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LG Köln, Urteil vom 05.09.2018

Az.: 18 K 7139/16

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Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt innerhalb des Seehafens C. eine Siloanlage. Der Seehafen C. wird von der O. GmBH & Co. KG (O1) betrieben. Die Anlage der Klägerin dient nach ihren eigenen Angaben dem Umschlag, der Lagerung und Bearbeitung von Getreide und (schwerfließenden) Futtermitteln. Die Siloanlage umfasst mehrere Silos mit insgesamt 400 Silozellen, in denen Getreide und Futtermittel gelagert werden können. Die Lagerkapazität beträgt 512.000 Tonnen. Die Anlagenteile FOW (free on waggon) Süd, FOW Nord landseitig und FOW Nord wasserseitig sind bimodal an die Verkehrsträger Lkw und Eisenbahn, nicht aber an den Verkehrsträger Schiff angebunden. Bei den beiden erstgenannten Anlagenteilen kann sowohl eine Be- als auch eine Entladung erfolgen. Bei dem Anlagenteil FOW Nord wasserseitig kann nur eine Beladung erfolgen. Ein Direktumschlag erfolgt in etwa fünf Prozent der Fälle, jedoch nur zwischen den Verkehrsträgern Schiff und Lkw. Die per Eisenbahn angelieferten Güter werden stets vor dem Weitertransport eingelagert und behandelt. Anlagen, die ausschließlich der Be- und Entladung von Waggons dienen, existieren nicht.

Die Be- und Entladung der Waggons findet auf insgesamt vier Gleisen statt. Die Stellen, an denen die Siloanlage vom Verkehrsträger Schiene genutzt werden, sind solche, an denen der Waggon oder der Lkw direkt unter das der Beladung dienende Verladerohr gefahren wird. Die nach der Einlagerung erfolgende Behandlung der Güter durch die Klägerin ist abhängig vom eingelagerten Gut. Eine von der Klägerin angebotene Leistung besteht in der Begasung des eingelagerten Gutes zum Zweck der Schädlingsbekämpfung. Zudem bietet die Klägerin das Schroten pelletierter Ware sowie das Aspirieren der Güter an. Dabei werden unerwünschte Bestandteile aus dem Produkt herausgefiltert, um es sortenrein zu machen. Eine weitere Form der Bearbeitung der Güter ist etwa das Mischen, um einen Durchschnittsproteingehalt zu gewährleisten.

Die auf dem Hafengelände befindlichen Gleisanlagen betreibt die O1. Sie schließt für die Gleisnutzung Verträge mit den Zugangsberechtigten. Die Klägerin hat bisher keine vertraglichen Beziehungen zu Eisenbahnverkehrsunternehmen. Der Anteil der Waggonverkehre am Gesamtaufkommen der Getreide- und Futtermittelverkehre im Seehafen C. lag in den letzten Jahren bei ca. 10%.

Mit Bescheid vom 22.3.2016 verpflichtete die Beklagte die Klägerin nach Anhörung dazu, für die von ihr betriebene Serviceeinrichtung Nutzungsbedingungen aufzustellen und sie über die aufgestellten Nutzungsbedingungen bis zum 27.5.2016 im Rahmen einer Mitteilung nach § 14 d Satz 1 Nr. 6 AEG a. f. zu unterrichten. Für den Fall der gänzlichen oder teilweisen Nichterfüllung der vorgenannten Verpflichtungen drohte die Beklagte der Klägerin jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 15.000,- € an. Zur Begründung machte sie im Wesentlichen geltend, es handele sich bei der von der Klägerin betriebenen Anlage um ein Güterterminal i. S. d. § 2 Abs. 3c Nr. 3 AEG a. f. Sie sei als Betreiberin der verfahrensgegenständlichen Anlage anzusehen, weil sie die Anmeldungen entgegennehme und über diese auch im Rahmen ihrer täglichen Betriebsplaung entscheide. Es handele sich bei den Anlagen der Klägerin um Betriebsanlagen der Eisenbahnen und damit gemäß der Legaldefinition in § 2 Abs. 3 AEG a. f. um Eisenbahninfrastruktur. Maßgeblich für den Begriff der Serviceeinrichtung sei der Eisenbahnbetriebsbezug. Unerheblich sei, dass die Klägerin nicht auch zugleich Betreiberin der Gleise sei.

