Beschluss
[...]
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 27. August 2018 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 25.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin gehört zum Konzern der Deutsche Bahn AG und betreibt das mit Abstand größte Schienennetz in der Bundesrepublik Deutschland. lm Herbst 2016 beantragte sie gemeinsam mit ihrer hundertprozentigen Tochtergesellschaft, der DB RegioNetz Infrastruktur GmBH, bei der Antragsgegnerin gemäß §§ 45, 46 ERegG die Genehmigung der für die Erbringung des sog. Mindestzugangspakets im Sinne von Anlage 2 Nr. 1 zu den §§ 10 bis 14 ERegG geltenden Entgelte und Entgeltgrundsätze für die Netzfahrplanperiode 2017/2018. Die der Antragstellerin und der DB RegioNetz Infrastruktur GmBH daraufhin mit Beschluss der Bundesnetzagentur vom 6. Februar 2017 (BK10-16-0008_E) erteilte Entgeltgenehmigung ist Gegenstand mehrerer vor dem Verwaltungsgericht geführter Klageverfahren, die noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sind.
Vgl. zu den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes OVG NRW, Beschlüsse vom 1. Dezember 2017 - 13 B 676/17 -, N&R 2018, 59 = juris, - 13 B 720/17, 13 B 721/17 -, juris.
Aus Anlass einer Beschwerde der Beigeladenen vom 15. August 2017, die unter teilweiser Nutzung des Schienennetzes der Antragstellerin einen saisonalen Nachtzug zwischen Malmö und Berlin sowie in umgekehrter Richtung betreibt, unterzog die Antragsgegnerin die erteilte Entgeltgenehmigung von Amts wegen einer Überprüfung, die sich insbesondere auf die unter der Ziffer 6.2.1 .2.5 der Schienennetz-Nutzungsbedingungen 2018 (SNB) wiedergegebene Abgrenzung des Marktsegments „Nacht“ im Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) bezog. Diese bestimmte:
„Das Marktsegment Nacht umfasst alle Schienenpersonenfernverkehre, die im Zeitraum von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr verkehren (Zeitkriterium), es sei denn, es handelt sich um Charter-/Nostalgieverkehre oder Lok- und Leerfahrten.“
Mit einem gegenüber der Antragstellerin, nicht aber der DB RegioNetz Infrastruktur GmBH ergangenen Beschluss der Bundesnetzagentur vom 26. Juni 2018 (BK10-17-0288_E) änderte die Antragsgegnerin die Entgeltgenehmigung maßgeblich gestützt auf § 48 Abs. 1 VwVfG rückwirkend ab. Die bisherige, rein zeitlich determinierte Abgrenzung des SPFVMarktsegments „Nacht“ wurde durch eine für den Fall der vollständigen Durchfahrung der Nachtperiode ohne kommerziellen Halt um den ersten kommerziellen Halt vor Beginn und nach Ende der Nachtperiode erweiterte Definition ersetzt:
„Das Marktsegment Nacht umfasst alle Schienenpersonenfernverkehre, die entweder
• im Zeitraum von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr verkehren (Zeitkriterium), oder
• den Zeitraum von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr einschließlich etwaiger außerdeutscher Zuglaufanteile ohne kommerziellen Halt vollständig durchfahren, erweitert um den ersten kommerziellen Halt vor Beginn und nach Ende der Nachtperiode,
es sei denn, es handelt sich um die Marktsegmente Charter-/Nostalgie oder Lok- /Leerfahrten. Soweit eine Trasse unter Satz 1, 2. Alternative fällt, ist die Trasse auch dann dem Nachtsegment zuzuordnen (Vorrangkriterium), wenn gleichzeitig die Definition anderer zeltabhängiger Marktsegmente erfüllt ist.“
Zur Begründung führte die Antragsgegnerin an, dass die ursprünglich genehmigte Abgrenzung des Marktsegments gegen § 36 Abs. 3 ERegG verstoße, wonach die Abgrenzung anhand der „Alt“ der Personenbeförderung vorzunehmen sei. Schienenpersonenverkehre, die die Nachtperiode vollständig ohne kommerziellen Zwischenhalt durchführen, wiesen aber für den gesamten Zuglauf ab dem ersten kommerziellen Halt vor und bis zum ersten kommerziellen Halt nach der Nachtperiode in Ermangelung von Ein- bzw. Ausstiegsmöglichkeiten dieselbe Nachfrageelastizität im Hinblick auf die Endkunden auf und seien daher im Sinne von § 36 Abs. 3 ERegG als dieselbe Art der Personenbeförderung anzusehen. Außerdem führe die Regelung im Fall der Beigeladenen aufgrund der unterschiedlichen Verkehrszeiten dazu, dass die Züge auf der Hin- und Rückfahrt unterschiedlichen Marktsegmenten zuzuordnen seien, obwohl die Zusammensetzung der Fahrgäste mit der Folge einer vergleichbaren Nachfrageelastizität in der Regel identisch sein dürfte. In der Gesamtschau überwiege beider nach § 48 Abs. 1 VwVfG vorzunehmenden Abwägung das Interesse an einer rückwirkenden Modifizierung der genehmigten Entgelte. Insbesondere könne die sich aus der Modifizierung ergebende finanzielle Entlastung in Höhe von 537,51 Euro je Zuglauf für die Beigeladene über den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Zugfahrten entscheiden. Die Änderung wirke zudem „minimalinvasiv", da sie praktisch nur im Verhältnis zur Beigeladenen relevant sei, und die Antragstellerin bei 22 geplanten Zugpaaren mit einem monetären Interesse von lediglich 11.825,22 Euro belaste. Auswirkungen auf die Kalkulation der Entgelte im Übrigen bestünden nicht. Interessen Dritter würden nicht berührt.
Die Antragstellerin hat am 20. Juli 2018 vor dem Verwaltungsgericht Klage gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur erhoben (18 K 5189/18). Zugleich hat sie einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage gestellt, dem das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. August 2018 entsprochen hat. Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts bestehen gewichtige Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung. So sei schon fraglich, ob eine nach Maßgabe von §§ 45, 46 ERegG einmal erteilte Entgeltgenehmigung überhaupt einer Korrektur nach § 48 VwVfG zugänglich sei. Hiergegen ließen sich die für das Genehmigungsverfahren vorgesehenen und mit einer nachträglichen Korrektur letztendlich umgangenen Publizitätsanforderungen und Stellungnahmefristen aus § 46 Abs. 3 ERegG ebenso anführen wie der Sinn und Zweck der Genehmigungsfiktion aus § 46 Abs. 5 ERegG. Zudem spreche die in zeitlicher Hinsicht regelmäßig auf eine Netzfahrplanperiode begrenzte Geltungsdauer der Entgeltgenehmigung gemäß § 46 Abs. 4 ERegG dafür, dass die Bundesnetzagentur im Nachhinein ausgemachte Fehler erst im Rahmen künftiger Genehmigungsverfahren berücksichtigen dürfe. Jedenfalls aber müssten im Rahmen eines Rücknahme- und Änderungsverfahrens dieselben Publizitätsanforderungen beachtet werden, die auch für das Genehmigungsverfahren gelten. Dem sei vorliegend nicht Rechnung getragen worden. Schließlich könne eine Rücknahme in Anbetracht der Wertung des § 68 Abs. 3 ERegG aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit allenfalls mit Wirkung für die Zukunft erfolgen. Ob die beanstandete Marktsegmentierung tatsächlich rechtswidrig sei, könne dahinstehen.
Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie insbesondere den Bedenken des Verwaltungsgerichts gegen eine rückwirkende Abänderung der Entgeltgenehmigung nach Maßgabe von § 48 Abs. 1 VwVfG entgegentritt. Außerdem bekräftigt die Antragsgegnerin ihre bereits mit dem angefochtenen Beschluss mitgeteilten Gründe für die von ihr angestrebte Modifizierung des SPNV-Marktsegments „Nacht".
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 27. August 2018 zu ändern und den Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (18 K 5189/18) gegen Ziffer 2 des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 26. Juni 2018 anzuordnen, abzulehnen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragstellerin verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Zudem ist sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags der Auffassung, dass der in der Hauptsache angefochtene Beschluss der Antragsgegnerin schon deshalb rechtswidrig bzw. nichtig sei, weil eine (Teil-) Rücknahme in jedem Fall auch gegenüber der DB RegioNetz Infrastruktur GmBH hätte erfolgen müssen.
Außerdem sei die im Streit stehende Abgrenzung des SPNV-Marktsegments „Nacht" von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat die nach § 68 Abs. 4 Satz 1 ERegG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage im Ergebnis zu Recht angeordnet. Es bestehen gewichtige Zweifel an der Rechtmäßigkeit der mit dem angefochtenen Beschluss der Bundesnetzagentur vom 26. Juni 2018 getroffenen Änderungsentscheidung, die konstruktiv als eine Teilrücknahme der mit Beschluss vom 6. Februar 2017 erteilten Entgeltgenehmigung in Verbindung mit einer Neubescheidung des Genehmigungsantrags im Umfang der Teilrücknahme aufzufassen ist. Diese Zweifel lassen die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO vorzunehmende und in erster Linie an den Erfolgsaussichten der Hauptsache auszurichtende Abwägung zwischen dem Suspensivinteresse der Antragstellerin und den privaten wie öffentlichen Interessen an einer sofortigen Vollziehung zu Gunsten des Suspensivinteresses der Antragstellerin ausfallen.
