fällen normaler und besonders aufwändiger Bearbeitung vorzunehmen, um dem von § 56 Abs. 1 ERegG geregelten Fristenregime zu entsprechen, damit den Interessen der Zugangsberechtigten an einer zügigen Bearbeitung ihrer Trassenanmeldungen im Gelegenheitsverkehr Rechnung getragen wird.

 

c) Auch die auf die Anordnung in Ziffer 1 des angegriffenen Beschlusses bezogene Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4 des Beschlusses erweist sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig. Sie beruht auf § 6, § 13 des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes (VwVG) und § 67 Abs. 1 Satz 2 ERegG. Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor und die Höhe des angedrohten Zwangsgelds ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die anzustellende ergänzende Interessenabwägung führt zu keinem anderen Ergebnis. Besondere Umstände, die es gebieten, von der durch § 68 Abs. 4 ERegG angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit abzuweichen, liegen nicht vor. Zwar führt die Anordnung in Ziffer 1 des Beschlusses zu einer erhöhten personellen und finanziellen Belastung der Antragstellerin, weil sie gehalten ist, die Bearbeitung von Trassenanmeldungen für Reisezüge und Rückwärtsbearbeitungen innerhalb von 5 Arbeitstagen anstelle von bislang 4 Wochen abzuschließen. Diese Belastung steht jedoch nicht außer Verhältnis zu den aus der Anordnung unter Ziffer 1 des angegriffenen Beschlusses folgenden Vorteilen für die Zugangsberechtigten durch die zügige Bearbeitung ihrer Trassenanmeldungen innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist. Auch für den Fall, dass sich die Antragstellerin gegenüber den Zugangsberechtigten im Fall der Überschreitung der Frist zur Bearbeitung von Anmeldungen für Reisezüge und sogenannte Rückwärtsbewegungen schadenersatzpflichtig machte, führt dies nicht zu einem Nachteil, der außer Verhältnis zu dem gesetzlich besonders gewichteten öffentlichen Vollzugsinteresse steht.

 

2. Das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt jedoch das öffentliche Vollzugsinteresse, soweit sich die Antragstellerin gegen die Anordnungen in Ziffer 2 Buchstaben a) bis d) des angegriffenen Beschlusses richtet. Nach der gebotenen summarischen Prüfung ist der Beschluss insoweit rechtswidrig.

 

a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der Anordnung in Ziffer 2 Buchstabe a) in Verbindung mit der Anordnung in Ziffer 2 Buchstabe c) des angegriffenen Beschlusses, soweit darin eine Frist von höchstens zwei Arbeitstagen für die Erteilung einer Auskunft über verfügbare Kapazitätsreserven geregelt ist.

Mit Ziffer 2 Buchstabe a) des angegriffenen Beschlusses wird die Antragstellerin verpflichtet, auf Anfrage eines Zugangsberechtigten Auskunft über verfügbare Kapazitätsreserven für den Gelegenheitsverkehr auf der Grundlage von in der Anfrage angegebenen Zugparametern, unter Berücksichtigung der bekannten Infrastrukturzustände und der bekannten Kapazitätsbelastung durch vorhandene Zugtrassen zu erteilen. Die Auskunft muss dabei den Zugangsberechtigten in die Lage versetzen, eine Entscheidung darüber zu treffen, zu welchen Verkehrszeiten und über welchen Laufweg eine Trassenbestellung angesichts der verfügbaren Kapazität eine Aussicht auf Realisierung hat

Damit wird der Antragstellerin aufgegeben, abhängig von durch einen Zugangsberechtigten angegebenen konkreten Zugparametern eine teilweise individuelle Trassenkonstruktion vorzunehmen. Dies ergibt sich zum einen aus den in Ziffer 2 Buchstabe a) genannten möglichen Wunschkriterien des Zugangsberechtigten (Wunsch-Laufweg, WunschVerkehrszeit, Wunsch-Haltepunkte und Wunsch-Haltezeiten). Zum anderen folgt dies aus dem Umstand, dass in Ziffer 2 Buchstabe a) zugleich klargestellt wird, dass mit der Auskunft keine Garantie dafür verbunden ist, dass der Zugangsberechtigte eine Trassenkonstruktion auch erhalten wird und dass bei unvollständiger Trassenkonstruktion in der Auskunft darzulegen ist, welche Prüfungsschritte unterlassen oder nicht vertieft betrieben wurden. Diese Formulierung zeigt, dass die der Antragstellerin in Ziffer 2 Buchstabe a) aufgegebene Auskunft der Vollkonstruktion einer Trasse nahe kommt.

