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VG Köln, Beschluss vom 05.03.2015

Az.: 18 L 494/15

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Beschluss

[...]

1. Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selber trägt.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 75.000,- Euro festgesetzt.

 

Gründe

Der Antrag,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 25.2.2015 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.2.2015 der Antragsgegnerin anzuordnen,

hilfsweise,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 25.2.2015 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.2.2015 anzuordnen, soweit die Antragsgegnerin der Beigeladenen aufgibt, bei der Entscheidung über den beabsichtigten Abschluss des Rahmenvertrages R0541-2016-2025 die Vorgabe zu beachten, dass nicht mehr als zwei rahmenvertragliche Bandbreiten zwischen N. und W. pro Stunde und je Fahrtrichtung vergeben werden dürfen,

hat insgesamt keinen Erfolg.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs anordnen, wenn das Interesse der Antragstellerin am vorläufigen Aufschub der Vollziehung das öffentliche Interesse an der nach § 37 AEG gesetzlich vorgesehenen sofortigen Vollziehung des Bescheids überwiegt. Dies ist der Fall, wenn sich der Bescheid bei der im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig erweist, da an der sofortigen Vollziehung rechtswidriger Bescheide ein öffentliches Interesse nicht bestehen kann. Die Frage der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts ist jedoch regelmäßig nur insoweit zu berücksichtigen, als sie schon bei summarischer Prüfung überschaubar ist. Eine abschließende Überprüfung des angefochtenen Bescheides ist nicht gefordert.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.8.2000 - 20 B 959/00 - m. w. N.

Nach diesem Maßstab geht die Prüfung zulasten der Antragstellerin aus. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass sich der Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig erweist. Vielmehr spricht nach dieser Prüfung Vieles für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids.

Dabei ist die Antragsgegnerin zu Recht davon ausgegangen, dass sie die Rahmenverträge nach § 14e Abs. 1 Nr. 3 AEG am Maßstab des § 13 EIBV zu prüfen hat. Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang europarechtliche Bedenken geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass die von ihr genannten europarechtlichen Vorgaben lediglich Mindestvorgaben darstellen, die den nationalen Gesetzgeber nicht hindern, im Rahmen des nationalen Rechts strengere regulierungsrechtliche Regelungen zu treffen. Mit Rücksicht darauf sind – strengere – Regelungen der EIBV europarechtlich nicht zu beanstanden. Die Kammer geht nach summarischer Prüfung davon aus, dass die Antragsgegnerin die Vorgaben des § 13 EIBV vorliegend in rechtlich nicht zu beanstandender Weise angewandt hat. Ferner bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken dagegen, die genannten Bestimmungen der EIBV als Maßstab für die Prüfung eines gerade zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen abzuschließenden Rahmenvertrages heranzuziehen. Die Antragstellerin hat als Newcomerin keinen Anspruch darauf, regulierungsrechtlich besser gestellt zu werden als andere Zugangsberechtigte.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22.07.2009 -13 B 830/09 -, DVBl 2009, 1315.

Vielmehr steht ihr auch als Zugangsberechtigte, die neu in den Markt eintritt, nur das Recht auf diskriminierungsfreien Zugang nach § 14 Abs. 1 AEG, aber kein Anspruch auf eine weiter gehende Besserstellung zu.

Der Widerspruch gegen den beabsichtigten Abschluss des Rahmenvertrages zwischen der Beigeladenen und der Antragstellerin hinsichtlich der in Ziffer 1 des Bescheides vom 20.2.2015 genannten Bandbreiten begegnet keinen rechtlichen Bedenken, weil die der Antragsgegnerin vorgelegten Rahmenverträge für den streitgegenständlichen Streckenabschnitt N. - W. nicht den Vorschriften des Eisenbahnrechts über den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur entsprechen. Die von der Beigeladenen beabsichtigten Bandbreitenzuweisungen verstoßen wegen ihrer Anzahl und Dichte gegen § 13 Abs. 1 Sätze 3 und 4 sowie gegen § 13 Abs. 2 EIBV.

