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VG Kassel, vom 13.03.2000

Az.: 2 E 3146/95

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Urteil:

- 2 E 3146/96 VG Kassel

Wegen Eisenbahnrechts hat das Verwaltungsgericht Kassel durch Richter am VG Steinberg als Einzelrichter der 2. Kammer ohne mündliche Verhandlung am 10.03.2000 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten der Beklagten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leistet.

 

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung hinsichtlich der Bepflanzung und Pflege von Lärmschutzwällen der Bahnstrecke Hannover-Würzburg, welche im Gemeindegebiet der Klägerin gelegen sind.

Mit Planfeststellungsbeschluss vom 20.12.1988 wurde von der Deutschen Bundesbahn der Plan für den Bau der Bundesbahnneubaustrecke Hannover-Würzburg im Bereich des Planfeststellungsabschnittes 11 von Km 1140, 129 bis km 1144, 420 in der Gemeinde f. festgestellt.

Zu den Einwendungen der Klägerin hieß es auf Seite 52 f. des Planfeststellungsbeschlusses u.a.:

„Auf der Grundlage der landschaftspflegerischen Begleitplanung wird der zu erstellende Bepflanzungsplan in Abstimmung mit der Gemeinde f. erstellt. Bezüglich der künftigen Unterhaltungs- und Pflegekosten wird mit der Gemeinde f. im Rahmen einer Verwaltungsvereinbarung eine einvernehmliche Regelung getroffen“.

m Mai 1989 ermittelte die Firma E. in Kassel im Auftrag der Deutschen Bundesbahn hinsichtlich der Unterhaltungs- und Pflegekosten eine Gesamtablösesumme von 1.454.397,10 DM, welche von der Klägerin jedoch als zu niedrig abgelehnt wurde.

Die entsprechenden Bepflanzungsmaßnahmen wurden durch die Deutsche Bundesbahn im Jahre 1993 abgeschlossen. Unter dem 16.08.1995 holte die Klägerin ein Gutachten ein, wonach die fraglichen Lärmschutzwälle unzureichend bepflanzt seien und die Pflege vernachlässigt werde.

Mit Schriftsatz vom 30.08.1995, bei Gericht eingegangen am 01.09.1995, hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, sie habe einen Anspruch auf Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung bezüglich der Unterhaltungs- und Pflegekosten der Lärmschutzwälle. Dies ergebe sich insbesondere aus der einschlägigen Regelung des Planfeststellungsbeschlusses.

Die Beklagte sei auch passivlegitimiert, da das Eisenbahn-Bundesamt Adressat für Anordnungen und Anträge aller Art in bezug auf hoheitliche Rechtsverhältnisse sei, die vor der Eisenbahnneuordnung begründet worden seien. Die Verpflichtung, mit der Klägerin eine Verwaltungsvereinbarung bezüglich der Bepflanzung und Unterhaltung der Lärmschutzwälle zu treffen, sei eine hoheitliche Obliegenheit, die von der Deutschen Bahn AG nicht erfüllt werden könne. Das Eisenbahn-Bundesamt werde daher als Rechtsnachfolger der ehemaligen Vorhabenträgerin Deutsche Bundesbahn in Anspruch genommen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Annahme folgender Verwaltungsvereinbarung zu erklären: „Die Gemeinde f. und die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Eisenbahn-Bundesamt, dieses vertreten durch seinen Präsidenten, sind sich darüber einig, dass die auf der Seite der Gemeinde f. gelegenen bepflanzten Lärmschutzwälle der Bahnstrecke Hannover-Würzburg, im Bereich der km 1140, 129 bis km 1144, 420, gegen eine angemessene Ablösesumme von der Gemeinde f. bewirtschaftet und gepflegt werden,"

hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, die Lärmschutzwälle, die im Bereich der Bahnstrecke Hannover-Würzburg zwischen den Bahnkilometern 1140, 129 und 1144, 420 im Bereich der Gemeinde f. gelegen sind, gemäß dem beiliegenden landschaftspflegerischen Begleitplan zu bepflanzen und zu pflegen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie führt aus, die Klägerin könne vom Eisenbahn-Bundesamt nicht den Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung verlangen. Diesen Anspruch könne sie nur gegen die Vorhabenträgerin Deutsche Bahn Netz AG geltend machen, die den unternehmerischen Bereich der ehemaligen Deutschen Bundesbahn darstelle. Nichts anderes ergebe sich aus der von der Klägerin vorgelegten Entscheidung des OVG Lüneburg vom 13.03.1997, da auch in diesem Verfahren der aus einem Planfeststellungsbeschluss resultierende Anspruch gegen den Vorhabenträger gerichtet worden sei.Vorhabenträger sei aber vorliegend seinerzeit der unternehmerische Teil der ehemaligen Deutschen Bundesbahn gewesen bzw. sei jetzt die Deutsche Bahn Netz AG. An dieser Tatsache habe die Bahnreform nichts geändert. Gleiches gelte im Übrigen für den Hilfsantrag der Klägerin. Die Unterhaltung von Ausgleichs- und Ersatzflächen für die Neubaustrecke Hannover-Würzburg könne nur dem Vorhabenträger Deutsche Bahn Netz AG und nicht der Planfeststellungsbehörde Eisenbahn-Bundesamt obliegen.

Mit Beschluss vom 17.02.1999 hat die Kammer die Deutsche Bahn AG, vertreten durch den Vorstand, Regionalbüro Frankfurt am Main, zum Verfahren beigeladen.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, der Planfeststellungsbeschluss vom 20.12.1983 räume der Klägerin kein Recht auf Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung ein. Von der Zahlung einer Ablösesumme sei schon gar keine Rede. Im Übrigen sei nach Abschluss der Bepflanzungsmaßnahmen eine Pflege und Unterhaltung der Lärmschutzwälle nicht erforderlich. Die in dem von der Klägerin vorgelegten Sachverständigengutachten zitierte DIN-Vorschrift sei nicht einschlägig, da ein Lärmschutzwall keine Grünfläche sei, die gepflegt werde müsse.

Am 26.05.1999 hat ein Erörterungstermin vor dem Berichterstatter stattgefunden. Insoweit wird auf die einschlägige Niederschrift (vgl. Blatt 145 der Gerichtsakte) verwiesen.

Mit Beschluss von 28.02.00 hat die Kammer gemäß § 6 Abs. 1 VwGO den Rechtsstreit dem Berichterstatter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (4 Ordner und 1 Heft) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

Das Gericht entscheidet im schriftlichen Verfahren gem. § 101 Abs. 2 VwGO, da sämtliche Beteiligte insoweit ihr Einverständnis erklärt haben.

Die Klage kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die Beklagte nicht passivlegitimiert ist. Im Einzelnen gilt folgendes:

Die Passivlegitimation bezeichnet, dass der Beklagte nach materiellem Recht zu der vom Kläger begehrten Leistung oder Unterlassung verpflichtet ist, bzw. dass ihm gegenüber vom Kläger die begehrte Gestaltung oder Feststellung verlangt werden kann (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 11. Aufl., vor § 40 Rdnr. 28). Dies ist hinsichtlich der Beklagten jedoch nicht der Fall, da der Abschluss der von der Klägerin begehrten Verwaltungsvereinbarung nicht in den Aufgabenbereich des Eisenbahn-Bundesamtes fällt. Bereits das Bundesbahngesetz vom 13.12.1951 - BbG - sah eine Zweiteilung der Deutschen Bundesbahn vor, nämlich in einen unternehmerischen Bereich (vgl. § 4 Abs. 1 BbG) sowie einen Verwaltungsbereich (vgl. § 6 BbG). Der unternehmerische Teil der Deutschen Bundesbahn war Vorhabenträger beim Bau der planfestgestellten Neubaustrecke Hannover-Würzburg, der vom Behördenteil der Deutschen Bundesbahn gem. § 36 Abs. 4 BbG den Planfeststellungsbeschluss vom 20.12.1983 mit den darin enthaltenen Vorgaben erhielt. Dies bedeutet, dass sich die Regelung auf Seite 53 oben des Planfeststellungsbeschlusses, wonach bezüglich der künftigen Unterhaltungs- und Pflegekosten mit der Gemeinde f. im Rahmen einer Verwaltungsvereinbarung eine einvernehmliche Regelung getroffen werden soll, an den Vorhabenträger und damit den unternehmerischen Teil der Deutschen Bundesbahn gerichtet hat. An dieser Zweiteilung der Deutschen Bundesbahn hat auch die Bahnreform nichts geändert. Gem. § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Zusammenführung und Neugliederung der Bundeseisenbahnen - BENeugIG - ist das Bundeseisenbahnvermögen in zwei Bereiche gegliedert, nämlich den unternehmerischen Bereich und den Verwaltungsbereich. Der unternehmerische Teil umfasst das Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen sowie das Betreiben der Eisenbahninfrastruktur, d. h. unter anderem den Bau und die Unterhaltung von Schienenwegen. Gem. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Gründung einer Deutschen Bahn AG - DBGrG - ist dann aus dem Bundeseisenbahnvermögen die Deutsche Bahn AG ausgegliedert worden. Gegenstand dieses Unternehmens ist gem. § 3 Abs. 1 DBGrG u. a. das Betreiben der Eisenbahninfrastruktur, wozu insbesondere Bau und Unterhaltung der Schienenwege zählen. Dem Eisenbahn-Bundesamt, welches aus dem Verwaltungsbereich des Bundeseisenbahnvermögens heraus errichtet wurde, obliegen gem. § 3 Abs. 2 des Gesetzes über die Eisenbahnverkehrsverwaltung des Bundes - EVerkVerwG - insbesondere die Planfeststellung für die Schienenwege von Eisenbahnen des Bundes sowie die Ausübung der Eisenbahnaufsicht. Aus alledem ergibt sich, dass der Abschluss der von der Klägerin geforderten Verwaltungsvereinbarung sowohl vor der Bahnreform als auch danach durchgehend im unternehmerischen Bereich angesiedelt war, da es bei der Pflege der fraglichen Lärmschutzwälle um einen Teil des Betreibens einer Eisenbahn geht (siehe auch § 2 Abs. 3 Allgemeines Eisenbahngesetz - AEG -).

Nichts anderes ergibt sich aus der von der Klägerin vorgelegten Entscheidung des OVG Lüneburg vom 13.03.1997 - 3 L 7404/94 -. Streitgegenstand dieses Verfahrens war der Vollzug einer einem Planfeststellungsbeschluss beigefügten Auflage. Vorhabenträger war seinerzeit ein Deichverband, Planfeststellungsbehörde die zuständige Bezirksregierung. Wie sich dem Urteil des OVG Lüneburg entnehmen lässt, richtete sich die Klage gegen den Deichverband, die zuständige Bezirksregierung war lediglich beigeladen. Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass Vorhabenträger zunächst der unternehmerische Teil der ehemaligen Deutschen Bundesbahn war bzw. jetzt die Deutsche Bahn Netz AG ist. Planfeststellungsbehörde war der behördliche Teil der Deutschen Bundesbahn bzw. ist jetzt das Eisenbahn-Bundesamt. Die Klage hätte demnach auch hier gegen den Vorhabenträger Deutsche Bahn AG (jetzt: Deutsche Bahn Netz AG) gerichtet werden müssen.

Schließlich greift auch der Einwand der Klägerin nicht, die Beigeladene sei privatrechtlich organisiert und könne deshalb nicht auf Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung verklagt werden. Vielmehr ist es ausreichend, dass zumindest ein Vertragspartner Rechtsträger, des öffentlichen Rechts ist (vgl. Kopp, VwVfG, 6. Aufl., § 54 Rdnr. 10 m. w. N.), was hinsichtlich der Klägerin der Fall ist.

Gleiches gilt im Übrigen für den Hilfsantrag der Klägerin. Die Bepflanzung und Pflege der fraglichen Lärmschutzwälle obliegt ebenfalls dem Vorhabenträger und damit der Beigeladenen, nicht jedoch der Planfeststellungsbehörde.

Nach alledem war die Klage insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

Gericht VG Kassel
Datum 13.03.2000
Normen § 2 AEG, § 18 AEG, § 4 BbG, § 6 BbG, § 36 BbG, § 3 BENeuglG, § 3 DBGrG, § 3 EVerkVerwG
Stichworte Planungsrecht der ehem. DB; Passivlegitimation des EBA; Vorhabenträgerschaft, Übergang von DB auf DB Netz AG; Verwaltungsvereinbarung, beteiligtenbezogene Voraussetzungen

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