1. Entgegen der durch das Verwaltungsgerichtgeäußerten Bedenken unterliegt eine durch die Bundesnetzagentur als zuständige Regulierungsbehörde im Verfahren nach §§ 45, 46 ERegG erteilte Genehmigung der Entgelte und Entgeltgrundsätze für die Erbringung des Mindestzugangspakets allerdings grundsätzlich den Bestimmungen über die Rücknahme rechtwidriger Verwaltungsakte gemäß § 48 VwVfG. In diesem Rahmen ist auch eine Rücknahme der Entgeltgenehmigung mit Wirkung „ex-tunc“ nicht von vornherein ausgeschlossen.§ 48 VwVfG regelt die nachträgliche Aufhebung bzw. Abänderung von rechtswidrigen Verwaltungsakten. Die Vorschrift soll der Verwaltung die Möglichkeit eröffnen, Verwaltungsakte, die unter Verstoß gegen die Rechtsordnung erlassen worden sind, wieder aufzuheben und den Rechtsverstoß zu beseitigen. Sie dient damit in erster Linie dem aus Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitenden Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Dabei wird in differenzierter Weise auf die ebenfalls aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes Rücksicht genommen. Die Vorschrift stellt die Rücknahme grundsätzlich in das Ermessen der Verwaltung, um sicherzustellen, dass insbesondere die Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes angemessen berücksichtigt werden. Sie dient außerdem der Verwirklichung des verfassungsrechtlichen Gebots der Effizienz der Verwaltung, die einen unverhältnismäßig hohen Kontrollaufwand betreiben müsste, wenn sie für ihre Entscheidungen im Nachhinein keinerlei Korrekturmöglichkeiten besäße.
Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 24. Mai 2012 - 5 C 17.11 -, BVerwGE 143, 161 =juris, Rn. 27, und vom 27. April 2006 - 3 C 23.05 -, BVerwGE 126, 7 = juris, Rn. 25; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 19. Auflage 2018, § 48 Rn. 5; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 48 Rn. 28 ff.
§ 48 VwVfG gilt wie alle anderen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG für die hier im Streit stehende öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Bundes, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Es muss sich dabei nicht zwingend um ausdrückliche Bestimmungen handeln; eine außerhalb des Verwaltungsverfahrensgesetzes bestehende Bestimmung ist vielmehr inhaltsgleich oder entgegenstehend auch dann, wenn ihr durch Auslegung zu ermittelnder Regelungsanspruch abschließend ist. lm Zweifel ist aber von einer Geltung des § 48 VwVfG auszugehen.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 8. September 1993 - 11 C 39.92 -, Buchholz 451.55 Nr. 95 = juris, Rn. 13, und vom 8. August 1986 - 4 C 16.84 -, Buchholz 316 § 1 VwVfG Nr.3 = juris, Rn. 8; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 19. Auflage 2018, § 1 Rn. 35 f. und § 48 Rn. 38 ff.; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 1 Rn. 222 und § 48 Rn. 4.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze stehen die im vorliegenden Zusammenhang zu beachtenden Vorschriften des eisenbahnregulierungsrechtlichen Fachrechts einer Anwendung des § 48 VwVfG nicht entgegen. Sie enthalten weder eine ausdrückliche Bestimmung, die die Anwendung des§ 48 VwVfG auf die nach §§ 45, 46 ERegG erteilte Entgeltgenehmigung ausschlösse, noch lässt sich ihnen im Wege der Auslegung mit der gebotenen Eindeutigkeit eine abschließende Regelung zu deren Bestandskraft entnehmen, die einer Korrektur bei der Genehmigungserteilung unterlaufener Rechtsfehler durch die Regulierungsbehörde nach Maßgabe von § 48 VwVfG grundsätzlich entgegenstünde.
a) Einer Anwendung des § 48 VwVfG auf die nach §§ 45, 46 ERegG erteilte Entgeltgenehmigung steht zunächst nicht schon per se deren privatrechtsgestaltender Charakter entgegen. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 ERegG sind die Entgelte eines Betreibers der Schienenwege für die Erbringung des Mindestzugangspakets einschließlich der Entgeltgrundsätze von der Regulierungsbehörde zu genehmigen. Hinsichtlich der Wirkung der Genehmigung bestimmt § 45 Abs. 2 Satz 1 ERegG, dass der Betreiber der Schienenwege für die Erbringung des Mindestzugangspakets keine anderen als die genehmigten Entgelte vereinbaren darf. Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 ERegG gilt zudem das jeweils genehmigte Entgelt als vereinbart, wenn die in einem Vertrag mit einem Zugangsberechtigten enthaltene Entgeltvereinbarung wegen Verstoßes gegen das Verbot aus Satz 1 unwirksam ist. Das genehmigte Entgelt gilt nach § 45 Abs. 2 Satz 3 ERegG außerdem als billiges Entgelt im Sinne von § 315 BGB, wodurch nach dem Willen des Gesetzgebers klargestellt wird, dass die genehmigten Entgelte keiner zusätzlichen Billigkeitskontrolle durch die Zivilgerichte unterliegen.
Vgl. die Einzelbegründung zu § 45 Abs. 2 im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Mai 2016, in: BT-Drs. 18/8334, S. 205.
In Rechtsprechung und Schrifttum ist im Ausgangspunkt anerkannt, dass die privatrechtsgestaltende Wirkung einer staatlichen Genehmigung nicht in einer verallgemeinerungsfähigen Weise gegen deren Rücknehmbarkeit spricht und zwar auch dann nicht, wenn die Gestaltungswirkung der Genehmigung bereits eingetreten ist. Vielmehr sind schon aufgrund der Variationsbreite privatrechtsgestaltender Genehmigungen in unterschiedlichen fachrechtlichen Zusammenhängen die konkrete gesetzliche Ausgestaltung der Genehmigung und die für sie geltenden Bestimmungen über die Bestandskraft in Betracht zu ziehen. Soweit die Rücknahme einer privatrechtsgestaltenden Genehmigung die Ansprüche Dritter auf Rechtssicherheit und Vertrauensschutz berührt, kann dem auch bei einer Einbeziehung in § 48 VwVfG grundsätzlich Rechnung getragen werden.
Vgl. allgemein bereits BVerwG, Urteil vom 12. August 1977 - 4 C 20.76 -, BVerwGE 54, 257 (262) = juris, Rn. 14ff.; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 19. Auflage 2018, § 48 Rn. 39 f. m.w.N.; Zacharias, NVwZ 2002, 1306.
Insbesondere ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den im Vergleich mit der eisenbahnrechtlichen Entgeltgenehmigung nach §§ 45, 46 ERegG ähnlich strukturierten Entgeltgenehmigungen im Telekommunikations- und Postbereich geklärt, dass trotz deren privatrechtsgestaltender Wirkung eine Anwendung von § 48 VwVfG grundsätzlich möglich ist.
Vgl. zu § 37 TKG: BVerwG, Urteil vom 25. September 2013 - 6 C 13.12 -, BVerwGE 148, 48 = juris, Rn. 74, und Urteil vom 9. Mai 2012 - 6 C 3.11 -, BVerwGE 143, 87 = juris, Rn. 15 ff.; Mayen/Lünenbürger, in: Scheuerle/Mayen, Telekommunikationsgesetz, 3. Auflage 2018, § 35 Rn. 74a; zu § 23 PostG: BVenrvG, Urteil vom 29. Mai 2013 - 6 C 10.11 -, BVerwGE 146, 325 = juris, Rn. 27.
b) Entgegen den durch das Verwaltungsgericht angeführten Bedenken sprechen auch die in § 46 Abs. 3 ERegG für das Entgeltgenehmigungsverfahren enthaltenen Publizitätsanforderungen und Stellungnahmefristen nicht deshalb gegen eine Anwendung von § 48 VwVfG, weil sie in einem Rücknahmeverfahren nicht in gleicher Weise Beachtung finden könnten. Gemäß § 46 Abs. 1 ERegG hat der Schienenwegebetreiber die Genehmigung der Entgelte mindestens sechs Monate vor Ablauf der nach Anlage 3 Nr. 3 Satz 3 bestimmten Frist für die Stellung von Anträgen auf Zuweisung von Zugtrassen für den Netzfahrplan schriftlich oder elektronisch bei der Regulierungsbehörde zu beantragen. Dem Antrag sind die Unterlagen nach Anlage 4 und eine Darlegung der Übereinstimmung mit den Vorgaben dieses Gesetzes beizufügen. Gemäß § 46 Abs. 3 ERegG veröffentlicht die Regulierungsbehörde sodann die beantragten Entgelte auf ihrer Internetseite. Sie setzt hierbei eine Frist fest, binnen derer Hinzuziehungsanträge nach § 77 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ERegG gestellt und Stellungnahmen nach § 77 Abs. 4 ERegG - gemeint ist wohl § 77 Abs. 6 ERegG - abgegeben werden können. Ausweislich der Begründung des Gesetzgebers dient diese Vorschrift allein der Beteiligung der Zugangsberechtigten am Genehmigungsverfahren. Durch eine möglichst frühe und auf Antrag umfassende Verfahrensbeteiligung soll sichergestellt werden, dass die Zugangsberechtigten mit ihren Anliegen vor einer Entgeltgenehmigung rechtliches Gehör erhalten. Auf Antrag können sie zum Verfahren hinzugezogen werden und erhalten insoweit als Beteiligte Einsicht in die um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bereinigte Fassung der gesamten Antragsunterlagen.
Vgl. die Einzelbegründung zu § 46 Abs. 3 im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Mai 2016, in: BT-Drs. 18/8334, S. 206.
Soweit § 46 Abs. 3 ERegG eine Veröffentlichung der nach § 46 Abs. 1 ERegG zur Genehmigung gestellten Entgelte auf ihrer Internetseite vorsieht, lässt sich hieraus schon deshalb kein Argument gegen eine Anwendung von § 48 VwVfG gewinnen, weil der Sinn und Zweck der Veröffentlichung mit der Durchführung des Genehmigungsverfahrens erschöpft ist. Soweit die Regulierungsbehörde die nach dieser Maßgabe erteilte Genehmigung zu einem späteren Zeitpunkt einer Überprüfung im Hinblick auf eine etwaige Rücknahme nach § 48 VwVfG unterzieht, ergäbe sich aus einer erneuten Veröffentlichung der ursprünglich beantragten Entgelte für die von der Rücknahmeentscheidung Betroffenen kein Mehrwert. Denn Gegenstand der Rücknahmeentscheidung ist nicht der ursprünglich vom Betreiber der Schienenwege gestellte Genehmigungsantrag, sondern die erteilte Entgeltgenehmigung.
