OVG Münster, vom 18.08.1994
Az.: 20 A 2935/92
Download des PDF-DokumentesUrteil - Das Urteil ist rechtskräftig-
(OVG Münster, 20. Senat)
wegen Planfeststellung des Rückbaus von Eisenbahnbrückenbauwerken hat der 20. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 18. August 1994 …. . auf die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 8. Juli 1992 (Az. 6 K 1256/88) für Recht erkannt:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Mit Planfeststellungsbeschluß vom 11. November 1981 stellte die Deutsche Bundesbahn, Bundesbahndirektion Köln, den Neubau eines viergleisigen Brückenzuges als Bauabschnitt 4 der Ost-West-S-Bahn Mö.-Ne.-Dü.-Wu.-Ha. bei Bahnkilometer 83,0, Rheinkilometer 738,2 bzw. 738,19 (Rh.brücke Dü.-Ne.) fest. Es sollte damit der SBahn-Verkehr auf der genannten Strecke neben dem Bundesbahnfernverkehr ermöglicht werden. Nördlich - in ca. 28 m Achsabstand stromabwärts - des planfestgestellten Brückenbauwerks befand sich ein zweigleisiger Brückenzug in Betrieb (die sog. "Ha. Eisenbahnbrücke" bzw. die "Kö.-Wi.-Eisenbahnbrücke"), der in den Jahren 1868 bis 1870 erbaut worden war. Dieser war ebenso wie ein weiteres südlich gelegenes, 1911 bis 1913 ebenfalls zweigleisig ausgebautes Brückenbauwerk gegen Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahre 1945 gesprengt worden. Der nördliche Brückenzug wurde aus den Resten beider Brückenzüge wiederhergestellt. Er wurde am rechtsrheinischen Widerlager und an den linksrheinischen VO.brücken durch je ein Brückenturmpaar begrenzt. In dem Planfeststellungsbeschluß vom 11. November 1981 war neben der Herstellung des neuen Brückenzuges die Beseitigung der (alten) nördlichen sowie der Reste der (alten) südlichen Brücke geplant. Die Brückentürme der (damals bestehenden) nördlichen Rh.brücke sowie deren VO.brücke auf Ne.er Gebiet (linksrheinisch) sollten entsprechend dem Gliederungspunkt A.3.1. des genannten Planfeststellungsbeschlusses "vom Abbruch ausgenommen werden". In der Begründung dazu heißt es, daß die Deutsche Bundesbahn den Abbruch der Brückentürme sowie der VO.brücke auf Ne.er Gebiet aus der Planfeststellung herausnimmt und daß deren Abbruch durch den Planfeststellungsbeschluß nicht präjudiziert wird.
Die neue Rh.brücke wurde im April (24./26. April) 1987 in Betrieb genommen, die alte Brücke außer Betrieb gesetzt; die Oberbaustoffe wie Schienen, Schwellen und Schotter sowie die Strommasten wurden zurückgebaut sowie die Stromüber- und unterbauten beseitigt.
Bereits unter dem Datum des 12. Januar 1987 hatte die Deutsche Bundesbahn ein weiteres Planfeststellungsverfahren durch Anhörungsantrag beim Regierungspräsidenten Düsseldorf eingeleitet. Geplant war der Rückbau der alten VO.brücke und der Brückentürme des nördlichen Brückenzuges im Anschluß an den bereits 1981 planfestgestellten Rückbau der Stromüber- und Stromunterbauten der Ha. Eisenbahnbrücke.
Der Regierungspräsident Düsseldorf erteilte der Deutschen Bundesbahn unter dem Datum des 24. April 1987 einen Bescheid über die Eintragung der genannten VO.brücken und der Brückentürme in die Denkmallisten der Städte Dü. (24. März 1987) und Ne. (16. April 1987). Im Anhörungsverfahren verwiesen die Wasser- und Schifffahrtsdirektion West, Mü., der Leiter des Staatlichen Amtes für Wasser und Abfallwirtschaft Dü. als Oberdeichinspektor sowie der Deichverband Dü.-Ha.-VO. auf die Hochwassergefahr, die durch die VO.brücken verstärkt würde, und befürworteten deren Abbruch.
Der Regierungspräsident Düsseldorf wandte, unterstützt vom Rheinischen Amt für Denkmalpflege (Landschaftsverband Rheinland), ein, im Rahmen des Planfeststellungsbeschlusses vom 11. November 1981 sei die Erhaltung der VO.brücken und Brückentürme mit allen beteiligten Behörden abgestimmt worden. Weiterhin sprächen denkmalschutzrechtliche Gründe gegen den Abbruch. Finanzielle Belastungen dürften nicht als Rechtfertigung für den Abbruch herangezogen werden.
