Beschluss
[...]
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 5. März 2015 geändert.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Bundesnetzagentur vom 20. Februar 2015 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1. tragen je zur Hälfte die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 150.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist ein öffentliches Eisenbahninfrastrukturunternehmen. Die Beigeladene zu 1. und die Beigeladene zu 2. sind Eisenbahnverkehrsunternehmen. Die Antragstellerin bietet den Abschluss von Rahmenverträgen an. Für die Rahmenfahrplanperiode vom 13. Dezember 2015 bis zum 12. Dezember 2020 richteten die Beigeladenen Rahmenvertragsanmeldungen an die Antragstellerin. Die Beigeladene zu 1. stellte einen Antrag für Personenfernverkehre auf den Streckenabschnitten A. Süd nach D. Hbf (Zugnummer 9_ _7 ) sowie D. Hbf nach A. Süd (Zugnummer 9_ _8). Dabei gab sie bezüglich der Zugnummer9_ _7 im Abschnitt „Zeit- und Laufwegsangaben“ ohne Abfahrtszeit und kursiv gedruckt vor A. Süd „Paris“ an und ergänzte im Bemerkungsfeld „Zug kommt von Paris“ sowie im Bemerkungsfeld zu A. Süd „Übergabenzeit von Infrabel, kein Halt“. Bei der Zugnummer 9_ _8 gab sie bei den Zeit- und Laufwegsangaben am Ende kursiv gesetzt an „Weiter nach Paris“ und in den Bemerkungsfeldern „Übergabenzeit an Infrabel, kein Halt“ sowie „Zug fährt weiter nach Paris“. Im Formularfeld „Bemerkungen des Kunden“ hieß es zu beiden Anmeldungen: „Nicht alle Halte im Ausland genannt, maßgeblich für Konstruktion: Übergabezeit nach Belgien = angegebene Zeit in A. Süd“. Die Beigeladene zu 2. meldete Rahmenvertragskapazitäten für Personenverkehre auf den Streckenabschnitten Er. Pbf nach K. Hbf (Zugnummer 2_ _6) sowie K. Hbf nach Er. Pbf (Zugnummer2_ _7) an. Darüber hinaus erhielt die Antragstellerin weitere Anmeldungen von Rahmenverträgen durch Dritte
Am 26. Januar 2015 teilte die Antragstellerin der Bundesnetzagentur gemäß § 14d Satz 1 Nr. 4 AEG mit, sie beabsichtige, der Beigeladenen zu 2. ein Angebot zu unterbreiten und die Anmeldung der Beigeladenen zu 1. abzulehnen. Zwischen den Zugnummern 9_ _7 und 2_ _7 bestehe ein Primärkonflikt im Abschnitt K. Hbf - D. Hbf und zwischen den Zugnummern 9_ _8 und 2_ _6 ein Primärkonflikt im Abschnitt E. Hbf - K. Hbf. Das Koordinierungsverfahren sei ergebnislos verlaufen, das Regelentgeltverfahren zugunsten der Beigeladenen zu 2. ausgegangen, da ihr Regelentgelt jeweils bei rund 4,5 Millionen Euro, das der Beigeladenen jeweils bei rund 2 Millionen Euro liege.
Nach vorheriger Anhörung widersprach die Bundesnetzagentur durch Bescheid vom 20. Februar 2015 dem beabsichtigten Abschluss eines Rahmenvertrages zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2. (Ziffer 1) und der beabsichtigten Ablehnung eines Rahmenvertrages mit der Beigeladenen zu 1. (Ziffer 2). Ferner verpflichtete sie die Antragstellerin, über den beabsichtigten Abschluss und die beabsichtigte Ablehnung von Rahmenverträgen im Umfang der Ziffern 1 und 2 unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 4. März 2015 neu zu entscheiden und das Ergebnis der beabsichtigen Entscheidung unverzüglich gemäß § 14d Satz 1 Nr. 4 AEG mitzuteilen (Ziffer 3). Zur Begründung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, die Antragstellerin habe zu Unrecht das Vorrangkriterium „grenzüberschreitende Zugtrassen“ unberücksichtigt gelassen und durch die unvollständige Prüfung dieses Kriteriums und die Anwendung des Regelentgeltverfahrens gegen § 9 Abs. 4 EIBV verstoßen.
Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch. Ihren Antrag vom 27. Februar 2015, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 26. Februar 2015 gegen den Bescheid der Bundesnetzagentur vom 20. Februar 2015 anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht Köln durch Beschluss vom 5. März 2015 abgelehnt. Dagegen hat die Antragstellerin am 6. März 2015 Beschwerde erhoben.
II.
Die zulässige Beschwerde, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Rahmen der von der Antragstellerin dargelegten Gründe befindet, ist begründet.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Regelung der Vollziehung zu Unrecht abgelehnt. Die nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Interessenabwägung geht, ausgehend vom Beschwerdevorbringen, zu Gunsten der Antragstellerin aus, weil sich der angegriffene Bescheid bei summarischer Prüfung als rechtswidrig erweist.