Die Entscheidung sei auch verhältnismäßig. Denn es sei nicht ersichtlich, dass die Abläufe in der Anlage der Klägerin durch die Pflicht zur Erstellung von Nutzungsbedingungen unmöglich gemacht würden.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und machte im Wesentlichen geltend, die von ihr betriebenen Anlagen stellten keine Serviceeinrichtung und damit auch keine Eisenbahninfrastruktur DAR. Erforderlich für die Annahme einer Serviceeinrichtung sei, dass tatsächlich ein Umschlag von Gütern erfolge, was eine logistische Einheit in zeitlicher und operativer Hinsicht voraussetze. In der Anlage der Klägerin würden die Güter angeliefert und sodann zum ganz überwiegenden Teil gelagert, bearbeitet und sodann weiter transportiert. Der Betrieb der Klägerin, der schwerpunktmäßig auf die Seeschifffahrt ausgerichtet sei, werde ganz empfindlich gestört, wenn eine vorrangige Berücksichtigung des Zugverkehrs erfolgen müsse, der nur ca. 10% der Verkehre ausmache.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8.8.2016 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück, wobei sie die Verpflichtung der Klägerin zur Aufstellung von Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen in der Begründung des Bescheides auf die Anlagenteile FOW Süd, FOW Nord landseitig und FOW Nord wasserseitig bezog.

Am 16.8.2016 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung macht sie geltend, der für die Regulierungsunterworfenheit notwendige Eisenbahnbetriebsbezug für Güterterminals sei nur gegeben, wenn der in Rede stehende Güterumschlag in ein bahnbetriebsbezogenes Konzept eingebunden sei, d. h. wenn die logistische Einheit beim Gütertransport gewahrt sei. Es reiche für den Eisenbahnbetriebsbezug nicht aus, dass eine Anlage einen Berührungspunkt mit dem Verkehrsträger Schiene aufweise. Bei der von ihr betriebenen Einrichtung sei die logistische Einheit beim Gütertransport nicht gewahrt. Ihr wesentliches Geschäft in den streitgegenständlichen Anlagen bestehe in der Lagerung, Bearbeitung und dem Transport verschiedenster Agrar- und Futtermittel. Die angelieferten Waren würden zu mehr als 95 % in der Siloanlage eingelagert und erst dann weiter transportiert. Der Seehafen C. erfülle als Spezialhafen eine Sonderfunktion und sei nicht in die zentralen europäischen Umschlagstrukturen eingebunden. Er sei deshalb auch nicht in den Pflichtenkatalog der europäischen Güterverkehrskorridore einbezogen. Ein Bedürfnis für eine eisenbahnrechtliche Regulierung der Anlagen der Klägerin bestehe nicht.

Wenn für die Verkehre über das Wasser und die Straße wegen der Bevorzugung der Schiene die Planungssicherheit verloren gehe, habe dies erhebliche negative Auswirkungen auf die Konkurrenzfähigkeit des Seehafens C. Aufgrund ihrer speziellen Ausrichtung habe eine bevorzugte Behandlung der Seeschiffe zu erfolgen. Außerdem unterliege sie strengen lebens- und futtermittelrechtlichen Beschränkungen, die ebenfalls spezielle zeitliche Dispositionen erforderten und mit einer eisenbahnrechtlichen Regulierung nicht vereinbar seien.

Da die von ihr betriebene Infrastruktur keine Serviceeinrichtung darstelle, unterliege sie auch nicht dem Regulierungsregime des AEG a. f. bzw. des ERegG.

Hilfsweise macht die Klägerin geltend, es sei nicht zulässig, die Serviceeinrichtung „Hafen“ zu segmentieren. Denn eine solche Segmentierung habe keine Grundlage im Unionsrecht. Schließlich sei auch die Ermessensausübung zu beanstanden. Die Beklagte habe den Sachverhalt nicht hinreichend genau ermittelt und deshalb nicht festgestellt, dass keine Einbindung in ein Eisenbahnbetriebskonzept vorliege. Deshalb sei auch die Ermessensausübung fehlerhaft. Schließlich seien die Belastungen, die sich für die Klägerin aus der Regulierungsunterworfenheit ergäben, unverhältnismäßig.

 

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 22.3.2016 und den Widerspruchsbescheid vom 8.8.2016 aufzuheben.

 

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Sie macht im Wesentlichen geltend, bei der Prüfung der Rechtslage im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sei auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen, da es sich um einen Dauerverwaltungsakt handele. Die Klägerin betreibe ein Güterterminal nach Anlage 2 Nr. 2 Satz 1 lit. b Eisenbahnregulierungsgesetz vom 29.8.2016, BGBl. I, 2082 (ERegG). Güterterminal sei ein Knotenpunkt, an dem Güter von Zügen auf andere Vekehrsträger oder umgekehrt umgeladen würden. Die Anlagen der Klägerin erfüllten diese Voraussetzungen, weil sie an den FOW-Stellen einen Verkehrsträgerwechsel des transportierten Gutes vom Waggon auf das Schiff und umgekehrt ermöglichten. Wesentlicher Zweck eines Güterterminals sei die Verknüpfung zweier Transportketten. Die Rechtsprechung fordere für das Vorliegen eines Eisenbahnbetriebsbezugs bewusst keinen zeitlichen Zusammenhang. Es sei deshalb unschädlich, dass die Güter zwischengelagert, bearbeitet und nicht unmittelbar umgeladen würden.