Die konstruierten rahmenvertraglichen Bandbreiten gewährleisten nicht die Verfügbarkeit von mindestens drei Zugtrassen pro Bandbreite, § 13 Abs. 1 Satz 3 EIBV, und weisen im Ergebnis sogar bereits (konkrete) Zugtrassen zu, § 13 Abs. 1 Satz 4 EIBV. Das folgt aus den Streckenverhältnissen, aufgrund derer die Zugfolgezeit auf der Relation N. - W. ca. 15 Minuten und in der Gegenrichtung ca. 12 bzw. 18 Minuten beträgt. Um die Verfügbarkeit von drei Zugtrassen pro Bandbreite sicherstellen zu können, müsste pro Bandbreite auch eine Schienenwegkapazität für drei Trassen vorhanden sein. Bei der vorgegebenen Zugfolgezeit von ca. 15 Minuten und ca. 12 bzw. 18 Minuten lassen die definierten Bandbreiten von lediglich +/- 5 Minuten indes nicht die Konstruktion von mindestens drei Trassen zu. Die Bandbreiten sind vielmehr so gering bemessen, dass innerhalb der definierten Bandbreiten nicht mehr als eine Schienenwegkapazität und somit nicht mehr als eine Trasse konstruiert werden kann. Im Ergebnis würden deshalb mit Abschluss der vorgelegten Rahmenverträge keine Bandbreiten, sondern bereits gleichsam konkrete Zugtrassen zugewiesen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird Bezug genommen auf die ausführliche Darstellung der Antragsgegnerin auf Seite 4 der Antragserwiderung vom 4.3.2015 und die beigefügte Anlage AG 2. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin erfasst § 13 Abs. 1 Satz 4 EIBV auch Vereinbarungen, die – wie hier – eine konkrete Trassenzuweisung bewirken.

Aufgrund der Anzahl und Dichte der beabsichtigten Bandbreitenzuweisungen für den Streckenabschnitt N. - W. wird zugleich auch die Auslastungsgrenze des § 13 Abs. 2 Satz 1 EIBV massiv überschritten. Bereits nach den Angaben der Beigeladenen in der Mitteilung nach § 14d Satz 1 Nr. 4 AEG vom 26.1.2015 wird die Streckenkapazität insbesondere in den Hauptverkehrszeiten durch rahmenvertraglich gebundene Kapazitäten weit über 75 % ausgeschöpft. Nach den Berechnungen der Beigeladenen liegt die Ausschöpfung der Streckenkapazität durch die beabsichtigten Rahmenverträge für den Streckenabschnitt zwischen N. und L. für den Zeitraum zwischen 4.00 Uhr und 8.00 Uhr bei 106,2 %, zwischen 8.00 Uhr und 12.00 Uhr bei 123,7 %, zwischen 12.00 Uhr und 16.00 Uhr bei 150,5 %, für den Zeitraum von 16.00 Uhr und 20.00 Uhr bei 124 % und für den Zeitraum zwischen 20.00 Uhr und 24.00 Uhr bei 97,3 %. Lediglich zwischen 0.00 Uhr und 4.00 Uhr beträgt die Auslastung 9,0 %. Dahin stehen kann, ob die von der Beigeladenen angewandte Berechnungsmethode auch für eingleisige Streckenabschnitte hinreichend aussagekräftig ist und deshalb bereits für sich gesehen den Rückschluss auf eine Vollauslastung oder Überlastung der Strecke zulässt. Jedenfalls sind die von der Beigeladenen ermittelten Werte von deutlich über 100 % ein gewichtiges Indiz für eine besonders starke Auslastung des Streckenabschnitts. Die Überschreitung der Auslastungsgrenze wird im Übrigen auch von der Antragstellerin nicht dezidiert bestritten. Sie folgt überdies aus den Zeit-Wege-Diagrammen der Antragsgegnerin, Bl. 110 ff der Verwaltungsvorgänge, in denen auch die nach Zuweisung der beantragten Bandbreiten verbleibenden freien Kapazitäten abgebildet werden. Der schematischen Darstellung ist ebenfalls zu entnehmen, dass bei der Zuweisung der in Rede stehenden Bandbreiten nahezu keine Restkapazitäten für weitere Verkehre verblieben, die nicht rahmenvertraglich abgesichert werden.

Bei der Belegungsgrenze von 75 % handelt es sich zwar um keine starre Obergrenze, sondern um eine Sollvorschrift, die auch Überschreitungen zulässt. Da bei der beabsichtigten Zuweisung der in Rede stehenden 139 Bandbreiten nahezu keine Restkapazitäten für den Gelegenheitsverkehr verblieben, spricht Überwiegendes dafür, dass der von der Beigeladenen angeführte Grund – die Ausschöpfung der Streckenkapazität durch rahmenvertraglich gebundene Kapazitäten sei die Folge von vertakteten oder ins Netz eingebundenen Verkehrs – die Überschreitung der Auslastungsgrenze nicht zu rechtfertigen vermag. Denn auch eine rahmenvertragliche Absicherung vertakteten oder ins Netz eingebundenen Verkehrs vermag nicht den nahezu vollständigen Ausschluss weiterer Verkehre, die nicht rahmenvertraglich abgesichert werden, zu rechtfertigen.