1. Rechtsgrundlage der Ziffern 1 und 2 des Bescheids ist § 14e Abs. 1 Nr. 3 AEG. Danach kann die Regulierungsbehörde nach Eingang einer Mitteilung nach § 14d Satz 1 Nr. 4 AEG innerhalb von vier Wochen den beabsichtigten Entscheidungen über den Abschluss eines Rahmenvertrags widersprechen, soweit sie nicht den Vorschriften des Eisenbahnrechts über den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur entsprechen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hier nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur verstoßen der beabsichtigte Abschluss eines Rahmenvertrags mit der Beigeladenen zu 2. und die Ablehnung eines Rahmenvertrags mit der Beigeladenen zu 1. für die oben genannten Strecken nicht gegen § 13 Abs. 10 i. V. m. § 9 Abs. 4 EIBV. Anderweitige Rechtsverstöße sind weder dargetan noch ersichtlich.
Liegen – was hier bezüglich der beiden Beigeladenen unstreitig der Fall ist – Anträge auf Abschluss eines Rahmenvertrags über zeitgleiche, nicht miteinander zu vereinbarende Nutzungen vor und kommt eine Einigung nicht zustande, hat der Betreiber der Schienenwege nach § 13 Abs. 10 Satz 1 EIBV nach der Zweckbestimmung des Rahmenvertrags in entsprechender Anwendung des § 9 Abs. 4 bis 6 EIBV zu entscheiden. Nach § 9 Abs. 4 Satz 1 EIBV soll der Betreiber der Schienenwege in folgender Reihenfolge entscheiden: 1. vertakteter oder ins Netz eingebundener Verkehr, 2. grenzüberschreitende Zugtrassen, 3. Zugtrassen für den Güterverkehr. Bei der Entscheidung zwischen gleichrangigen Verkehren nach dieser Vorschrift hat der Betreiber der Schienenwege gemäß § 9 Abs. 5 EIBV die Entgelte für die streitigen Zugtrassen gegenüberzustellen und nach dessen Satz 1 Nr. 1 bei einem Konflikt zwischen zwei Zugtrassen der Zugtrasse den Vorrang einzuräumen, bei der das höchste Regelentgelt zu erzielen ist.
Die danach hier getroffenen Entscheidungen der Antragstellerin sind rechtlich nicht zu beanstanden. Beide Beigeladenen begehren den Abschluss eines Rahmenvertrags für ins Netz eingebundenen Verkehr im Sinne des nach § 13 Abs. 10 Satz 1 EIBV entsprechend anwendbaren § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EIBV. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, führt dies nicht unmittelbar zur Anwendung des Regelentgeltverfahrens nach § 9 Abs. 5 EIBV, sondern erfordert zunächst die Prüfung, ob der Rahmenvertrag der Absicherung grenzüberschreitender Zugtrassen im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EIBV dient (nachfolgend a.). Grenzüberschreitende Zugtrassen im Sinne dieser Vorschrift sind nur solche, die zwischen den Betreibern der Schienenwege in mindestens zwei verschiedenen Mitgliedstaaten der EU im Wege der Vereinbarung nach §§ 7, 8 EIBV konstruiert worden sind (b.). Dieses Begriffsverständnis gilt grundsätzlich auch bei konfligierenden Rahmenvertragsanmeldungen (c.). Die Anmeldung der Beigeladenen zu 1. erfüllt dieses Vorrangkriterium nicht (d.). Die deshalb gebotene Entscheidung der Antragstellerin nach dem Regelentgeltverfahren ist rechtlich nicht zu beanstanden (e.).
a. § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EIBV ist bei der Entscheidung über konfligierende Rahmenvertragsanmeldungen entsprechend anwendbar. § 13 Abs. 10 Satz 1 EIBV verweist allgemein auf § 9 Abs. 4 bis 6 EIBV, ohne einzelne Bestimmungen auszunehmen. § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EIBV ist nicht deshalb von vornherein unanwendbar, weil mit einem Rahmenvertrag gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 EIBV keine Zugtrassen zugewiesen, sondern nur Bandbreiten für die Benutzung von Schienenwegkapazität (Zeitfenster) vereinbart werden. § 13 Abs. 10 Satz 1 EIBV ordnet die entsprechende Anwendung an. Maßgeblich für die Prioritätsentscheidung ist die Zweckbestimmung des Rahmenvertrags zur Sicherstellung des vertakteten oder ins Netz eingebundenen Verkehrs, grenzüberschreitender Zugtrassen oder von Zugtrassen für den Güterverkehr.
Vgl. BR-Drs. 249/05, S. 51; Döbber, in: Kunz (Hrsg.), Eisenbahnrecht, Band II, Stand 40. Ergänzungslieferung 2014, § 13 EIBV, Rn. 94.
Entscheidend ist also, ob die Schienenwegkapazitäten, die mit der Vereinbarung einer Bandbreite im Rahmenvertrag abgesichert werden sollen, die Kriterien des § 9 Abs. 4 Satz 1 EIBV erfüllen.
