BVerwG, vom 29.12.1994
Az.: 7 VR 12.94
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( BVerwG , 7. Senat)
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50 000 DM festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Plangenehmigung für das Unterwerk Gr.. Dieses Vorhaben, dessen Trägerin die Beigeladene ist, dient der Elektrifizierung der Bahnstrecke Ca.-Pr.. Dazu ist geplant, von der bereits vorhandenen 110-kV-Bahnstromleitung zwischen Gr. und We. bei Ta. eine ca. 2 km lange Stromleitung nach Gro. abzweigen zu lassen und diese dort an das Unterwerk anzuschließen. Der Standort des Werks ist am westlichen Eingang der zur antragstellenden Gemeinde gehörenden Ortschaft Un. neben einem alten Wasserturm vorgesehen. Südlich grenzen die hier endenden Gleisanlagen des Bahnhofs an; nördlich verläuft die Su. Straße (Ortsverbindungsstraße Gro.-B.Su.), an die das Unterwerk durch eine Zufahrt angebunden werden soll. Das in Anspruch genommene Gelände gehört der Beigeladenen und wird nach einem in den Planunterlagen enthaltenen Bestandsplan teilweise kleingärtnerisch genutzt; im übrigen befindet sich hier eine mehrjährige Ruderalvegetation.
Der geplante Abzweig der Bahnstromleitung und das Unterwerk waren Gegenstand eines von der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen beantragten Raumordnungsverfahrens. Dieses führte zu der abschließenden landesplanerischen Beurteilung vom 6. August 1993, daß das Vorhaben bei Erfüllung im einzelnen genannter Maßgaben den Erfordernissen der Raumordnung entspreche. Für die 110-kV-Bahnstromleitung, zu der auch der direkt am Unterwerk geplante Endmast gehört, wurden zwei Planfeststellungsabschnitte gebildet, die durch die Landesgrenze zwischen Sachsen-Anhalt und Thüringen getrennt werden. Die Planfeststellungsverfahren sind noch nicht abgeschlossen. Das Plangenehmigungsverfahren für das Unterwerk wurde am 14. April 1994 eingeleitet. Im Rahmen der Anhörung der Träger öffentlicher Belange äußerte sich auch die Antragstellerin. Sie wies darauf hin, daß sie den Standort bereits mehrfach abgelehnt habe; in ihrem Flächennutzungsplan sei dort eine Grünfläche ausgewiesen.
Das Eisenbahn-Bundesamt (Außenstelle Erfurt) erteilte die Plangenehmigung unter dem 4. August 1994. Zur Begründung wies es darauf hin, daß es sich zwar nicht um ein Vorhaben unwesentlicher Bedeutung handele. Da Rechte Dritter jedoch nicht beeinträchtigt würden und mit den Trägern öffentlicher Belange das Benehmen hergestellt worden sei, habe nach § 18 Abs. 2 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes - AEG - eine Plangenehmigung ergehen dürfen. Für die Wahl des Standortes verwies der Bescheid auf die umfangreichen Voruntersuchungen, nach deren Ergebnis die Entscheidung zwischen den Varianten am Wasserturm Gro. und am Kreuzungsbauwerk B.Su. zu treffen gewesen sei. Diese Wahl habe nach Abwägung aller maßgeblichen Belange zur Festlegung des Standortes am Wasserturm geführt.
