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LG Berlin, Urteil vom 18.09.2002

Az.: 23 O 272/01

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Urteil

[...]

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand:

Die Kläger machen als Hinterbliebene der Zug-Katastrophe von Eschede eigene Schmerzensgeldansprüche geltend.

Am 3. Juni 1998 um 10.58 (10.59) Uhr verunglückte der ICE 884 „Wilhelm Conrad Röntgen“ auf der Fahrt von München über Hannover nach Hamburg bei Kilometer 60,7 vor dem Bahnhof Eschede/Landkreis Gelle. Hierdurch starben 101 Personen, 119 wurden zum Teil schwer verletzt.

Die Staatsanwaltschaft Lüneburg nahm die Ermittlungen über die Unglücksursache auf. Durch im Nachhinein erstellte Gutachten und die durchgeführten Untersuchungen konnte ein bei Streckenkilometer 55,1 gebrochener Radreifen am hinteren Drehgestell des ersten Mittelwagens – in Fahrtrichtung gesehen des rechten gummigefederten Rades des vorderen Radsatzes – als Unfallursache ermittelt werden. Der Bruch des Radreifens führte zum Verkeilen im Drehgestell, wobei das herunterhängende Ende nach einer Fahrtstrecke von ca. 5,5 Kilometer an der nächsten Weiche den rechten Radlenker erfaßte und abriß. Nunmehr entgleiste der komplette Radsatz und zerstörte für die nachfolgenden Wagen die Schienenführung, was dann zum Entgleisen der nachfolgenden Wagen und zu einer Seitwärtsbewegung des. 3. und 4. Wagens führte. Hierdurch kam es zu einer Berührung mit einer dort befindlichen Fahrzeugbrücke, die darauf einstürzte und Teile des Zuges unter sich begrub, weitere Wagen wurden mit voller Wucht gegen die Reste der Brücke geschleudert.

Der gebrochene Radreifen hatte eine Laufleistung von ca. 1,8 Mio. km, Ein solcher gummigefederter Radreifen, wie er bis zu dem Unfall durch die Beklagte zu 1) in den ICE's der 1. Generation verwandt wurde, besteht im Gegensatz zu einem Monoblockstahlrad aus einem Stahlradkern, einer Zwischenschicht zur Dämpfung und einem darauf außen aufgezogenen Stahlreifen. Der Stahlreifen wird abgefahren und turnusmäßig ausgetauscht. Der später gebrochene Radreifen ist 1997 neu „profiliert“ worden, nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Lüneburg im Verfahren _ _ _ _ zuletzt am 26. August 1997. Dieser Radreifen wurde danach am 12. Januar 1998 in den Unglückszug 151 eingebaut. Dabei hatte das den Unfall auslösende Rad zum Unfallzeitpunkt nicht mehr den Laufkreisdurchmesser des äußeren Stahlreifens von 929 mm (Neuzustand), sondern von 862 mm. Er lag damit noch über dem von der Beklagten zu 1) intern am 1. August 1994 durch Dienstvorschrift 98404 vorgegebenen Maß für den Austausch des Radreifens, welches bei 854 mm liegt.

Zum Einsatz dieses Radreifensystem in den ICE's der 1. Generation kam es, weil sich bei Fahrten mit dem zuvor verwandten Monoblocksystem bei schneller Fahrt, insbesondere in den Mittelwagen, hier speziell im Speisewagen, Erschütterungen und Dröhngeräusche zeigten. Die Beklagte zu 1) versuchte, verantwortlich handelnd durch den früheren Beklagten zu 2), Abhilfe zu schaffen. In der Folge kam es nach und nach zum Einsatz der vorstehend dargestellten gummigefederten Radreifen. Nach dem Zugunglück von Eschede entschied sich die Beklagte zu 1) zu den Monoblockrädern zurückzukehren.

Am 20. November 2001 hat die Staatsanwaltschaft Lüneburg - _ _ _ _ - Anklage bei der Auswärtigen Strafkammer des LG Lüneburg beim Amtsgericht Celle erhoben, Diese hat dort u.a. den Mitarbeiter der Beklagten zu 1) _ _ _ _, der als technischer Verantwortlicher für Wagenradsätze war, angeklagt. _ _ _ _ arbeitete ebenso wie der aus gleichem Grund angeklagte Fi. im Bundesbahnzentralamt (BZA). Der weitere Angeklagte _ _ _ _ war in leitender Funktion für die Firma _ _ _ _ tätig, die die Radsätze herstellte. Das Amtsgericht hat die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Dieses finde gegenwärtig statt.

Die Klägerin zu 1) ist 26 Jahre Alt. Durch das Zugunglück starben ihre Mutter und ihre Schwester. Sie ist aufgrund einer frühkindlichen Hirnschädigung behindert, kann nur liegen, muss gefüttert werden und ist auf Pflege durch Dritte angewiesen, die nunmehr von der Beklagten zu 1) bezahlt wird.

Der Kläger zu 2) verlor ebenfalls Mutter und Schwester.

Durch den Unfall ist das Familienleben des Klägers zu 3) ausgelöscht, da hierbei seine Ehefrau und seine beiden Kinder im Alter von vier und acht Jahren umkamen.

Die Klägerin zu 4) verlor ihren Ehemann, dieser war Zugchef des verunglückten ICE's. Ihr ist zunächst mitgeteilt worden, dass ihr Mann verletzt sei, aber keine Lebensgefahr bestünde. Als sie im Krankenhaus eintraf, erhielt sie die Nachricht, dass ihr Mann unter den Toten sei.

Die Klägerin zu 5) ist Mutter des verstorbenen Restaurantleiters im verunglückten ICE. Die Beklagte zu 1) teilte ihr zunächst mit, dass ihr Sohn leicht verletzt sei und im Krankenhaus Braunschweig liege, Als die Klägerin zu 5) dort eintraf, konnte sie ihren Sohn nicht finden. Sie suchte nach ihm in allen Krankenhäusern der Gegend, in die Verletzte eingeliefert worden waren. Erst nach 12 Tagen erfuhr sie, dass ihr Sohn verstorben wer,

Die Klägerin zu 6) verlor ihren Vater.