Soweit die Veröffentlichungspflicht aus § 46 Abs. 3 ERegG darüber hinaus dazu dient, den von der Genehmigungsentscheidung Betroffenen auf die Einleitung des Verfahrens hinzuweisen und damit die Gelegenheit einzuräumen, Hinzuziehungsanträge zu stellen und Stellungnahmen abzugeben, ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung der Regulierungsbehörde für die Einleitung eines auf die Rücknahme der Entgeltgenehmigung gerichteten Verfahrens bereits unmittelbar aus § 77 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 und Abs. 6 ERegG. Auch hiernach hat die Regulierungsbehörde den Kreis der potentiell Hinzuziehungsberechtigten auf geeignete Weise von der Einleitung eines Verfahrens in Kenntnis zu setzen, weil das in § 77 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ERegG geregelte antragsabhängige Hinzuziehungsrecht andernfalls praktisch unterlaufen werden könnte.
Die von § 46 Abs. 3 ERegG verlangte öffentliche Fristsetzung für die Stellung eines Hinzuziehungsantrags ist demgegenüber wiederum allein den spezifischen Besonderheiten des Genehmigungsverfahrens geschuldet, welches nach näherer Maßgabe von § 46 Abs. 5 ERegG innerhalb gesetzlich vorgegebener Fristen abzuschließen ist. Deren Einhaltung geht mit einem besonderen Beschleunigungsdruck für alle am Verfahren Beteiligten bzw. zu Beteiligenden einher, der für ein auf die (Teil-) Rücknahme gerichtetes Verwaltungsverfahren nicht in gleicher Weise charakteristisch ist.
c) Gegen die Anwendung von § 48 VwVfG lässt sich auch nicht mit Erfolg die Regelungswirkung der Genehmigungsfiktion aus § 46 Abs. 5 ERegG oder jedenfalls deren Telos anführen. Die Vorschrift besagt, dass die durch den Betreiber der Schienenwege nach § 46 Abs. 1 ERegG zur Genehmigung gestellten Trassenentgelte und Entgeltgrundsätze für die Erbringung des Mindestzugangspakets als genehmigt gelten, wenn die Bundesnetzagentur als zuständige Regulierungsbehörde nicht binnen einer Frist von zwei Monaten nach Vorliegen der vollständigen und inhaltlich richtigen Unterlagen eine Entscheidung über den Antrag trifft; im Übrigen gilt § 42a VwVfG entsprechend.
Der Senat hat bereits entschieden, dass § 46 Abs. 5 ERegG im Fall einer späteren Aufhebung der Entgeltgenehmigung nicht zur Folge hat, dass die durch den Antragsteller zur Genehmigung gestellten Trassenentgelte und Entgeltgrundsätze für die Erbringung des Mindestzugangspakets automatisch als genehmigt zu gelten hätten, so dass die mit der Aufhebung bezweckte Wirkung gar nicht eintreten könnte. Ebenso ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass einer kraft gesetzlicher Fiktionswirkung nach § 46 Abs. 5 ERegG geltenden Entgeltgenehmigung keine größere Bestandskraft beizumessen ist als einer ausdrücklich erteilten. Dass (auch) sie grundsätzlich denselben verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften über die Bestandskraft und den Vorschriften über das Rechtsbehelfsverfahren unterliegt, folgt vielmehr aus dem ausdrücklichen Verweis in § 46 Abs. 5 ERegG auf die Vorschrift des § 42a Abs. 1 Satz 2 VwVfG.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Dezember 2017 - 13 B 676/17 -, N&R 2018, 59 (61) = juris, Rn. 36 ff.
§ 46 Abs. 5 ERegG ordnet nämlich schon seinem Wortlaut nach eine Rechtsfolge nur für den - hier gerade nicht gegebenen - Fall an, dass innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Entscheidungsfrist keine erstmalige Sachentscheidung über die zur Genehmigung gestellten Trassenentgelte und Entgeltgrundsätze ergeht. Läuft die gesetzliche Entscheidungsfrist ab, ohne dass eine solche Entscheidung getroffen worden ist, wird die unterbliebene Entscheidung kraft gesetzlicher Fiktion durch eine dem Antrag entsprechende Genehmigung ersetzt. Damit dient § 46 Abs. 5 ERegG ebenso wie die zur Umsetzung von Art. 13 Abs. 3 und 4 der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG (ABI. L 376, S. 36 ff.) eingeführte Vorschrift des § 42a VwVfG allein insoweit der Verfahrensbeschleunigung und der Verbesserung der Rechtssicherheit, als für die Bescheidung des Genehmigungsantrags eine verbindliche, nicht beliebig verlängerbare Frist bestimmt wird, mit deren Ablauf der Antragsteller im Fall einer behördlichen Untätigkeit eine - gleichsam als stillschweigend erteilt geltende - Genehmigung in den Händen hält.
Vgl. hierzu insbesondere die Erwägungsgründe 42, 43 und 63 der Richtlinie 2006/123/EG; zudem etwa Broscheit, GewArch 2015, 209 (209); Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 19. Auflage 2018, § 42a Rn. 4; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 42a Rn. 11.
lm Übrigen soll die Genehmigungsfiktion jedoch die gleiche Wirkung wie ein entsprechender ordnungsgemäß zustande gekommener und bekannt gegebener Verwaltungsakt entfalten. Nicht fingiert werden soll insbesondere dessen Rechtmäßigkeit. Vielmehr gelten nach der ausdrücklichen Bestimmung in § 42a Abs. 1 Satz 2 VwVfG die Regelungen über die Nichtigkeit, Rücknahme, Widerruf oder Erteilung eines Verwaltungsaktes entsprechend. Auch kann die Genehmigung mit Widerspruch und Anfechtungsklage angefochten werden.
Vgl. hierzu auch die Einzelbegründung zu § 42a VwVfG im Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 16/10493, S. 16; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. Juli 2017 - 10 S 37.16 -, juris, Rn. 10; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 6. Februar 2008 - 3 M 200/07 -, juris, Rn. 5 f.; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 42a Rn. 60 ff., 70 f.
Die Regelungswirkung des § 46 Abs. 5 ERegG ist daher erschöpft, wenn das durch den Antrag nach § 46 Abs. 1 ERegG eingeleitete Verwaltungsverfahren entweder durch den Eintritt der Fiktionswirkung mit fruchtlosem Ablauf der gesetzlichen Entscheidungsfrist oder aber durch eine innerhalb der gesetzlichen Entscheidungsfrist ergangene - wie auch immer ausgefallene - Sachentscheidung der Regulierungsbehörde über den Genehmigungsantrag abgeschlossen ist. Die Entscheidungsfrist beginnt insbesondere nicht erneut oder weiter zu laufen, wenn die gesetzlich fingierte oder durch die Regulierungsbehörde getroffene Genehmigungsentscheidung später etwa nach näherer Maßgabe von §§ 48, 49 VwVfG oder im Rechtsbehelfsverfahren aufgehoben wird.
Vgl. wie hier zu § 42a VwVfG U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs,Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 42a Rn. 41.
d) Auch dass die Entgeltgenehmigung gemäß § 46 Abs. 4 ERegG mindestens für den Zeitraum einer Netzfahrplanperiode zu erteilen sowie grundsätzlich bis zum Ende einer Netzfahrplanperiode zu befristen ist, gibt für sich genommen nichts für die Annahme her, eine Rücknahme der Entgeltgenehmigung nach § 48 VwVfG sei grundsätzlich ausgeschlossen. Die Vorschrift regelt unmittelbar nur die Gültigkeitsdauer der Genehmigung, deren Ende in aller Regel mit dem Ende der Netzfahrplanperiode zusammenfällt. Ob eine Genehmigung auf Antrag für einen längeren Zeitraum erteilt wird, entscheidet die Regulierungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei spielt insbesondere die Qualität der vorgelegten Prognosen der Mengen und Kostenentwicklung eine Rolle, aber auch die Wettbewerbsrelevanz eines Unternehmens. Bei kleineren Unternehmen kann es sinnvoll sein, die Genehmigungsperiode zu verlängern, wenn keine Wettbewerbsbeeinträchtigungen zu erwarten sind.
Vgl. die Einzelbegründung zu § 46 Abs. 4 und 5 im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Mai 2016, in: BT-Drs. 18/8334, S. 206.
Auch ein wie hier durch §46 Abs. 4 ERegG von vornherein mit einer zeitlich begrenzten Bindungswirkung versehener Verwaltungsakt gilt jedoch nach allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen für die Dauer seiner ihm innewohnenden Gültigkeit nicht absolut. Er unterliegt vielmehr, sofern anderes nicht gesetzlich bestimmt ist, seinerseits dem Vorbehalt einer vorzeitigen Aufhebung nach Maßgabe der Vorschriften über die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten nach §§ 48, 49 VwVfG. Auch die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einer Rücknahme nach § 48 VwVfG unterliegende telekommunikationsrechtliche Entgeltgenehmigung soll etwa gemäß § 35 Abs. 4 TKG grundsätzlich mit einer Befristung versehen sein.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2012 - 6 C 3.11 -, BVerwGE 143, 87 = juris, Rn. 29.