Eine Segmentierung des Hafens sei rechtlich geboten. Anlage 2 Nr. 2 Satz 2 ERegG stelle unmissverständlich klar, dass auch Serviceeinrichtungen in See- und Binnenhäfen regulierungsrechtlich relevant seien. Dazu passe, dass der Hafen nicht mehr als eigenständige Serviceeinrichtung geregelt sei.

Das Eisenbahnregulierungsrecht verfolge einen intramodalen und nicht einen intermodalen Ansatz. Einen diskriminierungsfreien Zugang der Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) im Verhältnis zu anderen Verkehrsträgern verlange das ERegG nicht. Deshalb müsse die Klägerin auch nicht befürchten, dass es ihr aufgrund der eisenbahnregulierungsrechtlichen Beschränkungen nicht mehr möglich sein werde, Schiffsverkehre gegenüber dem Eisenbahnverkehr bevorzugt zu behandeln. Vielmehr müsse die Klägerin nur gewährleisten, dass alle Unternehmen, die einen Transport von den Anlagen der Klägerin oder zu diesen Anlagen auf der Schiene durchführen möchten, die eisenbahnbetriebsbezogenen Anlagenteile und Leistungen zu diskriminierungsfreien Bedingungen nutzen könnten.

Die Bedeutung der streitgegenständlichen Anlage der Klägerin für den Wettbewerb im Eisenbahnbereich werde erst in einem etwaigen Befreiungsverfahren nach § 2 Abs. 5 ERegG relevant.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten vorgelegten Vewaltungsvorgänge Bezug genommen.

 

Gründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide vom 22.3.2016 und vom 8.8.2016 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei dem hier streitgegenständlichen Dauerverwaltungsakt der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Deshalb sind hier die Bestimmungen des am 2.9.2016 in Kraft getretenen ERegG anzuwenden.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1.12.2016 – 13 A 3080/15 - , juris Rdnr. 32 ff.; BVerwG, Beschluss vom 15.1.2018 - 6 B 21/17 –, juris.

Rechtliche Grundlage für die hier getroffenen Maßnahmen ist § 67 Abs. 1 Satz 1 ERegG. Danach kann die Regulierungsbehörde gegenüber Eisenbahnen und den übrigen nach diesem Gesetz Verpflichteten die Maßnahmen treffen, die erforderlich sind, um Verstöße gegen dieses Gesetz zu beseitigen oder zu verhüten. Ein Austausch der Rechtsgrundlage ist möglich, weil die Eingriffsvoraussetzungen in § 67 Abs. 1 Satz 1 ERegG im Vegleich zu § 14 c Abs. 1 AEG im Wesentlichen dieselben sind und der Beklagten in beiden genannten Vorschriften Ermessen eingeräumt ist.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1.12.2016 – 13 A 3080/15 - , juris Rdnr. 43.; BVerwG, Beschluss vom 15.1.2018 - 6 B 21/17 –, juris.

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 67 Abs. 1 Satz 1 ERegG sind erfüllt. Die Klägerin ist ein Eisenbahninfrastrukturungternehmen, das es unter Verstoß gegen § 19 Abs. 4 ERegG unterlassen hat, Nutzungsbedingungen für das von ihr betriebene Güterterminal aufzustellen. Nach § 19 Abs. 4 ERegG hat der Betreiber einer Serviceeinrichtung die Nutzungsbedingungen für die von ihm betriebene Serviceeinrichtung mit den nach § 13 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 Nr. 3, § 21 und Anlage 3 Nr. 6 sowie den nach § 1 Abs. 19 erforderlichen Informationen aufzustellen. Dass die Klägerin solche Bedingungen bis zum Erlass des Bescheides vom 22.3.2016 nicht aufgestellt hatte, ist unstreitig.