Mit Planfeststellungsbeschluß vom 9. März 1988 stellte die Deutsche Bundesbahn, Bundesbahndirektion Köln, den Plan für den Abbruch der VO.brücken und Brückentürme des nördlichen Brückenzugs der Ha- Rh.brücke in den Gemeinden Dü. und Ne. mit der Maßgabe fest, daß das rechtsrheinische Widerlager mit den Brückentürmen und der linksrheinische Trennpfeiler mit den Brückentürmen und dem ersten anschließenden Brückenbogen erhalten bleiben sollten.
Nach der dem Planfeststellungsbeschluß beigefügten Begründung sollte damit ein tragfähiger Ausgleich zwischen den denkmalschutzrechtlichen Belangen auf der einen, den Belangen des Hochwasser- und Deichschutzes sowie den wirtschaftlichen Interessen der Deutschen Bundesbahn auf der anderen Seite herbeigeführt werden.
Am 31. März 1988 hat die Klägerin - damals noch unter der Bezeichnung "Der Regierungspräsident Düsseldorf" - Klage mit dem Ziel der Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 9. März 1988 erhoben und sich als Prozeßstandschafter für das Land Nordrhein-Westfalen verstanden.
Zur Begründung der Klage hat sie vorgetragen: Die Deutsche Bundesbahn sei für die Planfeststellung nicht zuständig. Die in Rede stehenden Bauwerke seien Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses vom 11. November 1981 gewesen. Die Brückentürme und die VO.brücke auf Ne.er Gebiet seien ausdrücklich vom Abbruch ausgenommen worden. Mit Beseitigung der Stromüberbauten hätten die Brückentürme und VO.brücken ihre Eigenschaft als Bahnbetriebsanlage verloren. Außerdem leide der Planfeststellungsbeschluß an einem Abwägungsdefizit, weil der Abbruch der VO.brücken ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens als willkürlich erscheine. Die Stellungnahmen des Staatlichen Amtes für Wasser- und Abfallwirtschaft Dü. als Oberdeichinspektor, der Wasser- und Schifffahrtsdirektion West sowie des Deichverbandes Dü.-Ha.-VO, träfen keine Aussage darüber, daß der Abbruch. der VO.brücken zur Entschärfung der Hochwasserabflußsituation unerläßlich sei. Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen der Deutschen Bundesbahn im Rahmen der Abwägung sei sachwidrig. Die denkmalrechtlichen Belange ließen sich mit dem bloßen Hinweis auf die angestellten Sicherheitsüberlegungen nicht zurückdrängen. Der Planfeststellungsbeschluß tangiere eigene Rechte des Landes, weil u.a. die Kompetenz des Landes aus den §§ 21 Abs. 3, 9 Abs. 1 und Abs. 3 des Denkmalschutzgesetzes in Rede stehe. Jede Entscheidung der Deutschen Bundesbahn in Denkmalangelegenheiten berühre die Kulturhoheit des Landes aus Art. 70 des Grundgesetzes i.V.m. Art. 18 Abs. 1 und Abs. 2 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen. Ihre, der Klägerin, Klagebefugnis sei für sie als der nach den Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes zuständigen Behörde zu bejahen, weil hinter den Kompetenzen zum eigenständigen Gesetzesvollzug im Rahmen des Denkmalschutzrechtes eigene Rechte (die Kulturhoheit) der durch sie repräsentierten Körperschaft (des Landes Nordrhein-Westfalen) stünden.
Die Klägerin hat beantragt,
den Planfeststellungsbeschluß vom 9. März 1988 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Klage aus im einzelnen dargelegten Gründen für unzulässig, im übrigen den Planfeststellungsbeschluß für rechtmäßig erachtet.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, als unzulässig abgewiesen.