§ 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EIBV ist auch nicht deshalb unbeachtlich, weil beide Beigeladenen wegen der Netzeingebundenheit das Vorrangkriterium Nr. 1 erfüllen. Die Gleichrangigkeit auf dieser Stufe führt zur Prüfung nach dem nächsten Kriterium Nr. 2, entgegen der Auffassung der Antragstellerin aber nicht unmittelbar zur Anwendung des § 9 Abs. 5 EIBV. Das Regelentgeltverfahren kommt erst dann zum Zuge, wenn nach den in § 9 Abs. 4 Satz 1 EIBV vorgegebenen Kriterien keine Konfliktlösung möglich ist.
So auch Gerstner, in: Hermes/Sellner (Hrsg.), Beck'scher AEG-Kommentar, 2. Auflage 2014, § 14 Rn. 259 f.; Schwecke, in: Kunz (Hrsg.), Eisenbahnrecht, a. a. O., § 9 EIBV Rn. 14.
Erst wenn nach Abarbeitung der Prioritätskriterien keine Entscheidung möglich ist, wenn also entweder keiner der Zugangsberechtigten ein Vorrangkriterium oder jeweils beide eines oder mehrere Kriterien erfüllen, soll das höchste Regelentgelt entscheidend sein. Dies folgt, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, aus der ausdrücklichen Festlegung einer Prioritätenreihenfolge in § 9 Abs. 4 Satz 1 EIBV. Die Antragsgegnerin hat auch zu Recht ergänzend darauf verwiesen, dass wegen der regelmäßigen Erfüllung des ersten Vorrangkriteriums durch die Zugangsberechtigten die beiden weiteren Kriterien sonst weitgehend leer liefen. Die Antragstellerin kann sich für ihre abweichende Rechtsauffassung ferner nicht auf § 9 Abs. 5 Satz 2 EIBV berufen. Danach kann der Betreiber der Schienenwege abweichend vom Regelentgeltverfahren nach Satz 1 dem vertakteten Schienenpersonennahverkehr den Vorrang einräumen, wenn zwischen vertaktetem Schienenpersonennahverkehr und anderem Verkehr nach Absatz 4 Nr. 2 zu entscheiden ist. Die Vorschrift regelt eine Konfliktlösung bei gleichrangigen Verkehren nach Absatz 4 Nr. 1; die Erwähnung des Absatzes 4 Nr. 2 ist ein Redaktionsversehen. Mit der vierten Verordnung zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften ist die Priorítätenreihenfolge in § 9 Abs. 4 Satz 1 EIBV geändert worden – aus Nr. 2 (vertakteter oder ins Netz eingebundener Verkehr) wurde Nr. 1 (bisher: grenzüberschreitende Zugtrassen). Der Verordnungsgeber hat es aber offensichtlich versäumt, die Änderung auch in § 9 Abs. 5 Satz 2 EIBV nachzuvollziehen. Für eine beabsichtigte Rechtsänderung insoweit lässt sich der Verordnungsbegründung (BR-Drs. 294/09) nichts entnehmen.
b. Grenzüberschreitende Zugtrassen im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EIBV sind Schienenwegkapazitäten, die mindestens eine Grenze eines Mitgliedstaats der Europäischen Union überschreiten und die von den jeweiligen Betreibern der Schienenwege im Wege der Vereinbarung konstruiert worden sind. Für die Anwendung des Vorrangkriteriums reicht es hingegen nicht aus, dass Trassen für internationale, grenzüberschreitende Zugverkehre begehrt werden.
Der in § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EIBV verwendete Begriff der grenzüberschreitenden Zugtrasse ist zwar in den Begriffsbestimmungen des § 2 EIBV nicht enthalten. § 2 Nr. 1 EIBV definiert nur die „Zugtrasse“ als denjenigen Anteil der Schienenwegkapazität eines Betreibers der Schienenwege, der erforderlich ist, damit ein Zug zu einer bestimmten Zeit zwischen zwei Orten verkehren kann. Damit wird aber schon deutlich, dass es nicht um den Verkehr auf der Schiene, sondern die Schienenwegkapazität als Voraussetzung eines Verkehrs geht. Zudem lässt sich eine Begriffsbestimmung den §§ 7 und 8 EIBV entnehmen, in denen der – aus der entsprechenden Richtlinienvorgabe in Art. 15 Richtlinie 2001/14/EG übernommene – Terminus „grenzüberschreitende Zugtrassen“ verwendet wird. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EIBV sind die inländischen Schienenwegbetreiberverpflichtet, mit den Betreibern der Schienenwege in den anderen Mitgliedstaaten der EU zusammenzuarbeiten. § 7 Abs. 1 Satz 2 EIBV bestimmt, dass sie insbesondere im Rahmen des Transeuropäischen Schienengüternetzes grenzüberschreitende Zugtrassen vereinbaren sollen. Die weiteren Regelungen in § 7 Abs. 1 bis 3 EIBV enthalten konkretisierende Vorgaben für die Zusammenarbeit. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr.1 EIBV sind – in Umsetzung von Anhang III Nr. 4 Richtlinie 2001/14/EG – vorläufige grenzüberschreitende Zugtrassen spätestens elf Monate vor Inkrafttreten des Netzfahrplans in Zusammenarbeit mit den anderen betroffenen, die Zuweisung vornehmenden Stellen im Wege der Zusammenarbeit nach § 7 festzulegen. Daraus folgt: Grenzüberschreitende Zugtrassen sind grenzüberschreitende Schienenwegkapazitäten, die zwischen den Schienenwegbetreibern vereinbart werden, ohne dass es hierfür einer vorherigen, konkreten Anmeldung eines Eisenbahnverkehrsunternehmens bedarf. Es geht also um die Schaffung vorgefertigter internationaler Zugtrassen,
vgl. Heinrichs/Bartkowski, in: Kunz (Hrsg.), Eisenbahnrecht, a. a. O. § 7 EIBV, Rn. 28,
die im Voraus, d. h. vor Beginn der eigentlichen Netzfahrplanerstellung, im Wege der Vereinbarung konstruiert werden.