In Folge des Zugunglücks kam es zu einer Welle der Hilfsbereitschaft, die Bevölkerung und das Land Niedersachsen, in dem der Unglücksort liegt, stellten verschiedene Geldbeträge zur Verfügung, über die die Beklagte zu 1) verfügen konnte. Die Beklagte zu 1) selbst unternahm vielfältige Bemühungen, um die Folgen des Unglücks für die Betroffenen abzumildern. Sie setzte Sozialarbeiter und Psychologen ein, die die Verletzten und Hinterbliebenen zum Teil noch an der Unglücksstelle zu betreuen versuchten. Sie suchte, zum Teil durch Mitglieder des Vorstandes, die Verletzten in den Krankenhäusern auf und versandte Kondolenzschreiben an die Hinterbliebenen (Anlage B 1 a und B 1 b). Sie setzte als Ansprechpartner einen Ombudsmann, den ehemaligen Vizepräsidenten des Bundessozialgerichts, _ _ _ _, ein und stellte verschiedene weitere Mittel zur Verfügung. Sie übernahm anfallende Kosten für die Hinterbliebenen (Beerdigungskosten, Grabpflegekosten), wobei davon ausging, dass sie an dem Zugunglück kein Verschulden träfe. Sie erklärte aber ohne Anerkennung einer Rechtspflicht von sich aus die Bereitschaft, sich so behandeln zu lassen, als habe sie für den Unfall ohne Rücksicht auf die Haftungsgrenzen gemäß § 9 Haftpflichtgesetz einzustehen.

Die Bezahlung von Einzelbeträgen und Erstattung von Geldern machte die Beklagte zu 1), insbesondere hinsichtlich des Sohnes der Klägerin zu 5), zunächst von der Vorlage verschiedener Belege abhängig. Sie verweigerte ihr zunächst die besondere Zuwendung für den Verstorbenen, da ein Arbeitsunfall vorliege und ihr Sohn als Mitarbeiter nicht so behandelte werden könne, wie die übrigen Reisenden. Mit Schreiben vom 15. Juli 1998 teilte die Beklagte zu 1) der Klägerin zu 5) schriftlich mit, dass „ es scheint, dass unser gut organisierter Staat einen solchen Tribut fordert“.

Die Kläger, die sich zu einer Interessengemeinschaft unter Leitung des gesetzlichen Vertreters der Klägerin zu 1) zusammengetan haben, verlangten von der Beklagten zu 1) als Ausgleich für die bei ihnen eingetretenen Belastungen vorprozessual zunächst die Zahlung von 550.000,-- DM (entspricht 281.210,53 EUR) für jeden Hinterbliebenen und eine Jahresnetzkarte der 1. Klasse auf Lebenszeit Dem kam die Beklagte zu 1) nicht nach. Sie zahlte – wobei die Einzelheiten und teilweise die Zahlung zwischen den Parteien streitig sind – für jeden Verstorbenen an diejenigen Hinterbliebenen, die mit der verstorbenen Person zusammenlebte oder in einem besonderen Näheverhältnis standen, eine besondere Zuwendung in Höhe von 30.000,-- DM (15.338,76 EUR).

Die Beklagte zu 1) hat mit Schreiben vom 27. September 2000 an den Vater der Klägerin zu 1) erklärt, weitere Zahlungen zu prüfen. Dies führt dann zu einem Gespräch am 29. November 2000 in Frankfurt mit dem Vorstandsvorsitzenden der Beklagten zu 1) und dem Prozessbevollmächtigten der Kläger, dem Vater der Klägerin zu 1) und der beim Unfall schwer verletzten Frau De. . Hierbei erklärte die Beklagte zu 1), keine weiteren Zahlungen leisten zu wollen.

Mit Schreiben vom 14. Februar 2001 hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger die Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht, die Beklagte zu 1) hat diese mit Schreiben vom 20. März 2001 zurückgewiesen.

Die Kläger stützen ihre Klage auf angebliche Versäumnisse der Beklagten zu 1) bei der Einführung der Radreifentechnik und deren mangelnde Kontrolle in Betrieb. Den Beklagten zu 2) haben die Kläger zunächst als zuständiges Vorstandsmitglied der Beklagten zu 1) für die Entscheidungen über den Einsatz und die Freigabe für die Radreifen persönlich in Anspruch genommen. Insoweit haben die Kläger die Klage gegen den Beklagten zu 2) nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung am 20. Februar 2002 zurückgenommen (nachfolgend dennoch als Beklagter zu 2) bezeichnet).