Zwar spricht nach summarischer Prüfung Vieles dafür, dass die in § 56 Abs. 2 Satz 1 ERegG geregelte Pflicht zur Information über verfügbare Kapazitätsreserven eine solche auf Anfrage eines Zugangsberechtigten von der Antragstellerin vorzunehmende Trassenvorkonstruktion bzw. teilweisen Trassenkonstruktion erfordert. Allerdings überschreitet die Kombination der Anordnung einer Trassenvorkonstruktion in Ziffer 2 Buchstabe a) des angegriffenen Beschlusses mit der zugehörigen Fristsetzung in Ziffer 2 Buchstabe c) des Beschlusses das der Beschlusskammer von § 66 Abs. 3 ERegG eingeräumte Ermessen. Die Pflicht zur Erteilung der Auskunft über verfügbare Kapazitätsreserven für den Gelegenheitsverkehr nach den Vorgaben in Ziffer 2 Buchstabe a) des Beschlusses binnen einer Frist von höchstens zwei Arbeitstagen ist unverhältnismäßig. Hierbei kann wiederum offen bleiben, ob aus § 56 Abs. 2 ERegG bzw. Art. 48 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2012/34/EG trotz fehlender ausdrücklicher Regelung eine Verpflichtung des Betreibers der Schienenwege zu einer Auskunftserteilung innerhalb eines bestimmten Zeitraums folgt. Jedenfalls ist die in Ziffer 2 Buchstabe c) von der Beschlusskammer konkret gewählte Fristenregelung unverhältnismäßig. Ungeachtet des Umstands, dass die Herabsetzung der von der Beschlusskammer gewählten Bezugsgröße aus § 56 Abs. 1 Satz 1 ERegG für die Frist zur Bearbeitung von Anträgen auf Zuweisungen einzelner Zugtrassen nicht näher begründet ist, wahrt diese Auferlegung einer Bearbeitungsfrist die Interessen der Antragstellerin nicht angemessen. Die pauschale Frist von höchstens zwei Arbeitstagen für die Vornahme einer Trassenvorkonstruktion bzw. teilweisen Trassenkonstruktion berücksichtigt nicht hinreichend, dass der Anfrage von Zugangsberechtigten auf Auskunft über verfügbare Kapazitätsreserven auch Wünsche zugrunde liegen können, die bei einer endgültigen Trassenanmeldung eine besonders aufwändige Bearbeitung erforderten und damit der von § 56 Abs. 1 Satz 3 ERegG vorgesehenen über 5 Arbeitstage hinausgehenden Bearbeitungsfrist unterlägen. Auch wenn die von Ziffer 2 Buchstabe a) des angegriffenen Beschlusses verlangte Trassenvorkonstruktion keine Vollkonstruktion darstellt, entspricht sie einer solchen wegen der zahlreichen Zugparameter, die die Zugangsberechtigten in einer Anfrage nach Auskunft über verfügbare Kapazitätsreserven im Sinne von Ziffer 2 des angegriffenen Beschlusses angeben, jedoch weitgehend. Die Antragstellerin hat auch bei der Auskunftserteilung nach den Vorgaben in Ziffer 2 Buchstabe a) des Beschlusses mehrere Schritte vorzunehmen, die ebenfalls im Rahmen einer Trassenvollkonstruktion anfielen. Die Annahme der Antragsgegnerin, dass die im Vorfeld einer besonders aufwändigen Trassenkonstruktion erfolgende Auskunft über verfügbare Kapazitätsreserven nicht notwendigerweise ebenfalls besonders aufwändig ist, erschöpft sich in einer diesbezüglichen Vermutung. Angesichts der weitgehenden Verpflichtung der Antragstellerin in Ziffer 2 Buchstabe a) des Beschlusses hätte es eines zugehörigen Fristenregimes bedurft, das jedenfalls zwischen Auskunftsanfragen, denen unterschiedlich aufwändige Trassenkonstruktionen zugrunde liegen und anderen Auskunftsanfragen differenziert.