Vgl. amtl. Begründung zu § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EIBV, BR-Drs. 249/05, S. 41; Gerstner, in: Hermes/Sellner (Hrsg.), Beck'scher AEG-Kommentar, a. a. O., § 14 Rn. 92/93; Döbber, in: Kunz (Hrsg.), Eisenbahnrecht, a. a. O., § 8 EIBV, Rn. 4; s. auch Art. 14 Abs. 3 Verordnung (EU) Nr. 913/2010.
Die Eisenbahnverkehrsunternehmen können sodann gemäß § 6 Abs. 2 EIBV, der auch für Zugtrassen nach §§ 7, 8 EIBV gilt,
so auch Heinrichs/Bartkowski, in. Kunz (Hrsg.), Eisenbahnrecht, a. a. O., § 7 EIBV, Rn. 11,
die Zuweisung einer solchen grenzüberschreitenden Zugtrasse bei einem der Betreiber der betroffenen Schienenwege beantragen.
Aus diesen systematischen Erwägungen und dem abweichenden Wortlaut folgt, dass die grenzüberschreitende Zugtrasse im Sinne der Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung nicht mit dem grenzüberschreitenden Verkehr gleichgesetzt werden kann, der in § 2 Abs. 2a AEG (grenzüberschreitender Güterverkehr) und § 2 Abs. 2b AEG (grenzüberschreitender Personenverkehr) definiert wird. Auch die differenzierte Formulierung der übrigen Vorrangkriterien spricht gegen die Gleichsetzung von Zugtrasse und Verkehr. § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EIBV stellt ab auf (vertakteten oder ins Netz eingebundenen) Verkehr, Nr. 3 der Vorschrift auf Zugtrassen für den Güterverkehr. Dies zugrundegelegt ist anzunehmen, dass der Verordnungsgeber, wäre es ihm in § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EIBV – abweichend von den vorstehenden Vorschriften §§ 7 und 8 EIBV – umfassend um Zugtrassen für den grenzüberschreitenden Verkehr gegangen, auch so formuliert hätte.
Sinn und Zweck des § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EIBV bestätigen diese Auffassung. Das Vorrangkriterium dient nicht allgemein der Stärkung des internationalen Verkehrs, sondern soll gewährleisten, dass die mit erheblichem Aufwand vereinbarten grenzüberschreitenden Zugtrassen genutzt werden. Dies ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte. Zwar heißt es in der Begründung zur Schaffung der EIBV zu § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EIBV (damals: Nr. 1): „Die Definition eines grenzüberschreitenden Verkehrs befindet sich in § 2 Abs. 2a AEG.“ (BR-Drs. 249/05, S. 43). Aus diesem von der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 2. angeführten einen Satz, der auch als Erläuterung des Definitionselements „grenzüberschreitend“ gedeutet werden könnte, kann aber nicht geschlossen werden, der Verordnungsgeber habe letztlich den grenzüberschreitenden Verkehr als Vorrangkriterium etabliert. Dies gilt auch deshalb, weil § 2 Abs. 2a AEG nur den grenzüberschreitenden Güterverkehr definiert, das Vorrangkriterium aber – unstreitig – nicht nur den Güterverkehr erfasst. Abgesehen davon streitet die ausführlichere und jüngere, die heutige Fassung des § 9 Abs. 4 EIBV betreffende amtliche Begründung der vierten Änderungsverordnung (BR-Drs. 294/09), mit der die Prioritätenreihenfolge zulasten der grenzüberschreitenden Zugtrassen geändert wurde, für die Rechtsauffassung des Senats. Den grenzüberschreitenden Verkehr sah der Verordnungsgeber ausreichend durch die Zusammenarbeit nach § 7 EIBV gesichert (BRDrs. 294/09, S8). Ferner wird auch ein klarer Bezug des § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EIBV zu §§ 7, 8 EIBV hergestellt, in dem dort ausgeführt wird: „Anträge auf Zuweisung von Zugtrassen im grenzüberschreitenden Verkehr, die sich auf die von den Betreibern der Schienenwege im Rahmen der Zusammenarbeit vereinbarten vorläufigen Zugtrassen beziehen, sind vorrangig vor Anträgen für den innerstaatlichen Verkehr in diesem Bereich.“
Dieses Begriffsverständnis entspricht dem Unionsrecht und der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung. Der Begriff der grenzüberschreitenden Zugtrassen wird auch in den Richtlinienvorgaben dahingehend verstanden, dass die Betreiber der Infrastruktur im Voraus im Wege der Vereinbarung grenzüberschreitende Zugtrassen einrichten. Nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14/EG arbeiten die Betreiber der Infrastruktur im Interesse einer effizienten Schaffung und Zuweisung von Fahrwegkapazität über mehrere Netze hinweg zusammen (Satz 1) und richten grenzüberschreitende Zugtrassen ein (Satz 2). Im Rahmen dieser Zusammenarbeit bewerten sie gemäß Art. 15 Abs. 4 der Richtlinie 2001/14/EG den Bedarf an grenzüberschreitenden Zugtrassen und schlagen gegebenenfalls deren Einrichtung vor (Uabs. 1); diese im Voraus vereinbarten grenzüberschreitenden Zugtrassen sind Antragstellern über einen der beteiligten Betreiber der Infrastrukturzugänglich zu machen (Uabs. 2). 