Die Kläger behaupten, die Beklagte zu 1) habe allein aus kommerziellen Gründen auf den Einsatz von Monoblockrädern verzichtet, und damit an der Sicherheit gespart. Als der Beklagte zu 2) bei einer Fahrt in einem Speisewagen am 30. September 1991 ganz erhebliche Schwingungen und Dröhngeräusche vernommen habe, habe er sofort eine Änderung vom damaligen Bahnchef _ _ _ _ verlangt und vorangetrieben. Schon im Oktober 1991 seien für erste Versuche gummigefederten Rädern der Bauart B 084 aus dem laufenden Auftrag für die IC-Erprobung entnommen und auf die ICE-Achsen gepresst worden. Da die Ergebnisse hervorragend gewesen seien, habe die Beklagte zu 1) unter Federführung des Beklagten zu 2) die Ausrüstung der Speisewagen und später aller Wagen mit der gar nicht ausgereiften bzw. nicht für diese Züge vorgesehen gummigefederten Radreifentechnik vorangetrieben und letztlich zum Einsatz freigegeben. Die Beklagte habe aus Zeit- und Kostengründen weder die Betriebsfestigkeit der Radreifen ausreichend überprüft, noch eine sachgerechte Bestimmung der Ermüdungsfestigkeit vorgenommen. Am 28, Oktober 1991 habe die Beklagte zu 1) wegen des erfolgreichen Versuchs beschlossen, diesen Radtyp für drei bis vier Monate zu testen, um die geräuschmindernde Wirkung auch bei höheren Laufleistungen zu ermitteln. Laut einem Vermerk des Mitarbeiters der Beklagten zu 1) _ _ _ _ vom 6. Januar 1992, habe bis Ende 1992 verbindlich festgestellt werden sollen, ob die Radreifen ICE-tauglich seien. Am 21. Januar 1992 habe die Beklagte zu 1), ohne einen Bericht des Herstellers abzuwarten, jedoch die Ausrüstung von 45 Speisewagen beschlossen und dies als „Großversuch“ bis Ende Mai 1992 gestartet. ohne noch eine Überprüfung bis Ende 1992 weiterzuverfolgen. Die Verkürzung dieser „Alibiproben“ sei auf den Druck des Beklagten zu 2) geschehen. Die generelle Umrüstung sei wegen nicht ausreichender Erprobung als ein hinnehmbares Risiko eingeschätzt worden. Allerdings habe sich das Ausbesserungswerk der Beklagten zu 1) in Nürnberg am 20. August 1992 gegen eine vollständige Umrüstung wegen fehlender Betriebserfahrung ausgesprochen. Dies habe dazu geführt, dass der Beklagte zu 2) seine ursprünglich für den 1. September 1992 vorgesehene Vorstandsvorlage nicht habe einbringen können. Am 5. Oktober 1992 habe dann, nachdem eine Untersuchung auf Risse im laufenden Einsatz mit Ultraschalluntersuchungen von technischer Seite vorgeschlagen worden sei, der Vorstand den Beschluss zur Umrüstung gefasst, allerdings ohne diese Untersuchungen selbst mit zu beschließen. Die Beklagte zu 1) habe dann unter Druck durch den Beklagten zu 2) im April 1993 die Beschaffung von gummigefederten Radreifen nicht nur für die Speisewagen sondern für alle ICE-Wagen beschlossen, obwohl bekannt: geworden sei, dass es bei der Dänischen Staatsbahn am 4. Dezember 1992 zum Bruch eines Radreifens gekommen war. Obwohl weiterhin Probleme im Betrieb mit den gummigefederten Radreifen aufgetreten seien, habe die Beklagte zu 1) die Radreifentechnik ohne Änderungen vollständig eingeführt. Die vorgenommenen Untersuchungen seien nicht ausreichend gewesen. Die durchgeführten Spannungsuntersuchungen hätten offensichtlich nicht dem Stand der Technik entsprochen, die sonstigen Untersuchungen seien ungeeignet gewesen. Es sei keine Spannungsanalyse mit Hilfe der anerkannten „Finite-Element-Methode“ durchgeführt worden. Ein Lebensdauernachweis sei nicht erbracht worden. Dies sei deshalb der Beklagten zu 1) besonders vorzuwerfen, da schon vor dem Unfall Untersuchungen gezeigt hätten, dass Probleme mit Radreifen auftreten könnten. So seien bei solchen Prüfungen bei Abnutzung bis auf das Betriebsgrenzmaß Innenrisse 'festgestellt worden. Solche Anrisse seien eine zu erwartende Erscheinung gewesen. Spätestens ab Februar 1988 habe die Beklagte zu 1) aufgrund des Berichts des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit Darmstadt vom 5. März 1987 Kenntnis davon gehabt, dass Radreifen besonders auf der Innenseite bruchempfindlich seien. Die geforderte Grundsatzuntersuchung und systematische Vorgehensweise, wie sie das Forschungs- und Versuchungsamt des Internationalen Eisenbahnverbandes vorsieht, sei nicht vorgenommen worden. Abgesehen von der fehlerhaften Freigabe nicht ausreichend geprüfter Radreifentechnik sei der Beklagten zu 1) zudem vorzuwerfen, dass sie nach Inbetriebnahme alle Hinweise, die auf einen Bruch des Radreifens hingedeutet hätten, mißachtet hätten, Die Neuprofilierung habe die Phase der akuten Gefährdung eingeläutet. Die Beklagte zu 1) habe auch danach nicht ausreichend kontrolliert, so dass in einem Zeitraum von 3 bis 6 Monaten der Riß sich habe ausbreiten können. Die Rißausbreitungsgeschwindigkeit sei sehr langsam verlaufen Es sei anzunehmen, dass vom ersten Anriß bis zum Bruch des Radreifens. eine Laufleistung von 100,000 km zurück gelegt wurde. Dies hätte bei Überprüfungen festgestellt werden müssen, gleichfalls seien bereits Geräusche zu hören gewesen.

Die Beklagte zu 1) habe keine Schmerzensgeldbeträge an sie geleistet. Sie hätten allenfalls als besondere Zuwendung bezeichnete Beträge erhalten, die aber keine Zahlung auf eigene Schmerzensgeldansprüche darstellen würden. Die Gelder würden zudem nicht von der Beklagten zu 1) sondern aus einem Soforthilfebetrag von 1. Mio. DM stammen, den das Land Niedersachsen zur Verfügung gestellt habe. Die Beklagte habe zudem Spenden in Höhe von 800 TDM aus der Bevölkerung erlangt und zur Zahlung an die Kläger und andere Hinterbliebene eingesetzt.

Bei ihnen seien durch den Unfall teilweise psychische Krankheiten aufgetreten, sie alle litten noch heute erheblich unter den Folgen des Unfalls.