Gegen diese ihr am 12. August 1992 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin am 9. September 1992 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung macht sie geltend und legt näher DAR, daß und aus welchen Gründen das Recht des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege den Ländern als subjektiv-öffentliches Recht nach Art. 30 des Grundgesetzes zur eigenen Verantwortung und Durchsetzung zugewiesen sei. Deswegen sei den Ländern die Möglichkeit eröffnet, die Beachtung des Abwägungsgebotes im Interesse der Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege mit Hilfe der Verwaltungsgerichte durchzusetzen. Die Klage sei begründet, weil die Planfeststellung nach § 36 Abs. 5 des Bundesbahngesetzes in eigener Sache wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip und den Grundsatz der Fairness des Verfahrens verfassungswidrig sei. Zur weiteren Begründung ihrer Berufung bezieht die Klägerin sich auf das Rechtsgutachten "Zum Rechtsschutz der Länder in Planfeststellungsverfahren des Bundes", welches im September 1992 durch Universitätsprofessor Dr. Werner Hoppe, Münster, erstattet worden ist.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie tritt im einzelnen der Auffassung der Klägerin zum Bestehen eines aus der Kulturhoheit und der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder abgeleiteten klagefähigen subjektiv-öffentlichen Rechtes entgegen und weist auf die höchstrichterliche Rechtsprechung hin, aus der sich die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen in § 36 Abs. 1 und Abs. 5 des Bundesbahngesetzes ergebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung hat keinen Erfolg.
Das zutreffend ohne Vorverfahren (§§ 72 Abt. 1 Satz 1 Halbsatz 1, 74 Abs. 1 Satz 2, 70 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG -) auf dem Verwaltungsrechtsweg verfolgte Klagebegehren bleibt erfolglos, weil die Klage unzulässig ist.
Die Unzulässigkeit der Klage ergibt sich schon aus einer fehlenden - von der Beteiligungsfähigkeit nach § 61 Nr. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zu unterscheidenden - Prozeßführungsbefugnis der Klägerin. Insoweit ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher Ermächtigung die Klägerin Rechte des Landes Nordrhein-Westfalen im eigenen Namen sollte geltend machen können. Es fehlt an einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung. Die Voraussetzungen, unter denen auf Parteiwillen beruhend ein gewillkürter Parteiwechsel im Wege der Prozeßstandschaft möglich ist, liegen schon deswegen nicht vor, weil die Klägerin als Behörde ein eigenes rechtliches Interesse,
zu dieser Voraussetzung vgl. Kopp, VwGO, 9. Aufl. 1992, Rdnr. 25 zu Vorbemerkung vor § 40,
an der Geltendmachung des für das Land Nordrhein-Westfalen als bestehend behaupteten Rechtes auf rechtsrichtige Abwägung der Belange des Denkmalschutzes im eigenen Namen nicht hat. Als Behörde hat sie Kompetenzen, wie hier diejenige aus § 21 Abs. 3 des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz - DSchG -) vom 11. März 1980, GV NW S. 226, die sie aber nicht als eigene rechtliche Interessen im gegebenen Zusammenhang einzubringen vermag.
Vgl. zum Verhältnis von Kompetenz und Recht allgemein BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 1964 - V C 58.63 -, BVerwGE 19, 269 ff., 271, Urteil vom 14. Februar 1969 - IV C 215.65 -, BVerwGE 31, 263 ff., 267 und zu einem vergleichbaren Fall OVG NW, Urteil vom 27. Juni 1991 - 20 A 2773/88 -.
Die Klage ist jedenfalls auch deswegen unzulässig, weil dem Land Nordrhein-Westfalen die Klagebefugnis fehlt, § 42 Abs. 2 VwGO. Das Land kann nicht geltend machen, durch den Planfeststellungsbeschluß (als Verwaltungsakt) vom 9. März 1988 in seinen Rechten im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO verletzt zu sein. Die wie hier erfolgte bloße Behauptung, in eigenen Rechten verletzt zu sein, genügt nicht, weil das Land Nordrhein-Westfalen nicht unmittelbar Betroffener des Planfeststellungsbeschlusses ist und auch im übrigen wegen seiner Eigenschaft als Verwaltungsträger prinzipiell
zu diesem Grundsatz vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1969, a.a.O.
nicht Träger subjektiv-öffentlicher Rechte im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO ist. Im gegebenen Fall erscheint jedenfalls eine Rechtsverletzung des Landes nicht möglich.
Zu diesem Kriterium im Rahmen des § 42 Abs. 2 VwGO vgl. BVerwG, Beschluß vom 21. Januar 1993 - 4 B 206/92 -, BayVBl. .1994, 90.