Am 8. September 1994 hat die Antragstellerin gegen die ihr am 15. August 1994 zugegangene Plangenehmigung Klage erhoben und gleichzeitig um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Sie macht geltend: Die Plangenehmigung sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Bereits das gewählte Verfahren sei unzulässig. Abgesehen davon, daß zahlreiche Nachbarn beeinträchtigt würden, sei auch sie in ihren Rechten betroffen, ohne daß sie ein umfassendes Beteiligungsrecht habe ausüben können, wie es ihr im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens zugestanden hätte. Das geplante Vorhaben umfasse nicht nur das Unterwerk; dieses sei nur der bauliche Anfangs- oder Endpunkt der 110-kV-Bahnstromleitung nach Ta.. Durch das Unterwerk werde ein Fixpunkt für den Verlauf der Leitung geschaffen. Deshalb könne die Rechtmäßigkeit dieses Werks nicht ohne Einbeziehung der mit ihm zwangsläufig verbundenen Strommasten geprüft werden. Richtigerweise hätte daher die Beurteilung des Werks im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens für das Gesamtvorhaben durchgeführt werden müssen. Auch die Rechtsprechung gehe davon aus, daß Plangenehmigungen im Verhältnis zu Planfeststellungen nur in Fällen von rechtlich und tatsächlich untergeordneter Bedeutung zulässig seien. Von einer solchen untergeordneten Bedeutung könne hier schon wegen der zahlreichen beeinträchtigten Interessen keine Rede sein. Es treffe im übrigen nicht zu, daß das Benehmen mit ihr - der Antragstellerin - hergestellt worden sei. Ihr Benehmen zu diesem Vorhaben habe sie zu keinem Zeitpunkt erteilt. Die falsche Verfahrensart schlage auch auf das Ergebnis der Planung durch, weil sie zu einer verkürzten Betrachtung der betroffenen Belange geführt habe. In der Sache verletze die Plangenehmigung sie, die Antragstellerin, in ihrer durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteten Planungshoheit. Im April 1991 habe sie die Aufstellung eines Flächennutzungsplans beschlossen, der das betroffene Gebiet als Grünfläche ausweise. Die angehörte Rechtsvorgängerin der Beigeladenen habe dem nicht widersprochen. Der Flächennutzungsplan sei am 9. März 1994 beschlossen worden. Genehmigt worden sei er bisher nur deswegen nicht, weil die Fachplanungen in Thüringen noch nicht abgeschlossen seien. Es seien aber bereits verbindliche Bauleitplanungen auf der Grundlage des Flächennutzungsplans beschlossen und genehmigt worden. Das Unterwerk zerstöre das vorhandene und im Plan ausgewiesene Kleingartengebiet. Die zum Unterwerk führenden Leitungen und Masten beeinträchtigten das geplante Gewerbegebiet sowie das ausgewiesene reine Wohngebiet. Neben ihrer Planungshoheit werde aber auch ihr Selbstgestaltungsrecht verletzt. Das Unterwerk mit dem notwendigerweise davorstehenden Mast werde zum "Wahrzeichen" am Ortseingang werden. Eine derartige Ortsprägung stehe im Widerspruch zur Eigenart der durch eines der nördlichsten Weinbaugebiete geprägten Gemeinde, die ein beliebtes Ausflugsziel sei und ihre wesentliche Bedeutung durch den aufkommenden Tourismus erfahre.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Plangenehmigung des EisenbahnBundesamts (Außenstelle Erfurt) für das Unterwerk Gro. vom 4. August 1994 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.
Sie erwidert: Das Unterwerk erfordere einen längeren Planungsvorlauf als die Stromzuleitung, weil die verschiedenen technischen Komponenten aufeinander abgestimmt werden müßten und diese nicht sofort lieferbar seien. Deshalb habe die Deutsche Reichsbahn seinerzeit noch vor Geltung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes ein gesondertes Genehmigungsverfahren eingeleitet. Das Eisenbahn-Bundesamt habe dieses Verfahren übernommen und keinen Grund gesehen, die Aufteilung der Planfeststellungsabschnitte als nicht sachgerecht abzulehnen. Bereits unter frühzeitiger Einschaltung der Antragstellerin seien sieben Standortvarianten untersucht worden. Es hätten zahlreiche Besprechungen mit der Antragstellerin stattgefunden, so daß nicht behauptet werden könne, daß sie ihre Vorstellungen nicht in dem erforderlichen Maße habe einbringen können. Das geplante Unterwerk werde am Ortseingang nur 84 cm über das Niveau der ansteigenden Straße hinausragen. In der Nähe des Wasserturms liege es sogar unter Straßenniveau und werde durch die vorgesehene Galeriebepflanzung vollständig verdeckt. Der Endmast am Unterwerk habe bis zu den Tragarmen eine Höhe von 19 m, rage somit 16 m über das Straßenniveau hinaus. Ein eigentliches Ortsbild, das durch ihn beeinträchtigt werden könnte, sei von hier aus nicht erkennbar. Die Beigeladene habe erstmals mit Schreiben der Antragstellerin vom 1. Juni 1994 erfahren, daß der Standort des Unterwerks im Flächennutzungsplan als Grünfläche ausgewiesen sei. Der Entwurf dieses Flächennutzungsplans, der der Deutschen Reichsbahn seinerzeit zur Stellungnahme übersandt worden sei, habe das fragliche Gelände nicht als Grünfläche dargestellt. Deshalb habe sich die Deutsche Reichsbahn damals auch nicht zu dieser Darstellung geäußert. Es treffe auch nicht zu, daß sich auf dem fraglichen Gelände eine Kleingartenanlage befinde. Zwar habe die Deutsche Reichsbahn seinerzeit vorübergehend Teilstücke verpachtet; die Gärten existierten jedoch nicht mehr bis auf einen, der sich außerhalb der für das Unterwerk in Anspruch genommenen Fläche befinde.
