BVerwG, vom 09.05.1995
Az.: 11 VR 9.95
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(BVerwG, 11. Senat)
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50 000 DM festgesetzt.
Gründe:
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Planfeststellungsbeschluß der Antragsgegnerin vom 13. März 1995 für die 110-kVBahnstromleitung zwischen Ta. und Gr. auf dem Gebiet des Freistaates Thüringen, hilfsweise den Erlaß einer einstweiligen Anordnung, mit der der Antragsgegnerin aufgegeben wird, bis zum Abschluß des Klageverfahrens nicht mit der Bauausführung zu beginnen.
Der Hauptantrag ist zulässig, jedoch unbegründet. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses, das Grundlage des in § 5 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes vom 16. Dezember 1991 (BGBl I S. 2174) geregelten Ausschlusses des Suspensiveffekts der Anfechtungsklage ist, überwiegt das Interesse der Antragstellerin an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes bis zur endgültigen Entscheidung über ihre Klage.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht davon auszugehen, daß ihre Klage auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses aller Voraussicht nach Erfolg haben wird. Insbesondere sind keine offensichtlichen Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange erkennbar, die auf die Gestaltung des Vorhabens im Gebiet der Antragstellerin von Einfluß gewesen sein könnten. Entgegen der Annahme der Antragstellerin wurde die Alternative einer Verkabelung an Stelle der Freileitung nicht allein aus Kostengründen, sondern vor allem aus technischen Gründen verworfen, wie sich aus den ausführlichen Darlegungen auf den Seiten 12 bis 14 des Erläuterungsberichts für die Planfeststellung ergibt. Daß die Planfeststellungsbehörde die Ortsbildbelange der Antragstellerin nicht in die Abwägung eingestellt und in ihrer Gewichtigkeit bestimmt hat, ist zumindest nicht offensichtlich, nachdem in der Umweltverträglichkeitsstudie Stufe 2 und dem landschaftspflegerischen Begleitplan dem Ortseingangsbereich von Un. ausdrücklich eine starke Raumempfindlichkeit beigemessen und die durch das Vorhaben zu erwartende Beeinträchtigung des Landschaftsbildes an dieser Stelle zum Gegenstand umfangreicher Erörterungen gemacht sowie als Anlaß für Ausgleichsmaßnahmen herangezogen worden ist. Das Vorbringen der Antragstellerin und die dem Gericht vorliegenden Unterlagen enthalten auch keine Anhaltspunkte dafür, daß die Planung insoweit zu einem unvertretbaren Ergebnis geführt hat. Insbesondere ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, daß trotz dieser Ausgleichsmaßnahmen und der ohnehin bestehenden Vorbelastung des betreffenden Bereichs durch Gewerbeflächen, Ortsverbindungsstraße und Bahngelände das gesamte Ortsbild der Antragstellerin gerade durch das planfestgestellte Vorhaben so negativ geprägt zu werden droht, daß dadurch die Entwicklung der Gemeinde gefährdet wird. Das gilt um so mehr, als die Beigeladene der Antragstellerin schriftlich zugesagt hat, die beiden dort zu errichtenden Leitungsmasten mit einem grünen Farbanstrich zu versehen und die notwendigen Ausholzungsmaßnahmen unter Berücksichtigung der technischen Erfordernisse auf ein Mindestmaß zu beschränken.
Eine abschließende Klärung dieser Frage kann dem Klageverfahren vorbehalten bleiben, ohne daß überwiegende Interessen der Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses bis zum Abschluß dieses Verfahrens gebieten. Daß durch die Verwirklichung des Vorhabens vollendete Tatsachen geschaffen werden, die eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes ausschließen, den Ortseingangsbereich in nicht wiedergutzumachender Weise auf Dauer entstellen oder sonst unabänderliche Schäden erheblichen Ausmaßes zur Folge haben könnten, ist weder schlüssig dargelegt noch sonst erkennbar. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum die Antragstellerin - wie sie befürchtet - durch die Ausführung des Vorhabens die Möglichkeit verlieren sollte, den Planfeststellungsbeschluß einer sinnvollen rechtlichen Prüfung im Hauptsacheverfahren zuzuführen.
Der Hilfsantrag ist unzulässig, da die Antragstellerin im Hauptsacheverfahren tatsächlich keinen Anspruch auf Planergänzung geltend macht, sondern die Unterlassung des ihr Gebiet betreffenden Teils des planfestgestellten Vorhabens erreichen will. Denn dieses Ziel kann sie zulässigerweise nur mit der Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluß verfolgen; insoweit schließt § 123 Abs. 5 VwGO den Erlaß einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO aus.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 20 Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Gericht | BVerwG |
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Datum | 09.05.1995 |
Normen | § 1 VerkPBG, § 123 VwGO |
Stichworte | Hilfsantrag, Sofortvollzug, Planfeststellungsbeschluß, öffentliches Interesse , Anordnung, Eisenbahnverkehrswege |