Da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Beschlusskammer im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung gem. § 66 Abs. 3 ERegG die Anordnung der Auskunftserteilung auf der Grundlage konkreter Zugparameter auch ohne die zugehörige Fristenregelung aus Ziffer 2 Buchstabe c) des Beschlusses getroffen hätte, unterläge die Anordnung in Ziffer 2 Buchstabe a) des Beschlusses im Hauptsacheverfahren voraussichtlich ebenfalls der Aufhebung. Eine Teilbarkeit der Anordnungen in Ziffer 2 Buchstaben a) und c) des Beschlusses liegt nicht vor, weil nicht ersichtlich ist, dass die Beschlusskammer die Auskunftsverpflichtung auch als selbstständige Regelung gewollt hätte.

 

b) Die in Ziffer 2 Buchstabe b) des angegriffenen Beschlusses geforderte Zurverfügungstellung von Nachweisen über bestehende Kapazitätsreserven ist voraussichtlich ebenfalls rechtswidrig, weil dadurch die äußeren Grenzen des der Beschlusskammer eingeräumten Ermessens überschritten werden.

Durch Ziffer 2 Buchstabe b) des Beschlusses wird der Antragstellerin aufgegeben, einem Zugangsberechtigten auf dessen Verlangen geeignete Nachweise über bestehende Kapazitätsreserven, wie beispielsweise streckenspezifische Sperrzeitendarstellungen, auch unabhängig von einer Auskunftsleistung nach Ziffer 2 Buchstabe a) des angegriffenen Beschlusses zur Verfügung zu stellen.

Diese Verpflichtung verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil sie über die gesetzliche Verpflichtung des Betreibers der Schienenwege in § 56 Abs. 2 Satz 1 ERegG in unangemessener Weise hinausgeht. Die darin geregelte Pflicht zur allgemeinen Erbringung von Nachweisen über bestehende Kapazitätsreserven unabhängig von Planungsparametern für konkrete Trassen übersteigt die von § 56 Abs. 2 Satz 1 ERegG vorgesehene Verpflichtung des Betreibers der Schienenwege und erlegt ihm eine unangemessen belastende zusätzliche Pflicht auf. Der Betreiber der Schienenwege ist gesetzlich lediglich zu einer Bereitstellung von Informationen über verfügbare Kapazitätsreserven für Anmeldungen zum Gelegenheitsverkehr verpflichtet, die im Zusammenhang mit einer Trassenanfrage stehen.

Dies ergibt sich zunächst aus § 56 Abs. 1 Satz 1 ERegG. Nach dieser Vorschrift muss ein Betreiber der Schienenwege Informationen über verfügbare Kapazitätsreserven allen Zugangsberechtigten, die diese Kapazität in Anspruch nehmen können, zur Verfügung stellen, auch durch Einstellung auf seine Internetseite.

Der Wortlaut der Norm bringt einen Zusammenhang der begehrten Informationen zu den Planungswünschen der Zugangsberechtigten zum Ausdruck, indem er denjenigen Zugangsberechtigten ein Auskunftsrecht zuspricht, die „diese Kapazität in Anspruch nehmen können“. Die Informationen sollen nicht abstrakt und losgelöst von den Trassenwünschen der Zugangsberechtigten zur Verfügung gestellt werden, sondern abhängig von einem Bestellwunsch eines Zugangsberechtigten. Dies ist noch deutlicher im Wortlaut des Art. 48 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2012/34/EG angelegt. Danach werden die Informationen über verfügbare Kapazitätsreserven Antragstellern zur Verfügung gestellt, die diese Kapazität eventuell in Anspruch nehmen wollen. Durch diese Formulierung wird der Zusammenhang zu einem Bestellwunsch klarer festgelegt als in der nationalen Umsetzung der Richtlinie. Diesem Verständnis des Wortlauts der Vorschriften auf nationaler und Unionsebene steht die von der Antragsgegnerin angeführte Unterscheidung zwischen den Begriffen „Kapazität“ und „Trasse“ nicht entgegen. Dass § 56 Abs. 2 ERegG lediglich den Begriff der Kapazität und nicht denjenigen der Trasse nennt, ist dem Umstand geschuldet, dass die verfügbaren Kapazitätsreserven Regelungsgegenstand der Norm sind.