21 Abs. 4 der Richtlinie 2001/14/EG verlangt, dass die Grundsätze des Koordinierungsverfahrens in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen festzulegen sind und dass sie der Schwierigkeit Rechnung tragen, grenzüberschreitende Zugtrassen zu vereinbaren. Soweit der 31. Erwägungsgrund dieser Richtlinie die Erhöhung der Attraktivität der Schiene im grenzüberschreitenden Verkehr erwähnt und darin die Absicht zum Ausdruck kommt, diesen zu fördern, geschieht dies lediglich im Zusammenhang mit der Forderung, eine bessere Koordinierung der Zuweisungsregelungen sicherzustellen. Die geforderte Zusammenarbeit bei der Zuweisung von Fahrwegkapazität in mehreren Netzen ist im erwähnten Art. 15 der Richtlinie 2001/14/EG geregelt, der wiederum mit § 7 EIBV umgesetzt wird. Art. 22 der Richtlinie 2001/14/EG bestimmt – nur für die Netzfahrplanerstellung – zu den Vorrangkriterien in Abs. 4 Uabs. 1 lediglich, dass diese dem gesellschaftlichem Nutzen eines Verkehrsdienstes Rechnung zu tragen haben, und in Absatz 5, dass die Bedeutung der Güterverkehrsdienste, insbesondere der grenzüberschreitenden Güterverkehrsdienste, bei der Festlegung von Vorrangkriterien angemessen zu berücksichtigen ist. Art. 14 Abs. 3 Verordnung (EU) Nr. 913/2010 regelt, wie „im Voraus vereinbarte grenzüberschreitende Zugtrassen für Güterzüge nach dem Verfahren gemäß Artikel 15 der Richtlinie 2001/14/EG“ festzulegen sind, und streitet damit ebenfalls für das hier zugrundegelegte Verständnis des Begriffs „grenzüberschreitende Zugtrassen“. Dies gilt im Übrigen auch für die schon in Kraft befindliche Richtlinie 2012/34/EU, deren Umsetzungsfrist aber erst am 16. Juni 2015 abläuft. Sie regelt in Art. 40 Abs. 5 die Einrichtung grenzüberschreitender Zugtrassen.
c. Das vorstehend erläuterte Begriffsverständnis der grenzüberschreitenden Zugtrassen, dem bei entsprechender Auslegung die Schienennetz-Benutzungsbedingungen der Antragstellerin folgen, gilt grundsätzlich auch im Rahmen des § 13 Abs. 10 Satz 1 EIBV. Die dort bestimmte entsprechende Anwendung des § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EIBV erfordert ggf. bestimmte Modifikationen, insbesondere weil nach § 13 Abs. 1 Satz 4 EIBV eine bestimmte grenzüberschreitende Zugtrasse im Rahmenvertrag nicht zugewiesen werden darf. Sie bedeutet allerdings nicht, dass alle Rahmenvertragsanmeldungen Vorrang haben, die grenzüberschreitende Verkehre sichern sollen. Dies widerspräche dem Grundsatz, Begrifflichkeiten innerhalb eines Gesetzes einheitlich auszulegen. Für ein derart abweichendes Verständnis bei der Konfliktlösung von Rahmenverträgen fehlen jegliche Anknüpfungspunkte. Inhalt eines Rahmenvertrags sind nach § 14a Abs. 1 AEG, § 2 Nr. 9 EIBV Vereinbarungen in Bezug auf die Nutzung von Zugtrassen. Dieser gesetzlich bestimmte Regelungsgegenstand spricht dafür, auch bei einer entsprechenden Anwendung des § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EIBV beim Begriff der (grenzüberschreitenden) Zugtrassen zu bleiben und nicht von einer Synonymität der Begriffe Zugtrassen und Verkehre auszugehen. Auch das Unionsrecht fordert nicht, bei Konfliktentscheidungen über Rahmenverträge grenzüberschreitenden Verkehren Vorrang einzuräumen. Für die in Art. 17 der Richtlinie 2001/14/EG geregelten Rahmenverträge ist weder ein Konfliktlösungsverfahren noch eine Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten vorgesehen. Es besteht nach dieser Vorschrift nicht einmal eine Verpflichtung, Rahmenverträge anzubieten, erst recht aber keine solche, mit diesen Bandbreiten für Schienenwegkapazitäten und so eine deutlich verbesserte Rechtsstellung bei der jährlichen Zuweisung von Zugtrassen einzuräumen. Nach Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14/EG „kann“ mit einem Antragsteller ein Rahmenvertrag geschlossen werden (Satz 1), der keine Zugtrassen im einzelnen regelt, aber so gestaltet sein sollte, dass er den legitimen kommerziellen Erfordernissen des Antragstellers entgegenkommt (Satz 3).