Die Klägerin zu 1) behauptet, sie nehme trotz ihrer Behinderung die Umgebung war und leide noch heute unter den Folgen des Verlustes. Der Kläger zu 2) macht geltend, er sei durch den Unfall an einer Psychose erkrankt und leide unter Depressionen. Vom 28. Juni bis 30. Juli 1999 habe er sich deshalb im Bezirkskrankenhaus aufgehalten. Der Kläger zu 3) sei seit März 2000 arbeitsunfähig, leide an einer andauernden depressiven Stimmungslage mit Übergängen in bleibende Persönlichkeitsveränderungen.

Die Klägerin zu 4) behauptet, die Todesnachricht habe bei ihr einen sofortigen Schock ausgelöst habe, von dem sie sich bis heute nicht erholt habe. Sie sei psychisch sehr labil, leide unter Nervosität und Schlafstörungen.

Die Klägerin zu 5) fühlt sich durch die Todesumstände einerseits und die Verhaltensweise der Beklagten zu 1) nach dem Unfall im Rahmen der Abwicklung zutiefst verbittert und erachtet hierfür die Zuerkennung eines nicht unerheblichen Schmerzensgeldbetrages für angemessen,

Die Klägerin zu.6) will keine besondere Zuwendung erhalten habe und behauptet, noch heute unter den Folgen des Unfalls erheblich zu leiden.

Die Kläger sind der Ansicht, dass die Beklagte zu 1) zur Zahlung von hohen Schmerzensgeldbeträgen verpflichtet sei, da ein unvergleichbarer Sachverhalt vorliege und sie immer wieder an das fürchterliche Geschehen erinnert würden. Die Beklagte zu 1) habe sich auch nach dem Unfall unangemessen und demütigend verhalten und ein Verschulden öffentlich abgestritten. Sie seien als Erpresser bezeichnet worden.

Die Beklagte zu 1) sei als „öffentliche Eisenbahn“ besonderen Verpflichtungen zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unterworfen und schulde die Einhaltung der Grundrechte. An diese sei sie gebunden, da sie bis vor kurzem noch eine öffentlich- rechtliche Körperschaft gewesen sei und der Bund Mehrheitseigentümer der Bahn ist. Die Beklagte zu 1) könne sich nicht als privatrechtliche AG ihrer Grundrechtsbindung entziehen, jedenfalls sei eine mittelbare Grundrechtsbindung anzunehmen, Die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei schmerzensgeldbewährt. Der Schutz bzw. der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei auszudehnen auf ein Rahmenrecht zum Schutz der aktiven Persönlichkeitsentfaltung. Zudem sei der über Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Bereich von Ehe und Familie verletzt, die Beklagte zu 1) habe auch die Menschenwürde der Kläger und Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt. Letztere seien nach neuester Rechtsprechung des EuGH schmerzensgeldbewährt.

Sie könnten Schmerzensgeld auch aus vertraglichen Ansprüchen verlangen, sie seien in den Schutzbereich. der Beförderungsverträge eingeschlossen.

Zudem liege ein Organisationsverschulden der Beklagten zu 1) bei der Verletzung der Verkehrssicherungspflichten vor.

Die Kläger beantragen nach Klagerücknahme gegenüber dem Beklagten zu 2) nunmehr,

die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an jeden Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 127.822,97 EUR (250.000,-- DM) nicht unterschreitet jeweils nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Oberleitungsgesetzes vom 9. Juni 1998 seit dem 4. September 2002 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.

 

Die Beklagte zu 1) beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie habe sofort und unbürokratisch Hilfe geleistet. Soweit nicht ausgeschlossen werden könne, dass in Einzelfällen bei der unmittelbaren Sofortbearbeitung Fehler gemacht worden seien, müsse berücksichtigt werden, dass es sich um einen großen und umfassenden Unglücksfall gehandelt hebe. Sie habe durch ihren Vorstand in persönlichen Schreiben allen Angehörigen persönlich kondoliert und weitere Hilfe verschiedener Art mehrfach angeboten. Sie habe sich alsbald nach dem Unglück dazu entschlossen auf einer unterstellten Verschuldensbasis Schadensersatz und Schmerzensgeldansprüche zu befriedigen. Der unabhängigen Ombudsmann _ _ _ _ habe jegliche Unterstützung der Beklagten zu 1) erhalten, um die „Eschede-Hilfe“ aufzubauen, er habe dafür zunächst 6 Mio. DM erhalten. Wegen der Einzelheiten der behaupteten Tätigkeit von _ _ _ _ wird auf die Anlage B 2 verwiesen. Sie habe knapp 42 Mio. DM an Schadensersatz- und Schmerzensgeldzahlungen geleistet, z.T. habe sie – wie etwa die Grabpflegekosten von idR 10.000,-- DM pro Todesfall – übernommen, obwohl sie hierzu rechtlich auch bei angenommenem Verschulden nicht verpflichtet gewesen sei. Etwa 7 Mio. DM seien an Schmerzensgeld für Hinterbliebene und Verletzte gezahlt worden, hierin seien die 5 Mio. DM aus dem Soforthilfebetrag für _ _ _ _ nicht enthalten. Die nächsten Angehörigen hätten als Hinterbliebene ein einheitliches Schmerzensgeld von pauschal je 30.000,-- DM als besondere Zuwendung erhalten. Dabei habe sie sich davon leiten lassen, dass einerseits nur schwer feststellbar ist, ob überhaupt ein psychopathologischer Schockzustand bei den nahen Angehörigen vorliege, noch wie schwer dieser ausfalle. Deshalb habe sie diesen auf Vorschlag von _ _ _ _ bei allen Angehörigen gleichbehandelt. Die Zahlungen seien an die Angehörigen erfolgt, die mit der verstorbenen Person zusammengelebt hätten. Hiervon seien die Hinterbliebenen durch _ _ _ _ am 10. November 1998 jeweils informiert worden. So sei an die Familie der Klägerin zu 1) und damit auch an die Klägerin zu 1) 60.000,-- DM geflossen, weitere konkrete Hilfen außer Geldforderungen habe der Vater der Klägerin zu 1) nicht erbeten, jedoch in einer Vereinbarung vom 29.130.3,1999 die Entgegennahme der 60.000,-- DM als HinterbliebenenSchmerzensgeldzahlung bestätigt An den Vater des Klägers zu 2) seien gleichfalls 60.000,-- DM Hinterbliebenen-Schmerzensgeld gezahlt worden, An den Kläger zu 3) sein ein Hinterbliebenen-Schmerzensgeld von 90.000,-- DM ausgezahlt, sein – nicht geltend gemachter – Verdienstausfall sei gleichfalls ausgeglichen worden. Sie bedauere die Umstände, unter denen die Klägerin zu 4) vom Tod ihres Ehemanns erfahren habe, sie habe damals nur die ihr mitgeteilten Erkenntnisse der Polizei weitergegeben. Sie ist insoweit weiterhin der Auffassung, dass der Klägerin zu 4) zwar Versorgungsansprüche aus der Beamtenstellung des verstorbenen Mannes der Klägerin zu 4) zustünden und kein Schmerzensgeld, gleichwohl habe sie aber ein Hinterbliebenen-Schmerzensgeld von 30.000,-- DM gezahlt. Sie bedauere zudem die Umstände, unter denen die Klägerin zu 5) vom Tod ihres Sohnes erfahren habe. Dieser sei nicht ihr Mitarbeiter gewesen, sondern bei der Mitropa AG beschäftigt gewesen, Sie habe, wegen des Haftungsprivilegs der §§ 104 ff SGB VII, ohne Verpflichtung ein Hinterbliebenen-Schmerzensgeld von 30.000,-- DM gezahlt und nicht dauerhaft auf der Vorlage von Belegen bestanden, um weitere Zahlungen zu leisten, Die Klägerin zu 6) habe das Hinterbliebenen-Schmerzensgeld von 30.000,-- DM erhalten und sich durch Schreiben ihrer damaligen Bevollmächtigten mit dieser abschließenden Zahlung einverstanden erklärt, so dass sie auch aus diesem Grunde gehindert sei, weitere Ansprüche geltend zu machen.