Selbst wenn in diesem Zusammenhang einer - undifferenzierten und damit wohl unzutreffenden - Gleichsetzung von Kompetenz und subjektiv-öffentlichem Recht das Wort geredet würde, eine Rechtsverletzung also dann möglich wäre, wenn der Bund einen Hoheitsakt erlassen hätte, welcher die Kompetenz des Landes Nordrhein-Westfalen zu Rechtssetzung und Gesetzesvollzug berührte,
vgl. hierzu allgemein: Bleckmann, Zum Rechtsinstitut der Bundestreue - Zur Theorie der subjektiven Rechte im Bundesstaat, JZ 1991, 900 ff., 903,
so führte dies im gegebenen Fall nicht auf die Möglichkeit einer Rechtsverletzung. Diese ist hier nicht denkbar, weil durch die Planfeststellung vom 9. März 1988 Rechte (Kompetenzen) des Landes Nordrhein-Westfalen nicht auch nur möglicherweise rechtswidrig beeinträchtigt werden. Durch die genannte Verwaltungsentscheidung der Beklagten sind insbesondere weder die Gesetzgebungshoheit (Gesetzgebungszuständigkeit) des Landes noch seine Vollzugshoheit betroffen.
Vgl. zu diesem genannten Rechtsgütern als möglichen Rechten im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO BVerwG, Urteil vom 14. April 1989 - 4 C 31.88 -, BVerwGE 82, 17 ff., 18/19 f. sowie Urteil vom 29. April 1993 - 7 A 2.92 -, UPR 1993, 381.
Die Gesetzgebungszuständigkeit schon deshalb nicht, weil die Planfeststellung als Akt der vollziehenden Gewalt weder der Sache noch dem mit ihr verfolgten Anspruch nach geeignet bzw. darauf gerichtet ist, die Gesetzgebungszuständigkeit des Landes in Frage zu stellen. Dies geschieht auch nicht etwa mittelbar im Sinne einer faktischen Mißachtung des Umstandes, daß das Land im Bereich des Denkmalschutzes von seiner Gesetzgebungskompetenz durch Erlaß des Denkmalschutzgesetzes Gebrauch gemacht hat. Es bedarf insoweit zunächst keiner Klärung, ob damit in Planfeststellungsverfahren des Bundes die in § 36 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951, BGBl. I S. 955, in der Fassung des Gesetzes vom 18. Februar 1986, BGBl. I S. 265 (BBahnG a.F.) i.V.m. § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwVfG
zur Anwendbarkeit der letztgenannten Vorschrift im Rahmen von § 36 Abs. 1 BBahnG a.F., vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1988 - 4 C 54.84 -, DVB1. 1988, 843 sowie Urteil vom 14. April 1989 a.a.O., S. 22
enthaltene Regel uneingeschränkt Geltung beanspruchen kann, wonach die mit der Kompetenz zur Planfeststellung verbundene Konzentrationswirkung u.a. die Einholung anderer behördlicher Entscheidungen oder Zustimmungen entbehrlich macht (auch wenn es sich insoweit um landesrechtliche Bestimmungen handelt, die in der Planfeststellung des Bundes berührt sind). Insbesondere unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die in § 36 Abs. 1 Satz 2 BBahnG a.F. enthaltene Wendung, wonach die Belange des Denkmalschutzes zu berücksichtigen sind, etwa einen Verstoß gegen die verfassungsrechtlich abgesicherte, hier vom Land entsprechend Art. 30 und 70 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) wahrgenommene Kompetenz zu ausschließlicher Regelung denkmalschutzrechtlicher Belange verstößt. Denn § 36 Abs. 1 Satz 2 BBahnG a.F. stellt nicht in Frage, daß - wie allgemein - durch die Kompetenz zur Planfeststellung landesrechtliche Bestimmungen in ihrem Geltungsanspruch nicht verdrängt werden.
Vgl. zu diesem Grundsatz BVerwG, Beschluß vom 23. März 1984 - 4 B 43.84 -, DVB1. 1984, 638 sowie Urteil vom 28. Juni 1968 - IV C 11.65 -, DÖV 1969, 206 ff., 207 und Urteil vom 14. Februar 1969, a.a.O. S. 271.