Hiervon ausgehend ist maßgeblich, ob der Rahmenvertrag dem Zweck dient, die Nutzung von zwischen den Betreibern der Schienenwege im Wege der Vereinbarung konstruierten grenzüberschreitenden Schienenwegkapazitäten abzusichern. Die rahmenvertraglich zu vereinbarenden Bandbreiten müssen sich auf grenzüberschreitende Zugtrassen im Sinne der §§ 7, 8 EIBV beziehen.
Es kann offen bleiben, ob mit der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2. davon auszugehen ist, dass dies ausscheidet, solange es internationale Rahmenverträge nicht gibt, d. h. mit einem Rahmenvertrag zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1. nach § 14a Abs. 1 AEG i.V.m. § 13 EIBV nur Bandbreiten für nationale Kapazitäten, nicht aber für eine ganze grenzüberschreitende Zugtrasse vereinbart werden können, Mit Ablauf der Umsetzungsfrist der Recast-Richtlinie am 16. Juni 2015 dürfte sich dies ändern; Art. 40 Abs. 1 Satz 1 Richtlinie 2012/34/EU bestimmt, dass die Infrastrukturbetreiber auch bei Rahmenverträgen zur Schaffung von netzübergreifender Fahrwegkapazität zusammenarbeiten.
Offen bleiben kann weiterhin, ob für die Anwendung des § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EIBV zumindest ein angrenzender Rahmenvertrag zu fordern ist, woran es hier fehlt. Der belgische Infrastrukturbetreiber In. hat auf Anfrage der Antragstellerin schriftlich mitgeteilt, es bestehe kein Rahmenvertrag mit der Beigeladenen zu 1. Für ein solches Erfordernis ließe sich anführen, dass nur so die grenzüberschreitende Trasse in ihrer Gesamtheit gesichert werden kann. Allerdings verlangen die unionsrechtlichen Vorgaben zum Rahmenvertrag in Art. 17 der Richtlinie 2001/14/EG, wie ausgeführt, weder das Angebot von Rahmenverträgen noch die Einräumung von Bandbreiten für Schienenwegkapazitäten in angebotenen Rahmenverträgen. Deshalb wird ein Rahmenvertrag hiesiger Art etwa in Belgien wohl auch nicht angeboten, wie die Beigeladene zu 1. vorgetragen hat.
Selbst wenn man annimmt, dass jedenfalls derzeit die Zweckbestimmung eines für eine innerdeutsche Strecke begehrten Rahmenvertrags auch dann in der Sicherstellung grenzüberschreitender Zugtrassen liegt, wenn die abzusichernde Relation Teil einer – bisher konstruierten oder für die nächste Netzfahrplanperiode bereits vorläufig festgelegten oder aus sonstigen Gründen hinreichend wahrscheinlich für die Laufzeit der Rahmenfahrplanperiode zu erwartenden – grenzüberschreitenden Zugtrasse ist und das Eisenbahnverkehrsunternehmen die Absicht hat, die grenzüberschreitende Zugtrasse insgesamt in Anspruch zu nehmen, sind die hier streitgegenständlichen Entscheidungen der Antragstellerin nicht eisenbahnrechtswidrig. Für ein solches Verständnis, das sich noch im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EIBV halten dürfte, könnte sprechen, dass es ein Leerlaufen des Vorrangkriteriums verhinderte.
d. Die Anmeldung der Beigeladenen zu 1. ist nicht nach § 13 Abs. 10 Satz 1 EIBV i. V. m. § 9 Abs.4 Satz 1 Nr. 2 EIBV vorrangig. Zweckbestimmung des begehrten Rahmenvertrags ist nach der hier nur möglichen summarischen Prüfung nicht die Sicherstellung grenzüberschreitender Zugtrassen im zuletzt genannten Sinne. Der abzusichernde Streckenabschnitt D. Hbf - A. Süd mag Teil eines grenzüberschreitenden Verkehrs sein, er ist aber nach den dem Senat zur Verfügung stehenden Erkenntnissen nicht Teil einer durch die Betreiber der Infrastruktur nach §§ 7, 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EIBV konstruierten grenzüberschreitenden Zugtrasse (ab/bis Paris).