Die von den Klägern gemachten Ausführungen zu den Radreifen seien teilweise aus ingenieurtechnischer Sicht nicht zutreffend und nicht hinreichend eindeutig, die offensichtlich von den Klägern in Bezug genommenen Gutachten _ _ _ _ ungeeignet, um ein Fehlverhalten der Beklagten zu 1) zu belegen, da sie teilweise inhaltlich falsch seien. Auch bei einer höheren Belastung der Radreifen und der Erprobung über einen längeren Zeitraum hätte sich der Fehler nicht finden lassen, jedenfalls hätten dies die Radreifen fehlerfrei ertragen (Beweis Sachverständigengutachten). Die Kläger würden fehlerhaft aus Berichten und Vermerken zitieren, die sich nicht mit der Festigkeit der Radreifen sondern mit anderen Problemen beschäftigen würden. Es seien zwar noch Fragen einschließlich der Wartung zu klären gewesen, diese hätten aber nichts mit der Freigabe für die Erprobung der Festigkeit der Radreifen zu tun gehabt, diese sei vielmehr vorab schon geprüft und angenommen worden,

Es sei nicht so, dass die ICE mit unerprobten Radreifen ausgerüstet worden seien. Das Bundesbahnzentralamt habe im August 1992 erklärt, dass gummigefederte Radreifen im ICE eingesetzt werden können. Die gummigefederten Radreifen seien über 6 Jahre und über 7 Milliarden km ohne Versagen genutzt worden. Nur bei 6 von mehreren Tausend Radreifen seien nach dem Unfall kleinere Risse entdeckt worden, Auch nach der Inbetriebnahme seien keine Fehler gemacht worden.

Der Radreifenbruch bei der Dänischen Staatsbahn habe nachweislich auf einem Materialfehler beruht, es habe sich zudem um ein anderes Radtypsystem gehandelt. Auch bei der Stadtbahn in Hannover habe es sich um andere Räder und eine andere Betriebsart gehandelt.

Die Kläger würden z.T, selbst die Presseberichterstattung initiieren, um Druck aufzubauen, so dass sie nun nicht die ständige Presseberichterstattung kritisieren und als Umstand für die Bemessung eines möglichst hohen Schmerzensgeldbetrages heranziehen dürften.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet. Allen Klägern steht im Ergebnis unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld gegen die Beklagte zu 1) (mehr) zu. Dies beruht einerseits darauf, dass die Beklagte bereits ausreichende Zahlungen auf einen etwa bestehenden Anspruch geleistet hat (§ 362 BGB), zum anderen sind weitergehende Ansprüche bei den Klägerinnen zu 4) und 5) aus beamtenrechtlichen Gründen ausgeschlossen.