Weder der Wortlaut des § 46 Abs. 4 ERegG noch die Gesetzesbegründung lassen hinreichend klare Anhaltspunkte für die Annahme erkennen, der Gesetzgeber habe der Fristbestimmung in dem Sinne eine Bedeutung beimessen wollen, dass die Entgeltgenehmigung den von ihrer Regelungswirkung betroffenen Marktbeteiligten eine in jedem Fall bis zum Ende der Gültigkeitsdauer der Entgeltgenehmigung unangetastet bleibende verlässliche Kalkulationund Planungsgrundlage für ihre Investitionsentscheidungen verschaffen soll. Vielmehr soll die mit §§ 45, 46 ERegG eingeführte Genehmigungspflicht eben auch sicherstellen, dass die durch den Betreiber der Schienenwege erhobenen Entgelte einschließlich der Entgeltgrundsätze für die Erbringung des Mindestzugangspakets den materiell-rechtlichen Vorschriften entsprechen, also insbesondere eine Nutzung der Schienenwege nach transparenten und nicht diskriminierenden Grundsätzen unter bestmöglicher Gewährleistung des Wettbewerbs erfolgt. Die Sicherstellung dieses Ziels lässt sich umgekehrt als Argument dafür anführen, dass je nach den Umständen des Einzelfalls auch die Korrektur einer rechtsfehlerhaft erteilten Entgeltgenehmigung vor dem Ende ihrer im Voraus festgelegten Gültigkeitsdauer möglich sein muss, um die Marktbeteiligten nicht bis zum Beginn der nächsten Netzfahrplanperiode an rechtsfehlerhaft gebildeten Entgelten oder Entgeltgrundsätzen festzuhalten. Für die Berücksichtigung beider Aspekte - Wahrung von Rechtssicherheit und Vertrauensschutz auf der einen Seite und ein aus dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung folgendes Gebot zur Korrektur einer fehlerhaften Verwaltungsentscheidung - bietet § 48 VwVfG ein differenziertes Prüfungsprogramm.
e) lm Übrigen rechtfertigten auch die Bestimmungen des§ 68 ERegG über die Entscheidungen der Regulierungsbehörde und insbesondere ihre dort in Absatz 3 enthaltene Befugnis, ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen mit Wirkung für die Zukunft zu einer Änderung seiner Regelungen über die Höhe und Struktur der Wegeentgelte zu verpflichten oder diese Regelungen für ungültig zu erklären, nicht den Schluss, sie beanspruchten eine abschließende Regelung auch für den Bestand der nach §§ 45, 46 ERegG erteilten Entgeltgenehmigung, die eine Anwendung von § 48 VwVfG ausschließe. Vielmehr spricht bei gebotener Auslegung Überwiegendes dafür, dass vorab genehmigte Entgelte und Entgeltgrundsätze gar nicht der Regelung des § 68 Abs. 3 ERegG unterfallen, sondern rechtssystematisch eine eigene Kategorie bilden, deren Bestandskraft sich in Ermangelung spezieller Regelungen nach den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen einschließlich derjenigen über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte nach § 48 VwVfG richtet. Gemäß §68 Abs. 3 ERegG kann die Regulierungsbehörde mit Wirkung für die Zukunft das Eisenbahninfrastrukturunternehmen zur Änderung der Regelungen im Sinne des§ 66 Abs. 4 ERegG verpflichten oder diese Regelungen für ungültig erklären, soweit diese nicht mit den Vorschriften dieses Gesetzes in Einklang stehen. Zu den mit dem Verweis auf § 66 Abs. 4 ERegG in Bezug genommenen Regelungen gehören nach der dort in nicht abschließender Weise genannten Aufzählung insbesondere:
1. der Entwurf und die Endfassung der Schienennetz-Nutzungsbedingungen,
2. der Entwurf und die Endfassung der Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen
3. die darin festgelegten Kriterien,
4. das Zuweisungsverfahren und dessen Ergebnis,
5. die Entgeltregelung,
6. die Höhe oder Struktur der Wegeentgelte, die der Zugangsberechtigte zu zahlen hat oder hätte,
7. die Höhe und Struktur sonstiger Entgelte, die der Zugangsberechtigte zu zahlen hat oder hätte,
8. und die Zugangsregelungen nach den §§ 10, 11 und 13 ERegG.
Ihrem Wortlaut nach lässt die Bestimmung des § 68 Abs. 3 ERegG dabei nicht eindeutig erkennen, ob sie sich auf sämtliche in § 66 Abs. 4 ERegG der Sache nach umschriebenen Regelungen eines Eisenbahninfrastrukturunternehmens bezieht oder ob diese dem Anwendungsbereich des § 68 Abs. 3 ERegG nur insoweit unterfallen sollen, als sie nicht bereits - wie die Entgelte und Entgeltgrundsätze für das Mindestzugangspaket nach §§ 45, 46 ERegG - durch die Regulierungsbehörde vorab geprüft und genehmigt worden sind. Für letzteres lässt sich aber mit einigem Gewicht anführen, dass sich die Bestimmung des § 68 Abs. 3 ERegG nicht zu der Frage verhält, inwieweit eine etwaige Bestandskraft der erteilten Genehmigung einer Abänderungsbefugnis der Regulierungsbehörde mit Wirkung für die Zukunft Grenzen setzt. lm Schrifttum wird insoweit die Auffassung vertreten, dass in diesem Fall im Rahmen des § 68 Abs. 3 ERegG ergänzend die Vorschriften der §§ 48, 49 VwVfG zu berücksichtigen seien.
Vgl. el-Barudi, in: Staebe, Eisenbahnregulierungsrecht, 2018, §68 Rn. 18.
Allerdings findet sich für diese Annahme im Wortlaut der Vorschrift kein unmittelbarer Anhalt. Aus der dort vorgesehenen und tatbestandlich allein an einen materiellrechtlichen Rechtsverstoß anknüpfenden Handlungsbefugnis, „zur Änderung [zu] verpflichten“ oder „für ungültig [zu] erklären“ kann jedenfalls nicht unmittelbar abgeleitet werden, dass ein Einschreiten die vorherige Aufhebung entgegenstehender Genehmigungen erfordern oder von der Erfüllung weiterer Voraussetzungen, wie sie in §§ 48, 49 VwVfG vorgesehen sind, abhängig sein könnte. Auch rechtsvergleichend fehlt es an einer ausdrücklichen Klarstellung, wie sie etwa in § 29 Abs. 2 Satz 2 EnWG für das energiewirtschaftliche Genehmigungsverfahren vorgesehen ist. Allerdings ist die Vorschrift des § 68 Abs. 3 ERegG auch nicht mit derjenigen des § 24 PostG vergleichbar, die der Regulierungsbehörde im Rahmen einer nachträglichen Überprüfung mit ähnlicher Formulierung der Handlungsbefugnis die Korrektur bereits genehmigter Entgelte mit Wirkung für die Zukunft erlaubt. Denn dort werden bereits genehmigte Entgelte ausdrücklich in die Regelung einbezogen. ln der Folge wird § 24 Post als eine §§ 48, 49 VwVfG grundsätzlich vorgehende Ermächtigungsnorm verstanden, die ein Einschreiten der Regulierungsbehörde tatbestandlich nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG abhängig macht.
Vgl. Groebel, in: Groebel/Katzschmann/Koenig/Lemberg, Postrecht, Kapitel D, Rn. 610; Lübbig, in: Badura, u.a., Beck'scher Postgesetzkommentar, 2. Auflage 2004, § 24 Rn. 10.
Auch die Entstehungsgeschichte gibt Grund zu der Annahme, dass der Gesetzgeber das Verhältnis von § 68 Abs. 3 ERegG zu den bereits vorab genehmigten Entgelten und Entgeltgrundsätzen nicht hinreichend durchdacht und mit § 68 Abs. 3 ERegG insoweit keine Vollregelung mit abschließendem Regelungsanspruch hat schaffen wollen. Nach früherer, maßgeblich auf dem Dritten Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 27. April 2005 (BGBl. S. 1138) beruhender Rechtslage konnten die besonderen Befugnisse der Regulierungsbehörde in eine Vorabprüfung nach Maßgabe von § 14e AEG a.F. und eine nachträgliche Prüfung nach Maßgabe von § 14fAEG a.F. unterteilt werden. So hatte die Regulierungsbehörde im Rahmen der Vorabprüfung etwa die Möglichkeit, ihr gemäß § 14e Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG a.F. vorab mitgeteilte beabsichtigte Neufassungen oder Änderungen von Schienennetz-Nutzungsbedingungen einschließlich der dort vorgesehenen Entgeltgrundsätze und Entgelthöhen innerhalb von vier Wochen zu widersprechen. Erfolgte ein Widerspruch nicht, traten durch das Elsenbahninfrastrukturunternehmen vorgesehenen Änderungen nach einem aus § 14e Abs. 2 Nr. 2 AEGn a.F. zu ziehenden Umkehrschluss in Kraft, ohne dass die Zugangsberechtigten die Gerichte mit der Sache hätten befassen können. Allerdings konnte die Regulierungsbehörde gemäß § 14fAbs. 1 Satz 2 AEG a.F. -noch nachträglich mit Wirkung für die Zukunft Änderungen herbeiführen. Mit dem Inkrafttreten des Eisenbahnregulierungsgesetzes zum 2. September 2016 ist insoweit ein Systemwechsel eingetreten, als mit §§ 45, 46 ERegG erstmals eine vorab durch den Schienenwegebetreiber zu beantragende Genehmigung der zu erhebenden Entgelte und Entgeltgrundsätze für das Mindestzugangspaket eingeführt worden ist, die das überkommene System aus einer vorab bestehenden Widerspruchsbefugnis der Regulierungsbehörde und einer nachträglichen Überprüfungs- und Änderungsbefugnis mit Wirkung nur für Zukunft durchbricht. Zugleich hat der Gesetzgeber die überkommenen Instrumente der Vorabprüfung im Sinne des § 14e AEG a.F. mit § 73 ERegG und der nachträglichen Prüfung im Sinne des § 14fAEG a.F. mit § 68 Abs. 2 und 3 ERegG fortgeschrieben, ohne sie in jeder Hinsicht von der nunmehr hinzugetretenen Entgeltgenehmigung nach §§ 45, 46 ERegG abzugrenzen. Eine Anpassung hat der Gesetzgeber lediglich im Hinblick auf die Anzeigepflichten für die Vorabprüfung in § 72 Satz 4 ERegG vorgenommen.