Ob § 36 Abs. 1 Satz 2 BBahnG a.F. darüber hinaus - und isoliert betrachtet - eine mit Blick auf die Gesetzgebungshoheit des Landes übermäßige Konzentrationswirkung materieller Art deswegen enthält, weil die genannte Bestimmung der Sache nach die denkmalschutzrechtlichen Regelungen des Landes Nordrhein-Westfalen nicht als strikt zu beachtende Vorgaben, sondern als im Rahmen etwaiger Problembewältigung zu berücksichtigende, gegebenenfalls aber auch überwindbare Belange behandelt,
vgl. zu dieser mit der Konzentrationswirkung verbundenen Kompetenz im Einzelfalle bereits BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1967 - IV C 36.66 -, BVerwGE 27, 253 ff., 256, Urteil vom 28. Juni 1968, a.a.O. S. 207 sowie Urteil vom 14. April 1989, a.a.O., S. 22 und S. 19,
bedarf im gegebenen Zusammenhang ebensowenig einer Klärung. Denn im Einklang mit den Bestimmungen in § 36 Sätze 1 und 2 BBahnG a.F. sieht § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG in diesem Bereich der Überschneidung von Hoheitsgewalten zur Vermeidung sich eventuell widersprechender (Einzelfall-)Regelungen hinsichtlich ein und desselben Gegenstandes vor, daß die u.a. für eine Planfeststellung zuständigen Behörden im Falle der Erforderlichkeit der Planfeststellung für die Regelung einer erlaubnispflichtigen Maßnahme die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege entsprechend diesem Gesetz in angemessener Weise zu berücksichtigen haben. Mit dieser Art Kollisionsregel, die auch für Bundesbehörden verbindlich ist, nimmt dieses Landesgesetz in Anwendung des sogenannten Konzentrationsprinzipes selbst u.a. die für die Beseitigung von Baudenkmälern bestehende Erlaubnispflicht nach § 9 Abs. 1 DSchG zurück zugunsten der Verpflichtung der zuständigen Planfeststellungsbehörde (auch des Bundes), die der Erlaubnispflicht nach § 9 Abs. 1 DSchG zugrundeliegenden Ziele des Denkmalschutzes abwägend zu bedenken.
Vgl. OVG NW, Urteil vom 15. Dezember 1983 - 11 A 1949/83 -, DÖV 1984, 475, 476 sowie Erbguth, Paßlick, Püchel, Denkmalschutzgesetze der Länder, Münster 1984, S. 42 und S. 78.
Bereits dieses aufeinander abgestimmte, der (zum Teil materiellen) Konzentrationswirkung von Planfeststellungsbeschlüssen auf diese Weise Rechnung tragende einfachgesetzliche bundes- wie landesrechtliche Regelungsgefüge schließt es aus, daß das Land Nordrhein-Westfalen im gegebenen Fall in seiner Gesetzgebungshoheit auch nur mittelbar tangiert sein könnte. Das wird durch den Umstand, daß im Falle bundesrechtlicher Wahrnehmung der Kompetenz zur Planfeststellung die landesrechtlichen Bestimmungen nicht als solche, sondern als Bundesrecht angewendet werden,
vgl. so ausdrücklich BVerfG, Beschluß vom 15. Juli 1969 - 2 BvF 1/64 -, BVerfGE 26, 339 ff., 368, sowie BVerwG, Beschluß vom 7. Januar 1992 - 7 B 153.91 -, NWVB1. 1992, 202,
(der Bund hat keine Kompetenz zur Ausführung von Landesgesetzen, vgl. Degenhardt, Staatsrecht I, 8. Aufl. 1992, Rdnr. 133 sowie BVerwG, Urteil vom 28. Juni 1968, a.a.O., S. 207) lediglich noch unterstrichen.
Gleiches gilt für die Vollzugshoheit des Landes. Diese ist hier nicht betroffen, weil die Beklagte vor dem aufgezeigten gesetzlichen Hintergrund ihre die Ländervollzugshoheit ausschließende Verwaltungskompetenz nach Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG alter Fassung wahrgenommen hat und das Land in § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG dem Rechnung trägt.
Vgl. zu dem erstgenannten Gesichtspunkt ausdrücklich BVerwG, Beschluß vom 7. Januar 1992 a.a.O.
Die darüber hinaus ein Recht des Landes aus Art. 30 GG konstruierenden Ausführungen von Hoppe a.a.O. tragen dem nicht Rechnung.
Insbesondere ein über die aufgezeigten bundes- wie landesgesetzlich übereinstimmend sowie verfassungsrechtlich einwandfrei geregelten Kompetenzverteilungen hinausgehendes klagefähiges Recht des Landes etwa auf Überprüfung der Frage, ob die Planfeststellung erforderlich im Sinne des § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NW war und/oder ob etwa den denkmalschutzrechtlichen Belangen von Seiten der Bundesbahn mit dem erforderlichen Gewicht Rechnung getragen wurde, ist nicht ersichtlich. Die von der Klägerin insoweit reklamierte Kulturhoheit ist untauglich, Quelle eines notwendig konkreten, subjektiv-öffentlichen Rechts zu sein, weil sie nach Inhalt und Umfang insoweit nicht hinreichend bestimmt ist. Sie ist in ihrer Weite und Unkonturiertheit namentlich nicht geeignet - unter Einschaltung der Verwaltungsgerichtsbarkeit - ein Kontrollrecht der Länder betreffend die Ordnungsmäßigkeit des Gesetzesvollzugs durch die bundeseigene Verwaltung zu begründen.