1. Ein Anspruch auf Zahlung von weiterem Schmerzensgeld nach § 847 BGB besteht nicht. Nach dieser Vorschrift können Personen, die in Folge der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit einen Schaden erlitten haben, in bestimmten Fällen die Zahlung von Schmerzensgeld verlangen. Voraussetzung ist neben einer schuldhaften Verletzungshandlung durch den Schädiger – diese ist hier streitig – eine eigene Körper- oder Gesundheitsverletzung des Geschädigten. Denn ein isolierter Schmerzensgeldanspruch für Hinterbliebene allein wegen des Todes eines nahen Angehörigen ist dem deutschen Recht fremd (MünchnerKommentar-Stein, BGB, § 847 BGB, Rn, 16 unter Hinweis auf Kadner, ZEuP 1996. 135, 140ff.). Die Rechtsprechung hat nur unter engen Grenzen einen Anspruch auf Schmerzensgeld für Angehörige entwickelt, der sich letztlich jedoch nicht als Ausnahme der vorstehenden Grundsätze darstellt. Denn danach kommt ein Anspruch auf Schmerzensgeld für Hinterbliebene, die vom Tod eines nahen Angehörigen erfahren, nur dann in Betracht, wenn diese dartun können, dass bei ihnen aufgrund des Todes des nahen Angehörigen eine eigene Körper- bzw. Gesundheitsbeeinträchtigung eingetreten ist. Dies hat die Rechtsprechung namentlich bei sogenannten Schockschäden angenommen, die zu körperlichen Reaktionen geführt haben. Dabei beschränkt die Rechtsprechung den Anspruch auf Schmerzensgeld wegen eines Schockschadens allerdings auf die nächsten Angehörigen, verlangt einen schweren Unfall, der die Schockreaktion nachvollziehbar macht sowie die eigene schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigung des Anspruchstellers (BGHVersR 1971, 905; VersR 1976, 539; VersR 1984, 439; VersR 1989, 853; OLG Stuttgart, NJW-RR 1989, 439; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 214; OLG Nürnberg., NZV 1996, 367; MünchnerKommentar-Stein, BGB, § 847 Rn. 16). Neben diesen sich eher körperlich auswirkenden Schockschäden hat die Rechtsprechung Schmerzensgeldzahlungen zudem dann angenommen, wenn gewichtige psycho-pathologische Ausfälle von einiger Dauer aufgrund des schweren Unfalls vorliegen. Diese müssen so erheblich und dauerhaft sein, dass sie die auch sonst nicht leichten Nachteile und Beeinträchtigungen eines schmerzlich empfundenen Trauerfalls für das gesundheitliche Wohl- und Allgemeinbefinden erheblich übersteigen und die deshalb nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als Verletzung des Körpers und der Gesundheit betrachtet werden (BGH VersR 1971, 905, VersR 1984, 493; VersR 1989, 853).

Dass diese Voraussetzungen als Folge des schweren Zugunfalls in einem Umfang und mit einem solchen Gewicht vorliegen, dass ein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldbetrages von mehr als 15.338.75 EUR (nachfolgend: 30.000.00 DM) als finanzieller Ausgleich für die erlittenen Leiden in Betracht kommt, haben die Kläger nicht ausreichend dargetan. Denn eine etwaige Schockreaktion aufgrund der Zugkatastrophe erscheint zwar plausibel, sie wird aber weder nach dem Gesetz noch nach den Grundsätzen, die die Rechtsprechung entwickelt hat, vermutet. Sie muss vielmehr von den Klägern als Anspruchstellern im einzelnen dargelegt werden, um den Anspruch zu begründen und in seiner Höhe bestimmen zu können. Dem genügt der Vortrag der Kläger nicht.

Die Kläger haben in der Klageschrift zwar jeder für sich, jedoch nur in äußerst knappen Umfang zu den bei ihnen eingetretenen Folgen und Beeinträchtigungen vorgetragen. Sie haben mehr plakativ und schlagwortartig die bei ihnen eingetretenen Folgen geschildert. Dass dies nicht ausreicht mußte den Klägern bereits nach den Darlegungen der Beklagten bzw. des unabhängigen Ombudsmanns _ _ _ _ und dessen dezidierten juristischen Darlegungen klar sein. Dennoch hat die Kammer nochmals im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. Februar 2002 darauf hingewiesen, dass der Vortrag der Kläger nicht ausreichend ist, und ihnen die Möglichkeit eingeräumt, hierzu ergänzend vorzutragen. Diese Möglichkeit haben die Kläger ungenutzt verstreichen lassen. Soweit sie hierzu im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18. September 2002 haben pauschal erklären lassen, dass sie sich nicht in der Lage gesehen hätten, weitere ärztliche Untersuchungen über sich ergehen zu lassen, erscheint dies aus menschlicher Sicht verständlich, führt jedoch aus zivilrechtlicher Sicht nicht dazu, die den Klägern abliegende Verpflichtung zum ergänzenden Vortrag entfallen zu lassen, wenn sie ein Schmerzensgeld beanspruchen wollen, welches die erhaltenen 30.000,-- DM übersteigt. Die Kammer sieht durchaus die möglichen Belastungen der Kläger zur Darlegung der näheren Unfallfolgen. Sie sieht jedoch keine Möglichkeit, hier abweichend von zivilprozessualen Fragen eine Darlegungs- und Beweislastverschiebung zu Gunsten der Kläger vorzunehmen, da sie es für zumutbar ansieht, hier ergänzend vorzutragen. Es ist vorliegend, wie auch sonst, Aufgabe eines Anspruchstellers in sonstigen Schadensersatzprozessen zu den Gesundheitsschäden und Folgen eines Unfalls vorzutragen. Erhebliche Abweichungen zwischen der Darlegung zwischen Körper- und Schockfolgen kann die Kammer nicht erkennen. Jedenfalls war näherer und intensiverer Vortrag notwendig, damit die Kammer überhaupt hätte erkennen können, dass weitere Untersuchungen und ein ergänzender Vortrag nicht zumutbar sind und damit die Kammer weiter darüber befinden kann, inwieweit hier Belege notwendig oder Beweiserhebungen durchzuführen sind.

Mit dem bisherigen Vortrag der Kläger kann jedenfalls kein höheres Schmerzensgeld als die gezahlten 30.000,-- DM zuerkannt werden. Dass die Zahlung von 30.000,-- DM für jeden Verstorbenen, zu dem die Kläger jeweils ein besonderes Näheverhältnis hatten, ausreichend erscheint, beruht heben der fehlenden spezifizierten Darstellung zu den eigenen Beeinträchtigungen der Kläger auf einer Abwägung aller weiteren Umstände des vorliegenden Sachgeschehens. Selbst bei einem zu Gunsten der Kläger unterstellten fahrlässigen Verhalten der Beklagten zu 1) erscheint danach der von der Beklagten zu 1) geleistete Zuwendungsbetrag von 30.000,-- DM als ausreichend, um die etwaigen Schmerzensgeldansprüche der Kläger auszugleichen.