Die Klägerin betreibt eine Serviceeinrichtung. Nach § 2 Abs. 11 AEG in der seit dem 2.9.2016 geltenden Fassung (AEG) , der mangels Begriffsbestimmung im Eisenbahnregulierungsgesetz hier anwendbar ist, ist Betreiber einer Seviceeinrichtung jedes Eisenbahninfrastrukturunternehmen, das für den Betrieb einer Serviceeinrichtung zuständig ist. Die Klägerin ist ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen, das im Seehafen C. eine Serviceeinrichtung betreibt. Nach § 2 Abs. 1, 2. Alt. AEG sind Eisenbahninfrastrukturunternehmen öffentliche Einrichtungen oder privatrechtlich organisierte Unternehmen, die eine Eisenbahninfrastruktur betreiben. Diese umfasst nach § 2 Abs. 6 AEG die Betriebsanlagen der Eisenbahnen. Dazu zählen auch die Serviceeinrichtungen. Serviceeinrichtungen sind nach § 2 Abs. 9 AEG die Anlagen, unter Einschluss von Grundstück, Gebäude und Ausrüstung, um eine oder mehrere der in der Anlage 2 Nr. 2 bis 4 ERegG genannten Serviceleistungen erbringen zu können. Bei der Anlage der Klägerin handelt es sich um ein Güterterminal i. S. der Anlage 2 Nr. 2 Satz 1 lit.b) ERegG. Nach dieser Vorschrift zählen zu den Serviceeinrichtungen Güterterminals einschließlich der Laderampen sowie der Zugangswege für Güter, einschließlich der Zufahrtsstraßen. Nach Anlage 2 Nr. 2 Satz 2 ERegG werden auch Serviceeinrichtungen in See- und Binnenhäfen erfasst.

Die Klägerin betreibt mit ihrer Anlage ein Güterterminal im Sinne dieser Vorschriften. Den Begriff des Güterterminals definiert auch das neue Recht nicht. Güterterminals dienen nach dem herkömmlichen Verständnis dem Wechsel des Transportsystems für Güter. Es sind Knotenpunkte verschiedener Verkehrssysteme, an denen das Umladen von Gütern von Zügen auf andere Verkehrsträger oder auf Züge von anderen Verkehrsträgern erfolgt.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1.12.2016 – 13 A 3080/15 - , juris Rdnr. 59.; BVerwG, Beschluss vom 15.1.2018 - 6 B 21/17 –,juris Rdnr. 7. m. w. N.

Diese Voraussetzung erfüllt die Anlage der Klägerin. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist für die Definition einer Anlage als Güterterminal auch nicht die logistische Einheit des Güterverkehrs erforderlich. Vielmehr ist ausreichend, dass es sich um einen Knotenpunkt verschiedener Verkehrssysteme handelt, an dem ein Umladen der Güter von Zügen und auf Züge erfolgt. Die Tatsache, dass die in der Anlage der Klägerin ankommenden Güter in 95 % der Fälle gelagert und teilweise auch bearbeitet werden, bevor sie weiter transportiert werden, führt nicht dazu, dass es sich nicht mehr um einen Knotenpunkt handelte, an dem Güter umgeschlagen werden. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei der Zuordnung der Anlagen, die als Güterterminal zu definieren sind, von einem weiten Begriffsverständnis auszugehen.

Vgl. BVerwG, aaO, juris Rdnr. 12 ff.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in der genannten Entscheidung im Einzelnen hergeleitet, aus welchen Gründen das bereits nach § 2 Abs. 3 c AEG in der bis zum 1.9.2016 geltenden Fassung zugrunde zu legende weite Verständnis des Begriffs der Serviceeinrichtung nach der neuen Rechtslage umso mehr gerechtfertigt ist. Auf diese Ausführungen wird Bezug genommen.

Der logistische Zusammenhang in zeitlicher und operativer Hinsicht ist nicht erforderlich dafür, dass von einem Warenumschlag und damit von dem Begriff der Serviceeinrichtung ausgegangen werden könnte. Denn auch Güter, die nach ihrer Anlieferung gelagert oder bearbeitet und erst nach einiger Zeit abgeholt werden, werden umgeschlagen. Gleiches gilt auch, soweit die Güter in den Anlagen der Klägerin gemischt werden. Auch dabei handelt es sich unzweifelhaft um einen Warenumschlag. Insoweit unterscheiden sich die Dienstleistungen der Klägerin maßgeblich etwa von einem Automobilwerk, in das z.B. Metallteile angeliefert werden und von dem aus fertige Automobile abtransportiert werden. Es wäre mit einem herkömmlichen Begriffsverständnis nicht vereinbar, ein Automobilwerk als Umschlagsort für Metallteile zu definieren. Dem gegenüber wird man bei Getreide und Futtermittel auch dann noch von einem Warenumschlag sprechen können, wenn die Waren zwischenzeitlich gelagert, bearbeitet oder gemischt werden. Maßgebliches Abgrenzungskriterium für die Annahme eines Warenumschlags ist, ob die Güter bearbeitet oder verarbeitet werden. Bei einer Anlage, in der Güter ausschließlich verarbeitet werden, wird man nicht vom Ort eines Warenumschlags sprechen können.

Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 27.7.2018 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,

vgl. Beschluss vom 15.1.2018 – 6 B 21/17 -, juris Rdnr. 7,

geltend gemacht hat, dass auch das Bundesverwaltungsgericht bei der Bestimmung des Begriffs des Güterterminals von einer funktionalen Betrachtungsweise ausgehe und damit die Auffassung der Klägerin bestätige, dass eine logistische Einheit in zeitlicher und operativer Hinsicht gegeben sein müsse, ist auf Folgendes hinzuweisen: Das Bundesverwaltungsgericht hat an der genannten Stelle ausgeführt, dass für die Zuordnung einer Einrichtung in dem Katalog der Serviceeinrichtungen im Sinne einer funktionalen Betrachtung nur der Zweck und die typischen Betriebsabläufe in einer Einrichtung maßgeblich seien. Zu dem Zweck und den typischen Betriebsabläufen in der Anlage der Klägerin gehört aber gerade auch der Warenumschlag von Zügen auf andere Verkehrsträger und auf Züge von anderen Verkehrsträgern. Da in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist, dass nicht auf einen Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen ist, kommt es auf den Umstand, dass der reine Warenumschlag in dem Tätigkeitsspektrum der Klägerin nur eine untergeordnete Rolle spielt, nicht an.

Auch soweit die Klägerin befürchtet, dass sie aufgrund der Regulierungsunterworfenheit nicht mehr die für ihren Betrieb erforderliche Bevorzugung der Seeschiffe vornehmen könne, steht dies der Definition der Anlage der Klägerin als Güterterminal nicht entgegen. Unabhängig davon hat die Beklagte diesbezüglich klargestellt, dass das ERegG allein das Ziel einer intramodalen Gleichbehandlung verfolge, so dass eine bevorzugte Behandlung von Seeschiffen auch bei einer eisenbahnrechtlichen Regulierung möglich wäre. Gleiches gilt für die Betriebserfordernisse der Klägerin, die sich aus lebens- oder futtermittelrechtlichen Vorgaben ergeben. Auch die Einhaltung dieser Erfordernisse wird durch eine eisenbahnrechtliche Regulierung nicht gefährdet.

Soweit die Klägerin geltend macht, es gebe aufgrund der Struktur ihres Betriebes kein Bedürfnis für eine eisenbahnrechtliche Regulierung, kann dieser Umstand im Rahmen der Prüfung eines Befreiungsantrages nach § 2 Abs. 5 ERegG berücksichtigt werden.

Die Beklagte hat auch das ihr eingeräumte Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Die Ermessensentscheidung der Beklagten ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht deshalb rechtlich zu beanstanden, weil die Beklagte den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht hinreichend genau ermittelt hätte. Vielmehr hat die Beklagte die von der Klägerin im Einzelnen angebotenen Leistungen zutreffend ermittelt und dieses Ergebnis ihren Bescheiden zugrunde gelegt.

Die Ermessensentscheidung der Beklagten genügt auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es ist nicht davon auszugehen, dass die der Klägerin übertragenen Verpflichtungen zu unzumutbaren Nachteilen für sie führten. Vor allem ist zu beachten, dass den Betriebsabläufen in den einzelnen Serviceeinrichtungen bei der Ausgestaltung der Nutzungsbedingungen Rechnung getragen werden kann.

Vgl. BVerwG, aaO, juris, Rdnr. 16.

Die Verpflichtung der Klägerin, die Beklagte über die aufgestellten Nutzungsbedingungen zu unterrichten, folgt aus § 67 Abs. 4 Nr. 3 ERegG. Die der Klägerin hierfür gesetzte Frist ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Das angedrohte Zwangsgeld hält sich im Rahmen des § 67 Abs. 1 Satz 2 ERegG und begegnet unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit keinen Bedenken. Es ist mit 15.000,- € hinreichend hoch, um das Verhalten der Klägerin zu beeinflussen; andererseits ist es aber nicht so hoch, dass es für die Klägerin im Falle des Verstoßes zu untragbaren Ergebnissen führte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Gericht LG Köln
Typ Urteil
Datum 05.09.2018
Normen § 14d AEG a. f., § 2 AEG a. f., Anlage 2 ERegG, § 67 ERegG
Stichworte Siloanlage, Güterterminal, Serviceeinrichtung, Eisenbahninfrastruktur, Anwendbarkeit des Regulierungsrechts

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