Vgl. el-Barudi, in: Staebe, Eisenbahnregulierungsrecht, 2018, §72 Rn. 25.
Für die in § 68 Abs. 2 und 3 ERegG geregelte nachträgliche Überprüfung ist hingegen ohne einen aus den Gesetzgebungsmaterialien heraus nachvollziehbaren Grund,
vgl. die Einzelbegründung zu § 68 Abs. 3 im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Mai 2016, in: BT-Drs. 18/8334, S. 221,
von einer - wie auch immer gestalteten Klarstellung - abgesehen worden. Eine derartige Klarstellung war etwa noch im nicht realisierten ersten Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Eisenbahnregulierungsgesetz vom 13. März 2013 in § 60 Abs. 2 Satz 2 ERegG-E vorgesehen, wonach die Regelungen über die nachträgliche Prüfung nicht für Entgelte oder Entgeltgrundsätze gelten sollten, die in einem Prüfungsverfahren genehmigt wurden. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte eine Genehmigung der Entgelte und Entgeltgrundsätze damit allen Beteiligten eine weitgehende Rechtssicherheit verschaffen.
Vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 13. März 2013, in: BT-Drs. 17/12726, S. 28, und die Einzelbegründung zu § 60 Abs. 2 auf S. 98.
Auch im Telekommunikationsbereich wird mit der Bestimmung des § 30 TKG ausdrücklich zwischen genehmigungspflichtigen Entgelten und solchen Entgelten unterschieden, die der nachträglichen Entgeltkontrolle nach § 38 TKG unterfallen.
Vgl. Mayen, in: Scheuerle/Mayen, Telekommunikationsgesetz, 3. Auflage 2018, § 30 Rn. 1.
Schließlich lässt sich dieser Auslegung auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass sie § 68 Abs. 3 ERegG in einer Weise interpretiert, nach der diese Vorschrift jedenfalls im Hinblick auf die in § 66 Abs. 4 Nr. 6 ERegG genannte Höhe und Struktur der Wegeentgelte kein sinnvoller Anwendungsbereich mehr verbliebe, so dass dem Gesetzgeber ein solches Auslegungsergebnis auch nicht als beabsichtigt unterstellt werden dürfte. Denn dieser Umstand ist maßgeblich der erst im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens erfolgten Änderung von § 33 ERegG geschuldet, mit der eine weitgehende, über die Erbringung des Mindestzugangspakets hinausgehende Entgeltgenehmigungspflicht eingeführt worden ist, welche im ursprünglichen Gesetzentwurf in dieser Form nicht vorgesehen war.
Vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Mai 2016, in: BT-Drs. 18/8334, S. 25, und die Einzelbegründung zu § 33 auf S. 197.
Insofern spricht einiges für die Annahme der Antragsgegnerin, dass sich der Gesetzgeber des erst aufgrund dieser Änderung bewirkten „schleichenden“ Bedeutungsverlustes der ex-postKontrolle nach § 68 Abs. 3 ERegG für die in § 66 Abs. 4 Nr. 6 ERegG genannte Höhe und Struktur von Wegeentgelte nicht bewusst geworden ist.
f) Findet §48 VwVfG damit grundsätzlich auf die nach §§ 45, 46 ERegG erteilte Entgeltgenehmigung Anwendung, ist in diesem Rahmen auch eine Rücknahme mit Wirkung „ex-tunc“ jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen. Anders als das Verwaltungsgericht meint, steht eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit da bei nicht zwingend eine § 68 Abs. 3 ERegG zu entnehmende Wertung entgegen, nach der eine durch die Regulierungsbehörde bewirkte Änderung der für die Erbringung des Mindestzugangspakts geltenden Entgelte und Entgeltgrundsätze auch im Verfahren nach § 48 VwVfG grundsätzlich nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen dürfte. Unterfällt eine nach §§ 45, 46 ERegG erteilte Entgeltgenehmigung schon im Ausgangspunkt nicht einer nachträglichen Überprüfung nach § 68 Abs. 3 ERegG, sondern den Regelungen über die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts nach § 48 VwVfG, ist damit ein anderes Prüfungsprogramm und in Abhängigkeit davon auch ein anderer Rechtsfolgenausspruch verbunden. Zudem steht im Anwendungsbereich des§ 68 Abs. 3 ERegG allein die Frage nach der Vereinbarkeit eines bislang nicht behördlicherseits beanstandeten Marktverhaltens mit regulierungsrechtlichen Vorgaben im Raum, während im Rahmen von § 48 VwVfG als wesentlicher Aspekt die Korrektur fehlerhafter Verwaltungsentscheidungen als Gebot des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung hinzutritt. Es bedarf in diesem Zusammenhang daher auch keiner weiteren Auseinandersetzung mit der durch die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Frage, ob § 68 Abs. 3 ERegG in Übereinstimmung mit den sich aus der Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums (ABI. L 343, S. 32) ergebenden Anforderungen gebracht werden kann. Diese stehen jedenfalls in Anbetracht des den Mitgliedstaaten überlassenen Gestaltungsspielraums der Einführung einer Entgeltgenehmigung, die ihrerseits den nationalen verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakts unterliegt, nicht entgegen.
Anderes folgt im Übrigen auch nicht notwendig aus der Überlegung, die Marktteilnehmer im Hinblick auf die durch eine Entgeltgenehmigung nach §§ 45, 46 ERegG für die jeweilige Netzfahrplanperiode vermittelte Planbarkeit und Kalkulationssicherheit zu schützen. Zwar ist in der Rechtsprechung zur früheren Rechtslage nach §§ 14e, 14fAEG a.F. insbesondere die besondere Bedeutung der durch den Schienenwegebetreiber aufgestellten SchienennetzNutzungsbedingungen und der in ihnen enthaltenen Entgelte und Entgeltgrundsätze hervorgehoben worden. lm Einzelnen kommt diesen hiernach zunächst eine Vereinheitlichungsfunktion zu, insofern sie bestimmte Regelungen zur Zugangsgewährung „vor die Klammer ziehen“, d.h. der individuellen Vereinbarung mit dem Infrastrukturunternehmen entziehen und ihnen so eine einheitliche Geltung gegenüber sämtlichen Zugangsberechtigten zumessen. Dies dient der Gleichbehandlung der Zugangsberechtigten. Zum anderen haben die Nutzungsbedingungen eine Rechtsgewährleistungsfunktion_ Die Regulierungsbehörde soll im Rahmen des Vorabprüfungsverfahrens die Vereinbarkeit der Nutzungsbedingungen mit dem eisenbahnrechtlichen Zugangsregime sicherstellen. Die Nutzungsbedingungen sollen hierdurch inhaltlich auf die Regulierung der einschlägigen rechtlichen Maßstäbe ausgerichtet werden. In unmittelbarem Zusammenhang hiermit steht die Informationsfunktion der Nutzungsbedingungen, da diese den Zugangsberechtigten Transparenz, Planbarkeit und Kalkulationssicherheit sichern.
Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. November 2014 - 6 B 50.14 -, Buchholz 442.09 Nr. 1 = juris, Rn. 7 ff., und vom 29.0ktober 2014 -, GB 47.14 - N&R 2015, 55 (56) = juris, Rn. 7 ff.
Soweit dabei insbesondere ein Zusammenhang zwischen der Informationsfunktion der Schienennetz-Nutzungsbedingungen und einer durch die Regelung des § 14f AEG a.F. nur mit Wirkung für die Zukunft ermöglichten Änderungsbefugnis der Regulierungsbehörde im Hinblick auf die den Marktteilnehmern vermittelte Planbarkeit und Kalkulationssicherheit auszumachen sein sollte, bietet allerdings auch das ausdifferenzierte Prüfungsprogramm des § 48 VwVfG hinreichend Raum, mit der nun mehr vorgesehenen Entgeltgenehmigung nach §§ 45, 46 ERegG einhergehenden Rechtssicherheits- und Vertrauensschutzaspekten - auch abhängig vom Zeitpunkt der Vornahme der Änderung - angemessen Rechnung tragen zu können. Entscheidend für eine im Verwaltungsverfahren nach § 48 VwVfG nicht von vornherein ausgeschlossene Möglichkeit zur Rücknahme mit Wirkung „ex-tunc" spricht schließlich der Umstand, dass auch eine im Klageverfahren erstrittene neue Genehmigung Wirkung nicht allein für die Erhebung künftiger Entgelte einschließlich der Entgeltgrundsätze entfaltet, sondern auch und gerade im Hinblick auf ihre privatrechtsgestaltende Wirkung nach § 45 Abs. 2 ERegG auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zwischen dem Schienenwegbetreiber und einem Zugangsberechtigten über die Nutzung der Schienenwege im jeweils gegenständlichen Genehmigungszeitraum zurückwirkt. So hat der Senat bereits entschieden, dass der Schienenwegebetreiber nicht gehindert ist, etwaige im Klageverfahren erstrittene höhere Entgelte für den Netzzugang rückwirkend für die gesamte streitbefangene Netzfahrplanperiode gegenüber seinen Vertragspartnern geltend zu machen. lm Einzelnen hat sich der Senat dabei unter näherer Begründung im Einzelnen von den annähernd identisch formulierten Bestimmungen über die Wirkung der Entgeltgenehmigungen im Telekommunikations- und Postbereich leiten lassen, für die in ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist, dass sie insbesondere im Hinblick auf ihre Funktion zur Sicherung und Förderung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs auch Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses über die Erbringung der entgeltregulierten Leistung entfalten.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Dezember 2017 - 13 B 676/17 -, N&R 2018, 59 (63) = juris, Rn. 57 ff. unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteile vom 29. Mai 2013 - 6 C 10.11 -, BVerwGE 146,325 = juris, Rn. 17, vom 9. Mai 2012 -6 C 3.11-,BVenıvGE 143,87 = juris, Rn. 59, vom 25. März 2009 - 6 C 3.08 -, Buchholz 442.006 § 35 TKG Nr. 2 = juris, Rn. 25, und vom 21. Januar 2004 - 6 C 1.03 -, BVerwGE 120, 54 (58 ff.) = juris, Rn. 18 ff.