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
Für das weitere Vorbringen wird auf den schriftlichen Vortrag der Beteiligten verwiesen. Die Verwaltungsvorgänge und die Planunterlagen haben dem Senat zur Einsicht vorgelegen und waren Gegenstand seiner Beratung.
II.
Der Antrag kann keinen Erfolg haben.
Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gemäß § 80 a Abs. 3 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 VwGO. Die angegriffene Plangenehmigung ist nicht offensichtlich rechtswidrig. Angesichts dessen überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Plangenehmigung, das Grundlage des in § 5 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 2 des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes - VerkPBG - geregelten Ausschlusses des Suspensiveffekts der Anfechtungsklage ist, das Interesse der Antragstellerin, vom Vollzug dieser Genehmigung bis zur endgültigen Entscheidung über ihre Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben.
Die Plangenehmigung wurde aller Voraussicht nach nicht verfahrensfehlerhaft erteilt (1). Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand ist auch wenig wahrscheinlich, daß ihre Regelungen der Sache nach Rechte der Antragstellerin verletzen (2).
1. Nach § 18 Abs. 2 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes - AEG - kann anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn - erstens - Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben und - zweitens - mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist. Daß die Voraussetzungen dieser Vorschrift bei der Plangenehmigung für das Unterwerk Gro. nicht vorgelegen hätten, ist bei der hier gebotenen summarischen Betrachtung nicht erkennbar. Eine Beeinträchtigung des Selbstverwaltungsrechts der Antragstellerin einschließlich des daraus folgenden Rechts auf Selbstgestaltung ist auch dann eher unwahrscheinlich, wenn man das plangenehmigte Vorhaben nicht nur für sich, sondern zugleich als Zwangspunkt für die noch planfestzustellende Bahnstromzuleitung in den Blick nimmt (vgl. dazu näher unter 2 b). Soweit die Antragstellerin rügt, sie habe zu keinem Zeitpunkt "ihr Benehmen zu dem Vorhaben erklärt", und auf ihr ablehnendes Schreiben vom 1. Juni 1994 verweist, zeigt bereits ihre Wortwahl, daß sie den Begriff des "Benehmens" irrigerweise mit dem des "Einvernehmens" gleichsetzt. Eine Entscheidung im "Benehmen" verlangt keine Willensübereinstimmung. Gefordert wird nicht mehr als die (gutachtliche) Anhörung der anderen Behörde, die dadurch Gelegenheit erhält, ihre Vorstellungen in das Verfahren einzubringen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1993 - BVerwG 7 A 2.92 - BVerwGE 92, 258 ).
Der Hinweis der Antragstellerin, es würden zahlreiche Interessen der Nachbarn beeinträchtigt, ist ebenfalls nicht geeignet, die Wahl des Verwaltungsverfahrens als rechtswidrig erscheinen zu lassen. Der Wortlaut des § 18 Abs. 2 Nr. 1 AEG verdeutlicht hinreichend, daß mit einer Rechtsbeeinträchtigung, die nur im Einverständnis des Betroffenen das Absehen von einem Planfeststellungsverfahren zuläßt, der direkte Zugriff auf fremde Rechte gemeint ist, nicht aber die bei jeder raumbeanspruchenden Planung gebotene wertende Einbeziehung der Belange Dritter in die Abwägungsentscheidung. Eine solche Inanspruchnahme fremder Rechte hat, die hier angegriffene Planung nicht zum Inhalt.
Schließlich scheidet die Erteilung einer Plangenehmigung auch nicht deswegen aus, weil es sich - wie die Antragstellerin meint - nicht um ein Vorhaben von unwesentlicher Bedeutung handelt. Wie der Senat bereits entschieden hat (Beschluß vom 15. Dezember 1994 - BVerwG 7 VR 17.94 -), ist eine in diese Richtung gehende teleologische Reduktion des dem Wortlaut nach insoweit nicht eingeschränkten Anwendungsbereichs des § 18 Abs. 2 AEG aufgrund der Gesetzgebungsgeschichte ausgeschlossen.
Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand des Senats ist es auch nicht erkennbar rechtsfehlerhaft, daß das Gesamtvorhaben in Planungsabschnitte aufgeteilt worden ist und das Unterwerk einen eigenständigen Verfahrensabschnitt bildet. Es ist weder feststellbar, daß dieser Abschnittsbildung sachwidrige Erwägungen zugrunde liegen, noch hat sie dazu geführt, daß die hier angegriffene Plangenehmigung dem Grundsatz umfassender Problembewältigung nicht gerecht wird. Sie verschlechtert auch nicht den Rechtsschutz der Antragstellerin, da die Antragsgegnerin im Rahmen der auf das Unterwerk bezogenen Plangenehmigung mit zu berücksichtigen hatte, daß dieses einen Zwangspunkt für die noch planfestzustellende Bahnstromzuleitung bilden würde. Die Antragsgegnerin hat die Umstände aufgezeigt, die bereits die Deutsche Reichsbahn bewogen haben, die Planung des Unterwerks gesondert zu betreiben. Zwar ist aufgrund eines entsprechenden Antrags der Beigeladenen das eigentliche Plangenehmigungsverfahren erst im Jahre 1994 und somit - entgegen dem Vortrag der Antragsgegnerin - durch das Eisenbahn-Bundesamt eingeleitet worden. Dieses mußte jedoch keine Veranlassung haben, die durch die Planunterlagen der Beigeladenen vorgegebene Aufteilung der Planung als nicht sachgerecht zurückzuweisen. Es handelt sich bei dem Unterwerk um eine eigenständige bauliche Anlage. Ihr Funktionszusammenhang mit der Bahnstromzuleitung stand einer gesonderten behördlichen Zulassung des Vorhabens nicht entgegen, weil Praktikabilitätserwägungen und im Zusammenhang damit das - gesetzlich anerkannte - Ziel des beschleunigten Ausbaus der Verkehrswege in den neuen Ländern ein solches Vorgehen nahelegten. Die Antragsgegnerin hat glaubhaft dargelegt, daß die Planung und Errichtung des Unterwerks wegen des Abstimmungsbedarfs der verschiedenen technischen Komponenten und ihrer Lieferzeiten einen längeren Vorlauf hat.
2. Ob das Eisenbahn-Bundesamt trotz der Verfahrenstrennung bei Erteilung der Plangenehmigung hinreichend berücksichtigt hat, daß das Unterwerk einen Zwangspunkt für die Stromzuleitung bildet, also die durch das Gesamtvorhaben aufgeworfenen Probleme bei der Standortwahl ausreichend in Rechnung gestellt hat, ist nicht so sehr eine Frage der Verfahrensgestaltung, sondern vielmehr der inhaltlichen Anforderungen an die Planungsentscheidung. Auch insoweit lassen weder Abwägungsvorgang noch Abwägungsergebnis offenkundige Fehler in der Zusammenstellung und Gewichtung der zu berücksichtigenden Belange erkennen.
a) Bereits im Rahmen des von ihr unter dem 28. Februar 1991 beantragten Raumordnungsverfahrens für das auf thüringer Gebiet liegende Gesamtvorhaben hat die Deutsche Reichsbahn einen Standortvariantenvergleich für das Unterwerk erarbeitet, in den sie neben den Auswirkungen dieses Werks auch die der Stromtrasse einbezogen hat. Dieser Variantenvergleich erwähnt bei dem Standort am Wasserturm ausdrücklich die durch die Antragstellerin befürchtete Beeinträchtigung der Ortsansicht aus westlicher Richtung. Auch die abschließende landesplanerische Beurteilung des Thüringer Landesverwaltungsamts vom 6. August 1993 umfaßt die Wirkung der Gesamtanlage und setzt sich mit der geltend gemachten Ortsbildbeeinträchtigung ausdrücklich auseinander. In den anschließend zur Genehmigung gestellten Planunterlagen gibt die Beigeladene in der Umweltverträglichkeitsstudie (Anlage 6 zur Plangenehmigung) nochmals eingehend die Erwägungen zur Standortfrage wieder und legt in der zusammenfassenden Wertung DAR, daß die Variante am Wasserturm wegen ihrer technischen Vorteile und wegen der landesplanerischen Vorgaben für die Trassenführung der Bahnstromleitung gewählt worden sei. Der Verfahrensablauf und die dabei angestellten Erwägungen verdeutlichen somit hinreichend, daß sich weder die Beigeladene als Vorhabenträger noch das EisenbahnBundesamt, das sich in der Plangenehmigung die planerischen Vorstellungen der Beigeladenen zu eigen gemacht hat, durch die Abschnittsbildung den Blick auf die Wirkungen des Gesamtvorhabens versperrt haben.