Vgl. zu diesem Gesichtspunkt im Anwendungsfall des Natur- und Landschaftsschutzrechtes und der dort fehlenden eigenen Vollzugshoheit der Länder: BVerwG, Urteil vom 29. April 1993, a.a.O., S. 382.
Das gewiß anzuerkennende Interesse der Länder an einer möglichst umfassenden Wahrnehmung gesetzesakzessorischer Verwaltungsaufgaben (wie die im hier in Rede stehenden kulturstaatlichen Bereich des Denkmalschutzes) wandelt sich entgegen Gassner,
Landesklagen gegen Planfeststellungen des Bundes, UPR 1989, 254 ff., 256 f.,
aus den genannten Gründen nicht schon deswegen zu einem im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO rechtlich geschützten Interesse, weil in Fällen wie hier generell die Wahrnehmung von Kompetenzen betroffen ist, die wie alle anderen landesrechtlichen Kompetenzen u.a. in Art. 30 GG ihre verfassungsrechtliche Einbindung finden.
Ob wegen des Rechtsverhältnisses zwischen den Ländern und dem Bund im übrigen die genannten, die Kompetenzverteilung regelnden Verfassungsbestimmungen die Grundlage für ein klagefähiges subjektiv-öffentliches Recht bilden könnten, wenn der Bund seine Planungshoheit ohne erkennbaren Anlaß, vor allem ohne gesetzliche Grundlage wahrnehmen würde, bedarf keiner Entscheidung. Insoweit ist zunächst zugrundezulegen, daß entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin durchgreifende Zweifel daran nicht .bestehen, daß § 36 Abs. 1 und Abs. 4 BBahnG a.F. rechtsstaatlichen Anforderungen an das Planungsverfahren genügt hat.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juli 1990 - 4 C 26.87 -, NVwZ 1991, 781 ff.; Beschluß vom 24. August 1987 - 4 B 129.87 -, Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 12, S. 3 (4) und OVG NW, Urteil vom 13. Mai 1993 - 20 A 944/92 -.
Es ist ferner nicht zweifelhaft, daß im gegebenen Fall Gegenstand der Planfeststellung eine bestehende Bahnanlage im Sinne des § 36 Abs. 1 BBahnG a.F. gewesen ist, so daß die Beklagte ihre Kompetenz auch insoweit nicht etwa ohne gesetzliche Grundlage wahrgenommen hat: Es ist selbstverständlich, daß der auf Beseitigung einer Bahnanlage zielenden Planfeststellung die Außerdienstsetzung dieser Anlage vorausgeht. Die Planfeststellung betrifft auch dann bestehende Bahnanlagen im Sinne der genannten Vorschrift, wenn wie hier Teile der Anlage auf der Grundlage eines schon bestandskräftigen älteren Planfeststellungsbeschlusses nach Außerdienststellung der Gesamtanlage zurückgebaut werden und der weitere Planfeststellungsbeschluß sich auf die restlichen noch nicht verplanten Bauwerke bezieht. Durch den Planfeststellungsbeschluß vom 11. November 1981 waren die streitigen Bauwerke offensichtlich nicht einer weiteren - späteren - Planfeststellung entzogen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig, weil es sich um einen Fall der notwendigen Beiladung
vgl. Heinze, Rechts- und Funktionsnachfolge bei der Eisenbahnneuordnung, NVwZ 1994, 748 ff., 750
handelt (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozeßordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2, 137 Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.
Gericht | OVG Münster |
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Datum | 18.08.1994 |
Normen | § 42VwGO, § 75 VwVfG, § 36 BbG, § 9 DSchGNW, § 9 DSchGNW, § 21 DSchGNW |
Stichworte | Rückbau von Eisenbahnbrückenbauwerken, Verhältnis von Kompetenz und Recht, Unzulässigkeit der Klage wegen fehlender Prozeßführungsbefugnis, Konzentrationswirkung der Planfeststellung, Außerdienstsetzung von Bahnanlagen, Verwaltungsverfahrensrecht, Planfe |