Die Erbringung von allgemeinen Nachweisen ist auch nicht als Ersatz für eine gesetzliche Verpflichtung zur Informationsbereitstellung durch Einstellung auf die Internetseite der Antragstellerin geboten. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin wird der Betreiber der Schienenwege durch § 56 Abs. 2 Satz 1 ERegG nicht verpflichtet, von konkreten Anfragen unabhängige allgemeine Informationen über verfügbare Kapazitätsreserven auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. Die Formulierung in § 56 Abs. 2 Satz 1 ERegG [„muss Informationen (…) zur Verfügung stellen, auch durch Einstellen auf seine Internetseite“] ist nicht dahingehend zu verstehen, dass der Betreiber der Schienenwege eine doppelte Art der Informationsbereitstellung durch Beantwortung konkreter Anfragen einerseits und allgemeine Zurverfügungstellung auf seiner Internetseite andererseits schuldet. Zwar suggeriert die Anknüpfung des letzten Halbsatzes in § 56 Abs. 2 Satz 1 ERegG an die zwingende Pflicht zur Verfügungstellung von Informationen, dass auch die konkret genannte Art der Informationsgewährung verpflichtend ist. Dieser Eindruck wird allerdings durch die Gesetzesbegründung zu der Vorschrift ausgeräumt. Darin heißt es ausdrücklich, dass der Betreiber der Schienenwege zusätzlich zu der Auskunftserteilung auf Nachfrage der Zugangsberechtigten Informationen über Kapazitätsreserven in das Internet einstellen kann (vgl. BT-Drs. 18/8334, S. 214 f.).

Auch Art. 48 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2012/34/EG ist eine Verpflichtung der allgemeinen Informationsbereitstellung auf einer Internetseite nicht zu entnehmen.

Sinn und Zweck der Verpflichtung zur Informationsbereitstellung in § 56 Abs. 2 Satz 1 ERegG und Art. 48 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2012/34/EG sprechen ebenfalls für eine Bindung der Informationen an konkrete Bestellwünsche der Zugangsberechtigten. Zweck der Informationsbereitstellung ist es, die Zugangsberechtigten zu befähigen, ihre beabsichtigten Trassenanmeldungen zu optimieren. Dies klingt auch im Erwägungsgrund 62 der Richtlinie 2012/34/EG an. Danach kann das Fehlen von Informationen über Anträge anderer Eisenbahnunternehmen es den Eisenbahnunternehmen erschweren, ihre Anträge auf Zuweisung von Fahrwegkapazität zu optimieren. Die Ausführungen der hinzugezogenen Zugangsberechtigten im Beschlusskammerverfahren bestätigen in tatsächlicher Hinsicht, dass das Informationsbegehren bezüglich Kapazitätsreserven der Vorbereitung optimierter Trassenanmeldungen dient. Es ist nicht ersichtlich, dass die Zugangsberechtigten zur Planung ihrer Verkehre zwingend darauf angewiesen wären, Informationen auch ohne einen Zusammenhang zu konkreten Bestellwünschen zu erhalten.

Die Gesetzesbegründung zu § 56 Abs. 2 ERegG legt nahe, dass Informationen über Kapazitätsreserven jedenfalls nicht völlig abstrakt zur Verfügung gestellt werden müssen. Dadurch wird klargestellt, dass der Betreiber der Schienenwege eine Echtzeitdarstellung aller Kapazitätsreserven deshalb nicht schuldet, weil er nicht absehen kann, welche Leistungen nachgefragt werden. Eine umfassende Verpflichtung zur Information knüpft der Gesetzgeber nur an das konkrete Auskunftsverlangen eines Zugangsberechtigten (vgl. BTDrs. 18/8334, S. 215).

Darüber hinaus hat die Antragstellerin überzeugend dargelegt, dass es in tatsächlicher Hinsicht nicht möglich ist, durch die Bereitstellung von Sperrzeitendarstellungen aus ihrem Konstruktionstool RuT-K eine allgemeine Information über Kapazitätsreserven zur Verfügung zu stellen. Dieses Tool wird nach Angaben der Antragstellerin für die Fahrzeitrechnung und die Konfliktlösung von konkreten Trassenanmeldungen genutzt und ist daher nicht geeignet, eine allgemeine Restkapazität anzuzeigen. Der von Ziffer 2 Buchstabe b) des Beschlusses auferlegten Pflicht kann die Antragstellerin damit nicht durch bloßes Einspeisen der bei ihr ohnehin vorliegenden Informationen nachkommen.