Die Beigeladene zu 1. hat schon in der Anmeldung des Rahmenvertrags keine grenzüberschreitende Zugtrasse, sogar nicht einmal einen konkreten internationalen Laufweg angegeben. Sie hat nur deutsche Halte benannt und lediglich allgemein und ohne Konkretisierung des Haltepunkts die Stadt Paris erwähnt. Ferner hat sie angegeben, maßgeblich für die Konstruktion sei die Übergabezeit nach Belgien. Das steht der Inanspruchnahme einer bereits zuvor durch die Betreiber der Infrastruktur in den betroffenen Mitgliedstaaten vereinbarten grenzüberschreitenden Trasse entgegen.
Ferner ergibt sich aus den nachvollziehbaren und belegten Angaben der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren, dass weder bisher noch für die künftige Netzfahrplanperiode eine grenzüberschreitende Zugtrasse im Sinne des § 7, § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EIBV konstruiert worden ist oder wird, deren Teil die hier streitige Strecke ist. Das Vorbringen der Beigeladenen zu 1. im Beschwerdeverfahren – unterstellt, die mitgeteilten Tatsachen sind unabhängig davon berücksichtigungsfähig, ob sie der Antragstellerin bei ihrer Entscheidung und der Antragsgegnerin bei Bescheiderlass bekannt gewesen sind –, bestätigt dies.
Die Schienenwegkapazität für den grenzüberschreitend verkehrenden Thalys, um dessen Gesamttrasse es nach den Angaben von Antragsgegnerin und Beigeladener zu 1. im gerichtlichen Verfahren geht, wurde nach den übereinstimmenden Darstellungen der Beteiligten bislang durch Aneinanderreihung einzelner nationaler Trassen geschaffen. Dabei koordinierten nach der ausführlichen Darlegung der Beigeladenen zu 1. zunächst die nationalen Eisenbahnverkehrsunternehmen ihre Strecken und Anmeldungen zum Netzfahrplan und übermittelten diese an die nationalen Infrastrukturbetreiber. Nach Bestätigung der Verfügbarkeit bzw. Fahrbarkeit – nicht zu verwechseln mit der Zuweisung der Trasse – durch die Betreiber der Schienenwege in den vier Mitgliedstaaten, die sich insoweit ggf. abstimmten, beantragte jedes Eisenbahnverkehrsunternehmen beim Infrastrukturbetreiber in seinem Mitgliedstaat durch Anmeldung zum Netzfahrplan die Zuweisung der nationalen Trasse. Wie die Beigeladene zu 1. selbst vorträgt, war jede Seite (SNCF, SNCB, NS, DB Fernverkehr AG) für die Sicherung der Schienenwegkapazitäten für die auf ihrem Gebiet befindliche Strecke verantwortlich. Damit liegt aber keine vorgefertigte internationale Zugtrasse vor, die im Voraus durch die Betreiber der Schienenwege – im Übrigen unter Beteiligung der EU-Kommission (Vgl. § 7 Abs. 1 Satz 4 EIBV) – im Wege der Vereinbarung konstruiert und dann als gesamte grenzüberschreitende Zugtrasse vergeben wird.
Das Zusammenwirken von Eisenbahnverkehrs- und -infrastrukturunternehmen und die koordinierte Klärung der Anfragen der nationalen Eisenbahnverkehrsunternehmen durch die Infrastrukturbetreiber der vier Mitgliedstaaten über das erwähnte „Path Coordination System“ (PCS-System) im „One Stop Shop“ (OSS-Prinzip) sowie etwaige Abstimmungen bei der Netzfahrplanerstellung genügen nach vorläufiger Einschätzung des Senats nicht den Anforderungen an die Konstruktion einer grenzüberschreitenden Zugtrasse nach §§ 7, 8 EIBV, Art. 15 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2001/14/EG. Ein solches Verfahren einer im Voraus durch die Betreiber der Infrastruktur vereinbarten grenzüberschreitenden Zugtrasse ist auch in dem von der Beigeladenen zu 1. angeführten Leitfaden des Verbands der Infrastrukturbetreiber in Europa, Rail Net Europe (RNE), „Verfahren für internationale Trassenanmeldungen“, nicht niedergelegt. Dort ist ausweislich der Ziffern 1 und 3 vielmehr beschrieben, wie Eisenbahnverkehrsunternehmen während ihrer strategischen und operativen Planungsphasen den Infrastrukturbetreibern ihre Vorhaben mitteilen, Informationen erhalten sowie die Durchführung von Studien und internationale Trassen beantragen können. Auch die Antragsgegnerin hat ausgeführt, dass die Abstimmung mit den anderen Infrastrukturbetreibern im Zusammenhang mit der Trassenanmeldung zum Netzfahrplan erfolgt.
Für die kommende Netzfahrplanperiode 2016 ist ebenfalls keine (vorläufige) grenzüberschreitende Zugtrasse nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EIBV geschaffen worden – die Frist ist inzwischen abgelaufen. Zudem hat die Beigeladene zu 1. mitgeteilt, die künftige Art und Weise der Trassenanmeldung entspreche dem in der Vergangenheit durchgeführten Verfahren. Die Beigeladene zu 1. kann also nicht einmal darauf verweisen, eine Rahmenvertragskapazität angemeldet zu haben, für die zum Netzfahrplan eine grenzüberschreitende Zugtrasse angemeldet werden soll.