Auch Ziffer 2 des Bescheides erweist sich bei der hier allein gebotenen summarischen Prüfung aller Voraussicht nach als rechtmäßig. Das gilt insbesondere für die Vorgabe, bei der erneuten Entscheidung über den Abschluss des Rahmenvertrages zwischen N. und W. pro Stunde und je Fahrtrichtung nicht mehr als zwei rahmenvertragliche Bandbreiten zu vergeben und sämtliche Bandbreiten zwischen N. - W. und Gegenrichtung auf jeweils mindestens +/- 18 Minuten auszudehnen.

Die Antragsgegnerin hat nachvollziehbar dargetan, dass es aufgrund der Systematik der Strecke, die nur eine Zugfolge von ca. 15 Minuten und in der Gegenrichtung von ca. 12 bzw. 18 Minuten zulässt, der angeordneten Ausdehnung der Bandbreiten bedarf, um die Verfügbarkeit von drei Zugtrassen pro Bandbreite sicherstellen zu können, § 13 Abs. 1 Satz 3 EIBV. Dem mit Schriftsatz vom 4.3.2015 beigefügten Schaubild AG 3 ist überdies zu entnehmen, dass unter den betrieblichen Bedingungen des streitgegenständlichen Streckenabschnitts innerhalb dieser Bandbreite nur dann drei Trassen zur Verfügung stehen, wenn gleichzeitig jede zweite verfügbare Kapazität frei bleibt. Dem Schaubild ist zu entnehmen, dass es in dem Fall, in dem auf der in dem Schaubild dargestellten freibleibenden Linie eine weitere Bezugslinie für eine Bandbreite läge, zu einem Konflikt mit der vorangegangenen und der nachfolgenden Bezugslinie käme. Dieser Konflikt hätte zur Folge, dass für die diese Bezugslinien betreffenden Bandbreiten nicht drei mögliche Trassen konstruiert werden könnten. Diesen Ausführungen der Antragsgegnerin ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegen getreten. Der Einwand der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe die Vorgabe allenfalls auf drei rahmenvertraglichen Bandbreiten pro Stunde und je Fahrtrichtung beschränken dürfen, vermag deshalb bei summarischer Prüfung nicht durchzudringen. Darüber hinaus sind sowohl die Beigeladene als auch die Antragsgegnerin den Kapazitätsbetrachtungen der Antragstellerin dezidiert entgegen getreten.

Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung geht die Kammer davon aus, dass die Antragstellerin, die nicht Adressatin des Bescheides ist, nicht beschwert ist.

Auch der Hilfsantrag hat keinen Erfolg, weil sich die angeordneten zwei Bandbreiten aus den betrieblichen Gegebenheiten ergeben und deshalb bei der Vergabe diesbezüglicher Rahmenverträge zwingend zu beachten sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Auch die Interessenabwägung im Übrigen geht nicht zu Gunsten der Antragstellerin aus. Zum einen ist von der gesetzlichen Vorgabe des § 37 AEG auszugehen, zum anderen hat die Antragstellerin nicht darüber hinausgehende besonders schwere Nachteile glaubhaft gemacht, die vorliegend eine andere Entscheidung gebieten würden. Der Antragstellerin ist es unbenommen, fahrplanmäßige Zugverkehre auch unabhängig von Rahmenverträgen anzumelden und damit getätigte Investitionen zu amortisieren. Ein rechtlich geschütztes Interesse, als Newcomerin hier besser gestellt zu werden, hat die Antragstellerin nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 3 Halbsatz 1VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.

Gericht VG Köln
Typ Beschluss
Datum 05.03.2015
Normen § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO; § 14 Abs. 1 AEG; § 14e Abs. 1 Nr. 3 AEG. § 37 AEG; § 13 Abs. 1 EIBV;
Stichworte Prüfung von Rahmenverträgen; europarechtliche Vorgaben – lediglich Mindestvorgaben; nationale regulierungsrechtliche Regelungen; Recht auf diskriminierungsfreien Zugang; rahmenvertraglichen Bandbreiten; Bandbreitenzuweisungen;

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