Die zusätzliche Verpflichtung zur allgemeinen Bereitstellung von Informationen über verfügbare Kapazitätsreserven benachteiligt die Antragstellerin auch deshalb unangemessen, weil die Interessen der Zugangsberechtigten bereits mit der von Ziffer 2 Buchstabe a) des angegriffenen Beschlusses vorgesehenen Auskunftserteilung hinreichend gewahrt wären. Wenn sie durch konkrete Anfragen unter Angabe von Zugparametern Auskünfte über verfügbare Kapazitätsreserven erhielten, wäre ihr Bedürfnis nach Informationen zur Planung konkreter Verkehre bereits befriedigt. Da bei einer Auskunft im Sinne der Ziffer 2 Buchstabe a) des Beschlusses bereits konkrete Wünsche der Zugangsberechtigten berücksichtigt würden, kommt einer abstrakten Information über auf einer Strecke in einem Zeitraum verfügbare restliche Kapazität ohne Zusammenhang zu einer konkreten, von Zugparametern bestimmten Trasse kein informatorischer Mehrwert zu. Ein solcher Mehrwert wird auch durch den Umstand in Frage gestellt, dass die Antragstellerin die Trassen im Gelegenheitsverkehr manuell konstruiert. Dass den Zugangsberechtigten eine kostenfreie abstrakte Information über verfügbare Restkapazitäten zur Verfügung stehen muss, lässt sich weder § 56 Abs. 2 ERegG noch Art. 48 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2012/34/EG entnehmen.

Die zugehörige Fristenregelung in Ziffer 2 Buchstabe c) des Beschlusses könnte angesichts ihrer Anknüpfung an die im Hauptsacheverfahren voraussichtlich aufzuhebende Pflicht zur Nachweiserbringung in Ziffer 2 Buchstabe b) des Beschlusses nicht für sich genommen bestehen bleiben.

 

c) Sind die die Ziffern 2 Buchstabe a) und b) des Beschlusses rechtswidrig, kann die daran anknüpfende Regelung in Ziffer 2 Buchstabe d) isoliert keinen Bestand haben.

 

3. Schließlich fällt die Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin aus, soweit sie sich gegen Ziffer 3 des angegriffenen Beschlusses wendet. Die darin getroffene Anordnung erweist sich nach summarischer Prüfung als rechtswidrig. Sie ist insgesamt unverhältnismäßig, weil sie der Antragstellerin in unangemessener Weise eine Pflicht auferlegt, die von den gesetzlichen Vorgaben nicht gedeckt ist.

Unter Ziffer 3 des angegriffenen Beschlusses wird die Antragstellerin zum einen verpflichtet, in ihren SNB anzugeben, welche Bewertungsmaßstäbe sie bei der Prüfung gem. § 56 Abs. 3 ERegG, ob Kapazitätsreserven vorzuhalten sind, anwenden wird und einen Zeitplan hinsichtlich der Verfahrensschritte sowie das für das Prüfungsergebnis vorgesehene Veröffentlichungsmedium anzugeben. Zum anderen wird der Antragstellerin aufgegeben, in ihre SNB die Maßnahmen aufzunehmen, die sie für den Fall der Feststellung eines Bedarfs an Kapazitätsreserven ergreifen wird, um die Vorhaltung von Kapazitätsreserven im Netzfahrplan sicherzustellen.

Weder die im angegriffenen Beschluss enthaltenen Pflichten zur Darlegung der Verfahrensschritte der Prüfung gem. § 56 Abs. 3 ERegG unter Angabe eines Zeitplans und des Veröffentlichungsmediums noch die Pflicht zur Erläuterung der Maßnahmen zur Vorhaltung von Kapazitätsreserven sind gesetzlich vorgegeben. Mit den in Ziffer 4.2.1.17 der SNB geregelten Angaben zu der Prüfung nach § 56 Abs. 3 ERegG in Verbindung mit den Erläuterungen zum Verfahren in ihrem Schriftsatz vom 4. Juni 2019 wird die Antragstellerin ihren gesetzlichen Verpflichtungen aus § 56 Abs. 3, § 10, § 19 Abs. 3 Satz 2 und Anlage 3 Nr. 3 Satz 5 ERegG bereits gerecht. Dabei ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin die in ihrem Schreiben vom 4. Juni 2019 geschilderten Verfahrensschritte auch einhalten wird.