Ausgehend von der bisherigen und der geplanten Vorgehensweise fehlen auch ansonsten jegliche Anhaltspunkte dafür, dass der begehrte Rahmenvertrag der Absicherung – wenigstens eines Teils – einer grenzüberschreitenden Zugtrasse im Sinne der §§ 7, 8 EIBV dient. Vielmehr begehrt die Beigeladene zu 1. Schienenwegkapazität in Bezug auf rein nationale Trassen.
Das Vorbringen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1., die Antragstellerin sei in der Vergangenheit anders mit Rahmenvertragsanmeldungen verfahren, habe insbesondere ein anderes Verständnis des Begriffs „grenzüberschreitende Zugtrassen“ zugrundegelegt, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Für die hier maßgebliche Frage, ob die getroffenen streitgegenständlichen Entscheidungen dem Eisenbahnrecht – § 13 Abs. 10 i.V.m. § 9 Abs. 4 EIBV – entsprechen, ist das irrelevant, zumal die gesetzlichen Rahmenbedingungen sich zwischenzeitlich geändert haben. Im Übrigen haben die Antragstellerin und die Beigeladene zu 2. übereinstimmend vorgetragen, dass keine Entscheidung über konfligierende Rahmenvertragsanmeldungen getroffen werden musste, bei der das Kriterium „grenzüberschreitende Zugtrassen“ eine Rolle hätte spielen können bzw. müssen.
Weiter ist der Argumentation der Antragsgegnerin im streitgegenständlichen Bescheid vom 20. Februar 2015 nicht zu folgen, die Entscheidungen seien schon deshalb eisenbahnrechtswidrig, weil die Antragstellerin das Vorrangkriterium des§ 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EIBV bei Rahmenverträgen generell nicht berücksichtige und weil sie die Vorrangkriterien nach § 9 Abs. 4 EIBV unvollständig geprüft habe. Die Bundesnetzagentur prüft nach § 14e Abs. 1 Nr. 4 AEG, ob die beabsichtigten Entscheidungen über den Abschluss eines Rahmenvertrags den eisenbahnrechtlichen Vorschriften entspricht. Sie muss deshalb prüfen, ob die beabsichtigte Ablehnung eines Rahmenvertrags mit der Beigeladenen zu 1. und der beabsichtigte Abschluss eines Rahmenvertrags mit der Beigeladenen zu 2. § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EIBV verletzen. Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn die Vorschrift nicht zu einem Vorrang der Anmeldung der Beigeladenen zu 1. führt.
e. Da die Beigeladenen danach beide (nur) das Vorrangkriterium § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EIBV erfüllen – um Zugtrassen für den Güterverkehr geht es ersichtlich nicht –, hat die Antragstellerin zu Recht das Regelentgeltverfahren nach § 9 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EIBV angewandt. Dass sie dabei die Entscheidung zugunsten der Anmeldung der Beigeladenen zu 2. getroffen hat, weil mit der zu sichernden Zugtrasse das höchste Regelentgelt zu erzielen ist, ist nach summarischer Prüfung anhand der dem Senat zur Verfügung stehenden Erkenntnisse nicht zu beanstanden.
2. Der Senat lässt offen, ob § 14c AEG Rechtsgrundlage für die Anordnung in Ziffer 3 des Bescheids vom 20. Februar 2015 sein kann oder § 14d Satz 1 Nr. 4 AEG eine entsprechende Verwaltungsaktbefugnis begründet. Die Rechtswidrigkeit dieser Anordnung folgt jedenfalls daraus, dass die beabsichtigten Entscheidungen zu Rahmenvertragsangeboten, wie oben ausgeführt, nicht gegen eisenbahnrechtliche Vorschriften verstoßen und es deshalb keiner neuen Entscheidungen und Mitteilung der Antragstellerin bedarf.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Beigeladenen zu 1. können gemäß § 154 Abs. 3 VwGO Kosten auferlegt werden, weil sie in beiden Instanzen Anträge gestellt hat. Die Kosten der Beigeladenen zu 2. sind nicht erstattungsfähig, weil sie keinen Antrag gestellt bzw. kein Rechtsmittel eingelegt und sich so keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Gericht | OVG Münster |
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Typ | Beschluss |
Datum | 19.03.2015 |
Normen | § 14d S. 1Nr. 4 AEG; § 14e Abs. 1 Nr. 3 AEG; § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO; § 80 Abs. 5 VwGO; § 2 Nr. 1 EIBV; § 6 Abs. 2 EIBV; § 7 Abs 1 bis 3 EIBV; § 8 EIBV; § 9 Abs. 4, 5 EIBV; § 13 Abs. 1, 10 EIBV; Art. 15 Abs 1, 4 RL 2001/14/EG; |
Stichworte | (... Art. 17 RL 2001/14/EG; Art. 22 RL 2001/14/EG; Art. 40 Abs. 1 S. 1 RL 2012/34/EU) Abschluss von Rahmenverträgen; Anmeldung; Zweckbestimmung; konstruierte, grenzüberschreitende Zugtrassen, Absicherung; konfligierende Rahmenvertragsanmeldungen; P |
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