Dem Gericht ist dabei bewußt, dass die Bemessung der Summe, die als Schmerzensgeldbetrag angemessen erscheint und dessen Festsetzung zulässigerweise in das Ermessen des Gerichts gestellt worden, außerordentlich schwierig ist. Einen tatsächlichen finanziellen Ausgleich für das unermesslichen menschliche Leid eines tragischen Unfalls und die Folgen für die Kläger gibt es wohl gar nicht, hiervon gehen letztlich auch die Kläger aus. Dieser Umstand steht zweifellos der Schmerzensgeldzahlung nicht entgegen. Kann aber gleichfalls keinen Betrag rechtfertigen, den die Kläger mit jedenfalls 250.000,-- DM (127.822,97 EUR) als angemessen betrachten, Denn bei der Bestimmung der Schmerzensgeldhöhe ist zu berücksichtigen, dass es bedauerlicherweise regelmäßig tragische Unfälle gibt, ohne dass hierbei Schmerzensgeldbeträge zuerkannt würden, die auch nur annähernd die Größenordnungen erreichen, die die Kläger als billige Entschädigung beanspruchen.

Bei der Bemessung des als ausreichend und angemessen zu bewertenden Betrages ist zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung hier im Verhältnis zu den der von den Klägern beanspruchten Summen bisher regelmäßig nur relativ niedrig bemessene Beträge als Schmerzensgeld zuerkannt hat (vgl. nur Münchener Kommentar-Stein, § 847 Rn. 16 mwN). Die zugesprochenen Beträge bewegen sich zwischen 1.000,-- DM bis 4.000,-- DM. 10.000,-- DM sind danach als ein bereits relativ hoher Betrag anzusehen, Sie sind, vor bereits geraumer Zeit, etwa der Mutter eines von einem Hund totgebissenen Kindes zugesprochen worden, die aufgrund des Vorfalls eine schwere Neurose erlitten hat (LG Gießen, NJW 1987, 711). Nach Auswertung der sogenannten Beck'schen Schmerzensgeldtabelle (2. Aufl. etwa S 332 ff.) sind höhere Beträge bisher als angemessener Ausgleich bisher nicht bekannt geworden. Soweit die Beklagte zu 1) selbst anführt, dass das OLG Nürnberg ( DAR 1995, 447) in einem Fall Schmerzensgelder von 70.000,-- DM und 40.000,-- DM an die Eltern von drei im Straßenverkehr in Folge einer Trunkenheitsfahrt getöteten Kinder zugesprochen hat, war dies Folge eines spezifizierten Vortrags zu den ganz erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigungen der Eltern.

Ein über 30.000,-- DM hinausgehender Betrag könnte danach allenfalls dann zuerkannt werden, wenn sich das vorliegende Sachgeschehen gegenüber anderen tragischen Unglücksfällen für die unmittelbar betroffenen Personen so wesentlich unterscheidet, das hier ein deutlich erhöhtes Schmerzensgeld angemessen und notwendig erscheinen würde. Dies kann die Kammer dem bisherigen und im wesentlichen pauschalen Vortrag der Kläger im Ergebnis nicht entnehmen. Denn hier ist zwar ein unmittelbarer Angehöriger durch einen Unfall plötzlich aus dem Leben gerissen worden, mit aller Sinnlosigkeit und mit allen daraus resultierenden tragischen Folgen für den Hinterbliebenen. Dies ist jedoch leider auch in anderen Unglücksfällen geschehen, ohne dass es zu einem erhöhten Schmerzensgeld führt. Die „Besonderheit“ und das Ausmaß der Zugkatastrophe von Eschede liegt nach der vom Gericht vorgenommenen Bewertung des Vortrags der Parteien weniger in den für die Bestimmung der Schmerzensgeldhöhe maßgeblichen Folgen für die jeweiligen Kläger als Einzelschicksal begründet als vielmehr in dem sonstigen Ausmaß des Unfalls. Es ist in erster Linie die Vielzahl der Töten und Schwer- und Schwerstverletzten, die über einen „normalen“ Unfall hinausgehen. Hinzukommt sicher der Unstand, dass der Unfall sich mit dem als Prestigeprojekt der Beklagten zu 1) zu bezeichnenden Hochgeschwindigkeitszug ICE ereignet hat. Hierbei ist der Öffentlichkeit mit einem Schlag vor Auge geführt wurde, wie schnell für sicher geglaubte modernste Technik zu einem so verheerenden Unfall führen kann. Für die Kläger als unmittelbar Hinterbliebene sind diese Umstände im Wesentlichen für die Bewertung der individuellen und unmittelbaren Unglücksfolgen dagegen unerheblich. Allein der sich daraus ergebende Umstand, dass das Zugunglück immer wieder Gegenstand von Presseveröffentlichungen war, stellt eine Belastung für die Kläger DAR, die die Kammer berücksichtigt hat.

Soweit die Kläger sich für die Zuerkennung eines erhöhten Schmerzensgeldbetrages noch darauf stützen, dass der Beklagten zu 1) ein besonderer Vorwurf zu machen sei, weil sie aus Komfort- und Ersparnisgründen die Radreifentechnik eingeführt habe und diese nicht ausreichend getestet und überprüft habe, ist dies teilweise ersichtlich nicht zutreffend, zum anderen für die Entscheidung letztlich nicht erheblich. Dass die Beklagte als am Wirtschaftsleben teilnehmendes Unternehmen sowohl die Komfortansprüche ihrer Kunden befriedigen, als auch die Kosten minimieren will, ist nachvollziehbar und wirtschaftlich sachgerecht. Dass die Beklagte zu 1) hierbei bewußt aus Kostengründen an der Sicherheit gespart haben könnte, ergibt sich trotz der gegenteiligen Behauptung der Kläger schon nach deren eigenen Vortrag nicht. Denn die Kläger tragen selber vor, dass für den Betrieb der ICE's der 1. Generation zunächst (die auf längere Sicht offensichtlich teureren) Monoblockräder vorgesehen waren und eingesetzt werden sind und diese erst als es die beschriebenen Belästigungen gab, aus Komfortgründen und nicht aus Kostengründen durch die gummigefederten Rädern ersetzt worden sind. Wieso dann hierbei an der Sicherheit gespart wurde, erschließt sich für die Kammer nicht.