Nach § 56 Abs. 3 ERegG hat der Betreiber der Schienenwege zu prüfen, ob es auch für Fälle des § 55 ERegG erforderlich ist, Kapazitätsreserven innerhalb des fertig erstellten Netzfahrplans vorzuhalten, um auf vorhersehbare Anträge auf Zuweisung von Schienenwegkapazität außerhalb des Netzfahrplans schnell reagieren zu können. In diese Prüfung sind mindestens die Anträge einzubeziehen, die innerhalb der letzten zwei Netzfahrplanperioden außerhalb des Netzfahrplans gestellt worden sind. Danach schuldet der Betreiber der Schienenwege lediglich eine Analyse der vorherzusehenden Anträge auf Kapazitätszuweisung außerhalb des Netzfahrplans, die jedenfalls die Anmeldungen zum Gelegenheitsverkehr innerhalb der letzten beiden Netzfahrplanperioden berücksichtigt.

Die Bewertungskriterien für die Prüfung voraussichtlich erforderlicher Kapazitäten für den Gelegenheitsverkehr sind gesetzlich weder explizit vorgegeben noch vorgezeichnet. Dies belegt auch die Gesetzesbegründung, die lediglich den Zweck der Vorschrift betont, nicht aber Anhaltspunkte für die Verfahrensschritte der anzustellenden Prüfung enthält (vgl. BTDrs. 18/8334, S. 215).

Dies gilt ebenfalls für die von der Beschlusskammer hier vermisste Gewichtung der von dem Betreiber der Schienenwege ermittelten Informationen. Es obliegt diesem selbst, ein geeignetes Prüfverfahren zu entwickeln. Hierzu zählen auch die Festlegung eines Zeitplans für die Verfahrensschritte sowie die Wahl des für die Veröffentlichung des Prüfergebnisses vorgesehenen Mediums.

Insbesondere sieht § 56 Abs. 3 ERegG keine Einbeziehung der Zugangsberechtigten in das Prüfungsverfahren vor. Auch der Umstand, dass in § 56 Abs. 3 Satz 3 ERegG der Prüfung lediglich eine Vergangenheitsbetrachtung unter Berücksichtigung der Anmeldungen zum Gelegenheitsverkehr innerhalb der letzten beiden Netzfahrpanperioden zugrunde zu legen ist, spricht dafür, dass die Antragstellerin gerade nicht verpflichtet ist, Stellungnahmen der Zugangsberechtigten noch in dem Prüfungsverfahren selbst einzubeziehen, um die Bewertungskriterien für ihre Prüfung zu ermitteln. Dass ein Prüfungsverfahren unter Beteiligung der Zugangsberechtigten jenseits der rechtlichen Verpflichtung sinnvoll sein kann, bleibt davon unberührt.

Zwar folgt aus § 56 Abs. 3 ERegG die Pflicht der Antragstellerin, Kapazitäten für Anmeldungen außerhalb des Netzfahrplans in dem Umfang vorzuhalten, der dem Ergebnis ihrer Prüfung im Sinne des § 56 Abs. 3 Satz 1 ERegG entspricht. Allerdings sind dem Gesetz keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass es einer konkreten Darlegung der Maßnahmen bedarf, die der Betreiber der Schienenwege ergreift, um ausreichend Kapazitäten für den Gelegenheitsverkehr vorzuhalten. Diesbezüglich schuldet der Betreiber der Schienenwege lediglich den Erfolg, dass der durch die Prüfung gem. § 56 Abs. 3 Satz 1 ERegG ermittelte Bedarf an Kapazitäten für den Gelegenheitsverkehr auch vorgehalten wird.

Eine weitergehende Pflicht der Antragstellerin sowohl hinsichtlich der Prüfungsschritte als auch der Anforderungen an das Vorhalten der Kapazitäten für den Gelegenheitsverkehr ergibt sich auch nicht aus dem Transparenzgebot des § 10 Abs. 1 ERegG oder der Verpflichtung aus Anlage 3 Nummer 3 Satz 5 ERegG, Angaben darüber zu machen, welche Maßnahmen getroffen wurden, um eine angemessene Behandlung der Güterverkehrsdienste, der grenzüberschreitenden Verkehrsdienste und der Anträge außerhalb des Netzfahrplans sicherzustellen. Diese Regelungen sind nicht geeignet, die ausschließlich in § 56 Abs. 3 ERegG geregelten Anforderungen an die Prüfung des Bedarfs nach vorzuhaltenden Kapazitätsreserven bzw. an das Vorhalten dieser Kapazitäten auszudehnen. Die der Antragstellerin bei der Prüfung der Kapazitätsreserven gesetzlich auferlegten Prüfungsschritte sind in § 56 Abs. 3 ERegG abschließend geregelt. Die Vorschriften des § 10 Abs. 1 ERegG und Nummer 3 Satz 5 der Anlage 3 ERegG können in diesem Zusammenhang nur Pflichten zur Veröffentlichung gesetzlich an anderer Stelle bestimmter Prüfungsschritte regeln, jedoch nicht den inhaltlichen Pflichtenkreis der Antragstellerin selbstständig erweitern.