Hieran hält der Senat auch weiterhin fest. Ergänzend und bestätigend ist in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass noch im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Eisenbahnregulierungsgesetz vom 13. März 2013 in § 43 Abs. 7 ERegG-E offenbar in Anlehnung an die Vorschrift des § 35 Abs. 5 TKG,
vgl. zu der mit dieser verbundenen verfassungsrechtlichen Problematik BVerfG, Beschluss vom 22. November 2016 -1 BvL 6/14, 3/15, 4/15, 6/15 -, BVerfGE 143, 216 = juris; vorgehend BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2014 - 6 C 3.13 -, BVerwGE 149, 94 = juris,
eine ausdrückliche Begrenzung der Rückwirkung einer im Klageverfahren erstrittenen Genehmigung - nämlich Rückwirkung ausgehend erst vom Zeitpunkt der Klageerhebung und nur unter der Voraussetzung einer zuvor nach § 123 VwGO ergangenen einstweiligen Anordnung - vorgesehen war.
Vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 13. März 2013, in: BT-Drs. 17/12726, S. 21, und die Einzelbegründung zu § 43 Abs. 7 auf S. 88.
Diese hat der Gesetzgeber aber mit §§ 45, 46 ERegG bei weitgehender Übernahme des Regelungskonzepts der Entgeltgenehmigung im Übrigen gerade nicht mehr aufgegriffen und auch damit zu erkennen gegeben, dass eine Rückwirkung im Klageverfahren erstrittener Genehmigungen keinen durch das Fachrecht angeordneten besonderen Beschränkungen unterliegen soll. Wenn aber der Bestand der Genehmigung und die mit ihr für den Genehmigungszeitraum einhergehende ökonomische Planungssicherheit für die Marktteilnehmer ohnehin durch die Anfechtbarkeit der Genehmigung im Klageverfahren relativiert werden, spricht jedenfalls ohne eine ausdrückliche gegenteilige Anordnung des Gesetzgebers alles dafür, dass es auch der Regulierungsbehörde nicht verwehrt sein kann, bei der Genehmigungsentscheidung unterlaufene Fehler im Verfahren nach § 48 VwVfG selber vollständig zu korrigieren. Jedes andere Auslegungsergebnis würde die Regulierungsbehörde und die durch eine fehlerhafte Genehmigung in ihren Rechten Verletzten selbst bei in der Sache bestehendem Einvernehmen über die Notwendigkeit einer Korrektur in prozessökonomisch zweifelhafter Weise mit der Durchführung eines gerichtlichen Klageverfahrens belasten. Dieses ginge für die Beteiligten mit vermeidbaren zusätzlichen Kosten und einem nicht völlig abschätzbaren Prozessrisiko einher und bedeutete zudem eine an sich unnötige Inanspruchnahme gerichtlicher Ressourcen.
g) Hinsichtlich der durch § 48 VwVfG für eine Rücknahme vorgesehenen Voraussetzungen ist allerdings - was in der angefochtenen Entscheidung der Antragsgegnerin nicht ausdrücklich zum Ausdruck kommt- zwischen der Rücknahme eines belastenden Verwaltungsakts nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG und der Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts nach § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG zu unterscheiden. Wie im telekommunikationsrechtlichen Kontext anerkannt, kommt es vor diesem Hintergrund für die richtige Zuordnung einer Teilrücknahme eines mehrpoligen, teils begünstigenden, teils belastenden Verwaltungsakts wie der Entgeltgenehmigung maßgeblich darauf an, ob sich die Änderung aus der Sicht des Adressaten der Entgeltgenehmigung vorteilhaft auswirkt oder nicht. lm ersten Fall richtet sich die Rücknahme nach §48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG, im zweiten Fall ist eine Rücknahme gemäß nach § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nur unter Beachtung der weiteren Voraussetzungen aus § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG möglich.
Vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2012 - 6 C 3.11 -, BVerwGE 143,87 = juris, Rn. 46 f.
2. Anders als die Antragstellerin meint, ist eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung auch nicht deshalb geboten, weil die im Streit stehende Änderungsentscheidung nicht ausdrücklich auch gegenüber der DB RegioNetz Infrastruktur GmBH als weiterer Genehmigungsinhaberin erfolgt ist und sie als „isolierte“ Regelung allein gegenüber der Antragstellerin offensichtlich rechtswidrig und nichtig wäre. Die Antragstellerin verweist zwar im Ausgangspunkt zutreffend darauf, dass die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts der Gegenakt zu dem aufzuhebenden Verwaltungsakt ist. Sie zielt auf die Beseitigung des durch diesen Verwaltungsakt begründeten Rechtsverhältnisses. Um dieses Ziel zu erreichen, muss sie sich inhaltlich an denjenigen richten, demgegenüber dieses Rechtsverhältnis im Zeitpunkt der Rücknahme besteht. Das ist derjenige, dem gegenüber das Rechtsverhältnis begründet worden ist, sofern nicht zwischenzeitlich eine Rechtsnachfolge stattgefunden hat.
Vgl. BVenNG, Urteile vom 9. Dezember 2004 - 3 C 37.03 -, Buchholz 451.90 Nr. 198 = juris, Rn. 14, und vom 26.August 1999 - 3 C 17.98 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 95 = juris, Rn. 13; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 48 Rn. 243.
Diese allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätze legen nahe, dass eine Änderung der Entgeltgenehmigung vom 6. Februar 2017 bislang allein gegenüber der Antragstellerin bewirkt worden ist. lm vorliegenden Zusammenhang ist jedoch zusätzlich zu erwägen, ob die Antragstellerin und ihre hundertprozentige Tochtergesellschaft- obgleich zwei verschiedene juristische Personen - aus Gründen des materiellen Rechts als „ein Betreiber der Schienenwege" im Sinne von § 1 Abs. 4 ERegG i.V.m. § 2 Abs. 7 AEG anzusehen sind und die DB RegioNetz Infrastruktur GmBH die inhaltlich allein an die Antragstellerin gerichtete und auch nur dieser zugestellte Änderungsentscheidung daher unter Heranziehung eines etwa auch in § 3 Nr. 29 TKG enthaltenen Rechtsgedankens vollumfänglich gegen sich gelten lassen muss.
Vgl. zu § 3 Nr. 29 TKG BVerwG, Beschlüsse vom 7. Juli 2008 - 6 B 14.08 - Buchholz 442.066 § 131 TKG Nr. 1 = juris, Rn. 4f., und -6 B 29.08 -, Buchholz 442.066 § 3 TKG Nr. 1 = juris, Rn. 4 f.
Eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist aber auch dann nicht geboten, wenn diese Erwägung im Ergebnis nicht tragen sollte und die DB RegioNetz Infrastruktur GmBH in Ermangelung einer ihr gegenüber bewirkten Änderung noch Inhaberin der ursprünglich erteilten Entgeltgenehmigung wäre. Selbst wenn dieser Umstand mit der Rechtsauffassung der Antragstellerin die Rechtswidrigkeit der ihr gegenüber ergangenen Änderungsentscheidung zur Folge haben sollte, weil beide Gesellschaften jedenfalls nach einheitlichen materiellen Maßstäben zu behandeln wären, hätte es die Antragsgegnerin in der Hand, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens auch mit Wirkung gegenüber der DB RegioNetz Infrastruktur GmBH eine entsprechende Änderung der Entgeltgenehmigung zu bewirken und damit eine etwaige Fehlerhaftigkeit zu heilen. Für die Zwischenzeit sind unüberwindbare technische Umsetzungsschwierigkeiten aufgrund der begrenzten praktischen Auswirkungen der vorgenommenen Änderung nicht zu erwarten, so dass aus diesem Grund eine Aussetzung der Vollziehung nicht geboten wäre.
3. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist für den Senat jedoch ernsthaft zweifelhaft, ob die mit dem Beschluss der Bundesnetzagentur vom 6. Februar 2017 für die Netzfahrplanperiode 2017/2018 antragsgemäß genehmigte Abgrenzung des SPFV-Marktsegments „Nacht“ - wie für eine Rücknahme nach Maßgabe von § 48 VwVfG erforderlich -tatsächlich rechtswidrig ist. ln Anbetracht der nur rudimentär geregelten gesetzlichen Vorgaben für die Bildung und Abgrenzung der Marktsegmente, die auch in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bislang noch keine weitere Konkretisierung erfahren haben, drängt sich eine Rechtsfehlerhaftigkeit für den Senat jedenfalls nicht auf.
Die Entgeltbildung für die Nutzung des Mindestzugangspakets beruht gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 ERegG auf dem Prinzip der sog. Vollkostendeckung. Der Betreiber der Schienenwege ist im Ausgangspunkt verpflichtet, mit der Summe der Entgelte die Gesamtkosten des Mindestzugangspakets zu decken. Die Gesamtkosten des Mindestzugangspakets umfassen alle dem Schienenwegebetreiber tatsächlich entstehenden Kosten, also diejenigen Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen, sowie alle übrigen Kosten, die dem Betrieb der Schienenwege zurechenbar sind, wobei das diesen Ausgangspunkt modifizierende System der Anreizregulierung nach §§ 25 ff. ERegG gemäß der Übergangsregelung des § 80 Abs. 5 ERegG für die hier streitige Netzfahrplanperiode noch keine Anwendung findet. Sinn und Zweck des Prinzips der Vollkostendeckung ist es, für den Betreiber der Schienenwege auskömmliche Mittelzuflüsse sicherzustellen, um dauerhaft einen sicheren Eisenbahnverkehr gewährleisten zu können.