b) Ebensowenig ist schon jetzt feststellbar, die Antragsgegnerin könnte bei der wertenden Gegenüberstellung der widerstreitenden Interessen in bezug auf die Ortsbildbelange der Antragstellerin verkannt haben, daß sie durch das genehmigte Vorhaben in eine insoweit bestehende Rechtsposition der Antragstellerin eingreift. Dabei mag hier dahingestellt bleiben, unter welchen Voraussetzungen im einzelnen eine Gemeinde berechtigt ist, eine Beeinträchtigung ihres Ortsbildes als eine Verletzung ihres Rechts aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zu rügen (vgl. dazu Steinberg, Fachplanung, § 7 Rn. 79 m.w.N.). Ein solches, vom Senat grundsätzlich anerkanntes Selbstgestaltungsrecht (Urteil vom 18. März 1987 - BVerwG 7 C 31.85 - BVerwGE 77, 134 ) kann jedenfalls nur durch Maßnahmen betroffen sein, die das Ortsbild entscheidend prägen und damit nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken. Daß das umstrittene Unterwerk allein solche Wirkungen äußert, kann schon nach Aktenlage wegen seines Standorts unter dem Niveau der ansteigenden Ortseingangsstraße und der Abmessungen der Hochbauten verneint werden. Deutlich stärkeren Einfluß auf die Ortseingangslage von Un. wird allerdings die 110-kV-Bahnstromzuleitung haben. Die Einfahrt in den Ort wird durch den rechts der Straße stehenden Mast, die ihn mit dem Endmast am Unterwerk verbindenden, die Straße überquerenden Leitungen und insbesondere durch den Endmast selbst optisch nicht unwesentlich beeinflusst werden. Daraus jedoch eine negative Prägung des gesamten Ortsbildes mit der Folge einer Gefährdung der Entwicklung der Gemeinde abzuleiten, erscheint nach Aktenlage eher fernliegend, zumal auch der Endmast wie das Unterwerk deutlich unter dem Straßenniveau errichtet werden soll. Hinzu kommt, daß der Blick auf den Ortskern wegen der Hanglage von hier aus nicht uneingeschränkt möglich zu sein scheint und insoweit allenfalls die Ortschaft Un., nicht aber das gesamte Gemeindegebiet betroffen wäre. Eine Beeinträchtigung des Selbstgestaltungsrechts der Antragstellerin ist von daher kaum wahrscheinlich. Eine abschließende Klärung dieser Frage muß - falls erforderlich - einer Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Demgegenüber scheidet eine Beeinträchtigung der Planungshoheit der Antragstellerin von vornherein aus. Dabei mag dahingestellt bleiben, ob der Entwurf ihres Flächennutzungsplans bereits im April 1991 das hier fragliche Gebiet als Grünfläche mit Kleingartennutzung darstellte, was die Antragsgegnerin bestreitet. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, durfte die Antragstellerin im weiteren Planaufstellungsverfahren nicht die Augen davor verschließen, daß die Deutsche Reichsbahn bereits zuvor die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens für den Standort des Unterwerks und die Trasse der Bahnstromleitung beantragt hatte, wobei sich schon frühzeitig der hier in Rede stehende Standort als eine von zwei ernsthaft in Betracht kommenden Möglichkeiten herausgeschält hatte. Da also die Aufstellung des bisher nicht verbindlichen und daher derzeit noch keine unmittelbaren Anpassungspflichten nach § 7 BauGB auslösenden Flächennutzungsplans und die Fachplanung der Beigeladenen und ihrer Rechtsvorgängerin zeitlich weitgehend parallel liefen, ist der Antragstellerin jedenfalls der Einwand versagt, die von der Antragsgegnerin genehmigte Fachplanung lasse ihren Flächennutzungsplan unberücksichtigt und verletze damit ihre - Planungshoheit; denn ein solcher Einwand wäre nur berechtigt, wenn die Antragstellerin bereits hinreichend konkretisierte Bauleitplanungsvorstellungen entwickelt hatte, zu denen sich eine spätere Planung der Beigeladenen in Widerspruch setzte. Davon kann aber schon wegen des zeitlichen Ablaufs der Planungen keine Rede sein.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 20 Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Gericht | BVerwG |
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Datum | 29.12.1994 |
Normen | § 80 VwGO, § 80a VwGO, § 1 VerkPBG, § 5 VerkPBG |
Stichworte | Suspensiveffekt, Planfeststellung, Teilung, Bauvorhaben, Benehmen, Planungsabschnitte |