Die nach diesem Maßstab erforderlichen Angaben zum Prüfverfahren hat die Antragstellerin in Ziffer 4.1.2.17 der SNB bereits hinreichend berücksichtigt. Danach stellt sie die gesetzlich geforderte Vergangenheitsbetrachtung an und teilt darüber hinaus mit, aus welchen Informationsquellen sie die der Prüfung zugrundeliegenden Daten entnimmt. Da die Angabe von Bewertungskriterien, eines Zeitplans für die Verfahrensschritte und eines Veröffentlichungsmediums nicht gesetzlich gefordert sind, verstößt das Fehlen entsprechender Erklärungen hierzu in den SNB der Antragstellerin nicht gegen das ERegG, insbesondere auch nicht gegen § 19 Abs. 3 Satz 2 und Anlage 3 Nr. 3 Satz 5 ERegG. Den Interessen der Zugangsberechtigten wird hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass nach Angaben der Antragstellerin das Ergebnis der Prüfung den Zugangsberechtigten vor Erstellung des Netzfahrplans durch die Kundeninformation präsentiert wird. Damit besteht eine hinreichende Möglichkeit, einen - eventuell erstmals entstehenden - erhöhten Bedarf an Kapazität außerhalb des Netzfahrplans noch rechtzeitig mitzuteilen. Eine Implementierung der Erläuterungen zum Prüfungsverfahren im Schreiben der Antragstellerin vom 4. Juni 2019 in ihre SNB ist nicht - auch nicht durch § 19 Abs. 3 Satz 2 und Anlage 3 Nr. 3 Satz 5 ERegG - geboten. Die daraus zu entnehmende Verfahrensgestaltung konkretisiert lediglich die mit Ziffer 4.1.2.17 der SNB ohnehin bereits erfolgte hinreichende Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben durch die Antragstellerin.

An der Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kann grundsätzlich kein öffentliches Vollzugsinteresse bestehen. Hier bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass eine ergänzende Interessenabwägung geboten wäre.

 

4. Das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt schließlich, soweit sie sich mit ihrer Klage gegen die auf die Anordnungen in Ziffer 2 und 3 des angegriffenen Beschlusses bezogene Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4 des Beschlusses wendet. Da hinsichtlich der Anordnung in Ziffern 2 und 3 des Beschlusses die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin angeordnet ist, ist die auf diese Anordnungen bezogene Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4 des Beschlusses voraussichtlich rechtswidrig, weil es an der Vollziehbarkeit des jeweils zu vollstreckenden Grund-Verwaltungsakts fehlt.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Für jede Anordnung des angegriffenen Beschlusses zur Änderung der SNB der Antragstellerin war ein Streitwert von 50.000 EUR anzusetzen. Dieser Betrag war im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren, vgl. Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Gericht VG Köln
Typ Beschluss
Datum 09.03.2020
Normen § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO; § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO; § 68 Abs. 4 Satz 1 ERegG; § 77 Abs. 6 ERegG; § 66 Abs. 3, 4 Nr. 1 ERegG, § 68 Abs. 3 ERegG; § 56 Abs. 1, 2, 3 ERegG; Art. 48 Abs. 1 Satz 1, 2 der Richtlinie 2012/34/EG; § 6 VwVG; § 13 VwVG; § 67 Ab
Stichworte Überprüfung der SNB; Verstoß gegen Gebot rechtlichen Gehörs aus § 77 Abs. 6 ERegG; Gesetzgeber stellt Ziel zügiger Bearbeitung von Trassenanmeldungen in den Vordergrund; in Ausnahmefällen Abweichen von Frist von bis zu 5 Arbeitstagen (§ 56 ERegG)

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