Vgl. die Einzelbegründung zu § 31 Abs. 2 im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Mai 2016, in: BT-Drs. 18/8334, S. 196; Klinge, in: Staebe, Eisenbahnregulierungsrecht, 2018, §31 Rn. 7.
Das im Einzelnen zu erhebende Entgelt für das Mindestzugangspaket setzt sich nach der im Gesetz angelegten Struktur aus zwei Teilen zusammen. Den ersten Teil bilden gemäß § 34 Abs. 3 Abs. 1 ERegG diejenigen Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen und die nach näherer Maßgabe von § 34 Abs. 4 ERegG zu ermitteln sind. Sie umfassen die variablen Kosten, die aufgrund der Nutzung der Schienenwege durch jeweils einen Zug entstehen, nicht aber die mit dem Betrieb der Schienenwege verbundenen Fixkosten. Sie spiegeln - im ökonomischen Sinne – im Wesentlichen die Grenzkosten wieder und bilden die Basis bzw. die Untergrenze für das zu erhebende Entgelt. Der zweite Teil ergibt sich aus den in § 36 ERegG vorgesehenen Aufschlägen, die der Betreiber der Schienenwege zur Vollkostendeckung erheben kann.
Vgl. die Einzelbegründung zu § 34 Abs. 3 und § 36 Abs. 1 im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Mai 2016, in: BT-Drs. 18/8334, S. 197 bzw. S. 199; Klinge, in: Staebe, Eisenbahnregulierungsrecht, 2018, §34 Rn. 5 ff. und § 36 Rn. 2.
lm Einzelnen bestimmt§ 36 Abs. 1 Satz 1 ERegG, dass die Aufschläge auf der Grundlage effizienter, transparenter und nichtdiskriminierender Grundsätzen zu erheben sind, wobei die bestmögliche Wettbewerbsfähigkeit der Segmente des Eisenbahnmarktes zu gewährleisten ist. Bereits mit dieser Maßgabe ist vorgegeben, dass der Betreiber der Schienenwege zur Erhebung von Aufschlägen Marktsegmente der Verkehrsleistungen voneinander abgrenzen und bei der Verteilung der zur Vollkostendeckung verbleibenden Kosten die unterschiedliche Tragfähigkeit dieser Marktsegmente berücksichtigen muss.
Vgl. die Einzelbegründung zu § 36 Abs. 1 im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Mai 2016, in: BT-Drs. 18/8334, S. 199.
§ 36 Abs. 2 Satz 1 ERegG bestimmt sodann, dass ein Betreiber der Schienenwege zu prüfen hat, inwieweit die Aufschläge für bestimmte Verkehrsdienste oder Marktsegmente in Betracht kommen. Die Vorschrift soll ausweislich der Gesetzesbegründung klarstellen, dass die Verteilung der Kosten auf einzelne Verkehrsdienste oder Marktsegmente zur Entgeltbildung jedenfalls im Ausgangspunkt Aufgabe des Betreibers der Schienenwege ist.
Vgl. die Einzelbegründung zu § 36 Abs. 2 im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Mai 2016, in: BT-Drs. 18/8334, S. 199.
§ 36 Abs. 2 Satz 2 ERegG gibt dem Betreiber der Schienenwege dabei weiterhin vor, die in Anlage 7 Nr. 1 zu § 36 Abs. 2 und § 39 ERegG genannten Verkehrsdienst- oder Marktsegmentpaare (Personenverkehr/Güterverkehr; Gefahrgutzüge/andere Güterzüge; Inländischer Verkehr/grenzüberschreitender Verkehr; Kombinierter Verkehr/Direktverkehr; Personenstadt- oder -regionalverkehr/Personenfernverkehr; Ganzzüge/Einzelwagenverkehr; Netzfahrplan/Ad-hoc-Verkehr) zu prüfen und die zutreffenden auszuwählen, wobei der Entgeltbildung mindestens die drei Verkehrsdienste Güterverkehrsdienste, Schienenpersonennahverkehrsdienste und sonstige Personenverkehrsdienste im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages sowie Schienenpersonenfernverkehrsdienste zu Grunde zu legen sind.
Schließlich bestimmt §36 Abs. 3 Satz 1 ERegG, dass ein Betreiber der Schienenwege die Verkehrsdienste je nach Art der transportierten Güter oder der Personenbeförderung weiter in Marktsegmente untergliedern kann. Ausweislich der Gesetzbegründung können nach § 36 Abs. 3 Satz 1 ERegG insbesondere Marktsegmente gebildet werden, die sich bezüglich des transportierten Gutes, bezüglich der Anforderungen der Benutzer oder der Anforderungen an die Qualität des Schienenweges unterscheiden.
Vgl. die Einzelbegründung zu § 36 Abs. 3 im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Mai 2016, in: BT-Drs. 18/8334, S. 199.
Darüber hinaus enthalten die gesetzlichen Bestimmungen jedoch keine ausdrücklichen konkrete Vorgaben dazu, anhand welcher Kriterien und Methoden die nach § 36 Abs. 2 Satz 2 ERegG vorgeschriebene Prüfung und Auswahl der in Anlage 7 Nr. 1 zu § 36 Abs. 2 und § 39 ERegG genannten Verkehrsdienst- oder Marktsegmentpaare vorzunehmen oder die durch § 36 Abs. 3 Satz 1 ERegG eröffnete Möglichkeit zur Bildung weiterer Marktsegmente innerhalb der Verkehrsdienste zu erfolgen hat.
a) Unter den gegebenen Umständen lässt sich zunächst nicht feststellen, dass die Antragstellerin das hiernach vorgegebene Prüfungs- und Entscheidungsprogramm mit der Abgrenzung des im Streit stehenden SPFV-Marktsegments „Nacht“ offensichtlich verfehlt hätte. lm Einzelnen hat die Antragstellerin ausweislich ihrer detaillierten, hier nicht in allen Einzelheiten wiederzugeben Ausführungen zur Antragsbegründung,
vgl. Anlage 6a - Begründung der Marktsegmentierung, Bl. 27 ff. der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin,
ausgehend von einem von kartellrechtlichen Grundsätzen geprägten Marktbegriff und unter Beachtung der durch § 36 ERegG im Einzelnen vorgegebenen eisenbahnspezifischen Kriterien verkehrsräumliche, sachliche und zeitliche Segmentierungskriterien herausgearbeitet und der vorgenommenen Marktsegmentierung zu Grunde gelegt. Dabei ist zwischen den Beteiligten jedenfalls im Ausgangspunkt nicht streitig, dass auch die Verkehrszeit der Erbringung des Verkehrsdienstes von dem in § 36 Abs. 3 Satz 1 ERegG enthaltenen Segmentierungskriterium der „Art“ der Personenbeförderung umfasst wird, weil die Verkehrszeit erheblichen Einfluss auf die Attraktivität des Verkehrsangebots besitzt und zur Unterscheidung unterschiedlicher Endkundenbedürfnisse tauglich ist. Ebenso wenig hat seitens der Antragsgegnerin zu Beanstandungen geführt, dass die Antragstellerin aus Praktikabilitätsgründen eine Bündelung von Zeiten nach der Aufkommensstärke des Personenverkehrs bzw. der Nachfragestruktur vorgenommen und dabei Tagesgang- bzw. Wochenganglinien gebildet hat, die in tatsächlicher Hinsicht auf einer jedenfalls plausiblen Auswertung einer aus dem Jahr 2008 stammenden deutschlandweiten Haushaltsbefragung im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zum Mobilitätsverhalten beruhen. lm Einzelnen lassen sich hiernach unter Zugrundelegung der Wochenganglinien und unter Inkaufnahme verschiedener, aus Vereinfachungsgründen vorgenommener Pauschalierungen für den SPFV auch nach Auffassung der Antragsgegnerin in nachvollziehbarer Weise drei unterschiedliche Perioden mit hohem Reisendenaufkommen (6:00 Uhr bis 20:00 Uhr von Freitag bis Montag bzw. 9:00 Uhr bis 20:00 Uhr an Samstagen und Sonntagen), mit niedrigem Reisendenaufkommen (20:00 Uhr bis 23:00 Uhr und von 6:00 Uhr bis 9:00 Uhr an Samstagen und Sonntagen) sowie mit sehr niedrigem Reisendenaufkommen (23:00 Uhr bis 6:00 Uhr) unterscheiden. Maßgeblich für die schlussendlich als eigenes Marktsegment herausgebildete und durch die Antragsgegnerin genehmigte Verkehrszeit „Nacht“ zwischen 23:00 Uhr und 6:00 Uhr sind aus Sicht der Antragstellerin dabei die unterschiedlichen Endkundenbedürfnisse gegenüber anderen Marktsegmenten sowie die Tragfähigkeit dieser Verkehre aufgrund generell nachlassender Reisendenströme in der Nacht gegenüber tagsüber bzw. abends verkehrenden Zügen. Zugleich wird für diejenigen Trassenabschnitte, die das Zeitkriterium nicht vollständig abdecken, in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen insbesondere aus Gründen der Einfachheit und Transparenz des Systems sowie der geringen „Manipulationsanfälligkeit" eine „minutenscharfe“ Abgrenzung gewählt, nach der das Verhältnis zwischen der Fahrtzeit innerhalb und außerhalb des jeweiligen Zeitraums gebildet wird. Die hiernach maßgeblichen Abgrenzungskriterien stehen auf der Grundlage einer im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung weder in einem erkennbaren Widerspruch zu den ausdrücklichen gesetzlichen Vorgaben des § 36 ERegG noch ist ersichtlich, dass sie auf einer unzutreffenden Tatsachenbasis beruhten oder unter Heranziehung sachfremder Erwägungen gebildet worden wären.
b) Soweit die Antragsgegnerin demgegenüber eine Abgrenzung der einzelnen Marktsegmente unter Berufung auf den der ökonomischen Theorienbildung entnommenen sog. „RamseyAnsatz“ hier allein unter dem Gesichtspunkt der Preiselastizität bzw. Preisreagibilität der Endkundennachfrage vornehmen will, bedarf es zunächst einer Klärung im Hauptsacheverfahren, ob die inhaltlich nur wenig aussagekräftigen Bestimmungen des § 36 ERegG zumindest ihrer Regelungslogik nach für eine solche Interpretation nicht nur offenstehen, sondern diese auch im Sinne einer Rechtsfehlerhaftigkeit anderer methodischer Ansätze zwingend erfordern. Dies könnte nicht zuletzt auch deshalb zweifelhaft sein, weil die in Anlage 7 Nr. 1 zu § 36 Abs. 2 und § 39 ERegG genannten Verkehrsdienst- oder Marktsegmentpaare jedenfalls teilweise (etwa die Begriffspaare Netzfahrplan/Ad-hocVerkehr und Kombinierter Verkehr/Direktzüge) eher aus der Sicht der zugangsberechtigten Eisenbahnverkehrsunternehmen abzuleiten sein dürften als aus der Sicht der Endkunden. Sinngemäß dürfte dies auch für die in den Gesetzgebungsmaterialien erwähnte Möglichkeit einer Marktsegmentabgrenzung anhand der Anforderungen an die Qualität des Schienenweges gelten.
Vgl. für eine methodische Offenheit auch Klinge, in: Staebe, Eisenbahnregulierungsrecht, 2018, § 36 Rn. 10 ff.
Es kommt hinzu, dass die Antragsgegnerin die nunmehr vorgenommene Modifizierung der bislang „minutenscharf“ geregelten Abgrenzung der Marktsegmente in zeitlicher Hinsicht nur für das Marktsegment „Nacht“ für geboten hält, während es im Übrigen, d.h. für die am Tag verkehrenden Züge, auch nach der Beurteilung der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden sein soll, dass der Wechsel des Marktsegments „auf freier Strecke" und nicht erst am nächsten kommerziellen Halt erfolgt, der den Endkunden auch dort erstmals einen Zustieg bzw. Ausstieg ermöglicht. Die Antragsgegnerin begründet ihre differenzierende Einschätzung insoweit damit, dass sich der „minutenscharfe“ Wechsel des Marktsegments bei Nachtzugverkehren im Gegensatz zu anderen Verkehren besonders auswirke, weil deren Haltefrequenz deutlich geringer sei, als bei tagsüber verkehrenden Zügen. Deshalb falle bei Letzteren ein Segmentwechsel zu einem bestimmten Zeitpunkt deutlich weniger ins Gewicht; die sich für die Zugangsberechtigten ergebenden Konsequenzen seien daher vernachlässigbar. Für die in der Zeit von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr verkehrenden Nachtzüge gelte dies jedoch nicht, wie das Beispiel des von der Beigeladenen betriebenen Nachtzugs zwischen Berlin und Malmö zeige. Auch wenn die Antragsgegnerin damit einen im Ausgangspunkt durchaus nachvollziehbaren Begründungsansatz für eine differenzierte Beurteilung gewählt hat, lässt dieser doch erkennen, dass es sich bei ihrem Hinweis auf die ab dem ersten kommerziellen Halt vor der Nachtperiode bis zum ersten kommerziellen Halt nach der Nachtperiode identisch bleibende Nachfrageelastizität im Hinblick auf die Endkunden nicht um einen prinzipiellen Einwand gegen die von der Antragstellerin vorgenommene Marktsegmentierung handelt. Seine Entscheidungserheblichkeit hängt- auch vom Rechtsstandpunkt der Antragsgegnerin ausgehend - vielmehr von dem Ausmaß der durch eine vermeintlich „unscharfe“ Abgrenzung von Marktsegmenten mit unterschiedlicher Nachfrageelastizität drohenden Verwerfungen und damit auch von wertenden Aspekten ab, die an der einen Stelle (schon) eine Korrektur erfordern können, während sie an einer anderen Stelle (noch) als hinnehmbar erscheinen. Damit ist zugleich die Frage aufgeworfen, bis zu welchem Grad die Verkehrsdienste anhand der Nachfrageelastizität in weitere Marktsegmente zu differenzieren bzw. ab welchem Grad etwaige im Einzelfall unter dem Gesichtspunkt der Nachfrageelastizität denkbare Unschärfen oder Unbilligkeiten im Interesse der Übersichtlichkeit und Handhabbarkeit der Systems insgesamt hinzunehmen sind.
c) Schließlich wäre im Hauptsacheverfahren auch der Frage nachzugehen, inwieweit § 36 Abs. 2 Satz 1 ERegG mit der dem Betreiber der Schienenwege zugewiesenen Aufgabe der Marktsegmentierung auch einen durch die Antragsgegnerin bei der Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen zu beachtenden Gestaltungsspielraum zubilligt, im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen mögliche Marktsegmente zu differenzieren oder von einer Differenzierung möglicher Marktsegmente abzusehen. Die nur sehr zurückhaltend ausgestalteten gesetzlichen Vorgaben, insbesondere das Fehlen konkreter inhaltlicher Kriterien und Methoden, legen jedenfalls nahe, dass vielfach nicht eine einzige rechtsfehlerfreie Marktsegmentierung in Betracht kommt. Anderes dürfte sich voraussichtlich auch nicht aus dem in § 36 Abs. 1 Satz 1 ERegG vorgegebenen Ziel ableiten lassen, die bestmögliche Wettbewerbsfähigkeit der Marktsegmente des Eisenbahnmarktes zu gewährleisten. Denn auch die Beantwortung der Frage, was die bestmögliche Wettbewerbsfähigkeit in diesem Sinne garantiert, wird vielfach von Wertungen und Prognosen abhängig sein, die allenfalls theoretisch eine eindeutige Aussage zulassen.
Vgl. zur Annahme eines Gestaltungsspielraums sowohl zu Gunsten des Schienenwegebetreibers, als auch zu Gunsten der Regulierungsbehörde Klinge, in: Staebe, Eisenbahnregulierungsrecht, 2018, § 36 Rn. 10.
4. Die hiernach bestehenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der in der Hauptsache angefochtenen Entscheidung lassen die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem Suspensivinteresse der Antragstellerin und den privaten wie öffentlichen Interessen an einer sofortigen Vollziehung zu Gunsten des Suspensivinteresses der Antragstellerin ausfallen. Soweit in Anbetracht der nur summarisch möglichen Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache eine ergänzende Folgenabwägung vorzunehmen ist, rechtfertigt diese kein anderes Ergebnis. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass ein rückwirkender Eingriff in die mit Beschluss der Bundesnetzagentur vom 6. Februar 2017 zunächst genehmigten Entgelte und Entgeltgrundsätze in Rede steht, auf die sich die Marktteilnehmer für die Netzfahrplanperiode 2017/2018 zunächst eingestellt haben. Außerdem ist die Netzfahrplanperiode zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat bereits beendet, so dass die beabsichtigte Änderung nur noch Bedeutung für die Abrechnung der in Anspruch genommenen Trassen haben kann. In Anbetracht der im Anschluss an eine rechtskräftige Entscheidung im Hauptsacheverfahren ohnehin möglichen Rückabwicklung zu Unrecht festgesetzter Entgelte bedürfte es daher unter diesen Umständen besonders gewichtiger Gründe, um einstweilen für die Zeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens eine von der ursprünglich erteilten Entgeltgenehmigung abweichende Regelung in Kraft zu setzen, die dann je nach dem Ausgang des Hauptsacheverfahren ggf. wieder hinfällig und rückabzuwickeln wäre.
Derartige Gründe sind für den Senat nicht ersichtlich. Sie ergeben sich insbesondere nicht schon daraus, dass die Beigeladene nach Einschätzung der Antragsgegnerin von einer modifizierten Abgrenzung des SPFV-Marktsegments „Nacht" spürbarer betroffen wäre als die Antragstellerin selbst, für die die finanziellen Nachteile im Verhältnis zum Gesamtvolumen der für die Netzfahrplanperiode 2017/2018 zu erwartenden Einnahmen sehr überschaubar sind. Dass sich der Preisunterschied für die Beigeladene in der Weise auswirken könnte, dass diese ernsthaft in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht wäre, würde sie mit ihrem Anliegen auf das Hauptsacheverfahren verwiesen, wird weder durch die Antragsgegnerin noch durch die Beigeladene behauptet. lm Übrigen ist schon die Annahme der Antragsgegnerin, der in Rede stehende Preisunterschied könne für die Beigeladene über den wirtschaftlichen Erfolg eines Zuglaufs entscheiden, nicht hinreichend durch nachvollziehbares Zahlenmaterial substantiiert worden. Schließlich sind die Folgen der Entscheidung auf die Abrechnung der Netzfahrplanperiode 2017/2018 begrenzt, da die Antragsgegnerin die Entgelte und Entgeltgrundsätze bereits für die nachfolgende Netzfahrplanperiode 2018/2019 nur mit der von ihr für erforderlich erachteten Modifizierung bei der Abgrenzung des SPFVMarktsegments „Nachts" genehmigt hat.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Gericht | OVG Münster |
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Typ | Beschluss |
Datum | 01.03.2019 |
Normen | § 45 ERegG; § 46 ERegG Abs. 3, Abs. 5 Abs. 4; §§ 10, 11, 12, 13, 14 ERegG; Ziffer 6.2.1.2.5 der Schienennetznutzungsbedingungen 2018 (SNB); § 48 Abs. 1 VwVfG; § 68 ERegG; § 66 ERegG; § 80 Abs. 5 S. 1 Halbsatz 1 VwGO; Art. 20 Abs. 3 GG; § 315 BGB; § 77 A |
Stichworte | Genehmigung von Entgelten eines Schienenwegebetreibers, Rücknahme einer Genehmigung nach § 48 VwVfG, Genehmigung von Trassenentgelten iRd Mindestzugangspakets, Eisenbahnregulierungsrecht |
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