Nach Abwägung aller Belange und Umstände des vorliegenden Sachgeschehens ist die Zahlung von 30.000,-- DM an die Kläger in jedem Falle ausreichend. Die Kammer sieht bei dem vorliegenden Zugunfall trotz dessen Umfangs auch keine sachliche Rechtfertigung von den bisherigen Urteilen der Rechtsprechung zu Schmerzensgeldzahlungen abzuweichen. Hierzu gibt es nach den vorstehenden Ausführungen keine sachliche Rechtfertigung und keine Notwendigkeit. Dass der Betrag von 30,000,-- DM bzw. die für die Kläger bestimmten und von der Beklagten zu 1) an sie bzw. ihre Vertreter gezahlten Beträge ausreichend sind, zeigt sich anhand der von der Kammer vorgenommenen Einzelabwägung

Die Klägerin zu 1) ist ein besonderes Einzelschicksal, da sie frühkindlich hirngeschädigt und auf besondere Zuwendung angewiesen ist. Diese Schädigung, die eine umfassende Betreuung erfordert, kann nicht mehr durch die Mutter und Schwester erfolgen. Die tatsächlich praktisch notwendige Hilfe muss nunmehr teilweise durch Dritte vorgenommen werden, die die Beklagte zu 1) finanziert. Der Tod der Mutter und Schwester als Bezugsperson ist, hiervon geht das Gericht zu Gunsten der Klägerin zu 1) aus, erheblich. Ihr steht deshalb auf unterstellter Veschuldensbasis allenfalls ein Schmerzensgeld zu, das das Gericht angesichts des ansonsten nicht weiter spezifizierten Vortrags der Klägerin zu 1) mit den gezahlten 30.000,-- DM angemessen, aber auch ausreichend ansieht Dass die Zahlung in Höhe von 60.000,-- DM auch an die Klägerin zu 1) zweckgerichtet geleistet worden ist, ergibt sich aus den Anschreiben der Beklagten zu 1) bzw. von Prof. Dr. Kr. (Anlagen B 3 und B 4). Den Empfang für die Klägerin zu 1) hat deren gesetzlicher Vertreter schließlich am 29.3/30.31999 schriftlich bestätigt (Anlage B 5).

Für den Kläger zu 2), der ebenfalls Mutter und Schwester verlor, gelten die vorstehenden Ausführungen – mit Ausnahme der frühkindlichen Hirnschädigung – entsprechend. Die geschilderten Unfallfolgen, die bei ihm relativ spezifiziert sind, da sie auch einen längeren Krankenhausaufenthalt als Folge des Unfalls beinhaltet, würde nach den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen die Zuerkennung eines Schmerzensgeldbetrages eröffnen, der aber keinesfalls über 30.000,-- DM liegen würde. Die Zahlung erfolgte hier gleichfalls in Gestalt eines Betrages von 60.000,-- DM an den Vater des Klägers zu 2), zu Händen dessen Rechtsanwalt Fo. . In der darüber verfassten schriftlichen Bestätigung ist von einer entsprechenden Zahlung die Rede und dass die Aufteilung auf die nahen Angehörigen vom Vertreter des Klägers zu 2) vorgenommen wird.

Das Gericht erachtet die Unfallfolgen für den Kläger zu 3) als besonders schwerwiegend, auch wenn es sich letztlich verbietet, Abstufungen vorzunehmen und das Gericht letztlich scheitern muss, die wirklichen Verluste der Hinterbliebenen zu ermessen. Der Kläger zu 3) verlor seine Ehefrau und seine beiden Kinder im Alter von vier und acht Jahren, sein Familienleben ist ausgelöscht Er erhielt von der Beklagten zu 1) nach der vorstehenden Darstellung der Widersprüche über die Zahlung an die Hinterbliebenen bzw. für Jedes Todesopfer einen Betrag von 90.000,-- DM. Dieser erscheint dem Gericht unter Abwägung aller Umstände noch als angemessen. Die weitere Darstellung des Klägers zu 3) in der Klageschrift dazu, dass sich die Beklagte zu 1) nicht für sein Einzelschicksal interessiert habe und keine Zahlung von Schmerzensgeld erfolgt sei, kann das Gericht nach den von der Beklagten zu 1) eingereichten Schreiben (Anlage B 1 und 3 sowie B 7) nicht nachvollziehen.

Die Klägerin zu 4) verlor ihren Ehemann, dieser war Zugchef des verunglückten ICE's. Ihr ist zunächst mitgeteilt worden, dass ihr Mann verletzt sei, aber keine Lebensgefahr bestünde. Als sie im Krankenhaus eintraf erhielt sie die Nachricht, dass ihr Mann unter den Toten sei. Diese Umstände, unter denen die Klägerin zu 4) von dem Tod ihres Mannes erfahren hat, sind außerordentlich bedauerlich, dies hat die Beklagte zu 1) auch ausdrücklich und mehrfach zum Ausdruck gebracht. Dass diese in den Folge so dramatische Falschmeldung der Beklagten zu 1) anzulasten wäre, kann allerdings so nicht festgestellt werden, da die Beklagte zu 1) sich darauf beruft, dass sie nach dem Unfall nur die eingehenden Nachrichten, etwa der Polizei weiter gemeldet hat. Dass der Beklagten zu 1) hier ein schmerzensgeldbegründender Fehler unterlaufen wäre, ist so nicht dargetan. Da die Klägerin zu 4) nach den vorstehenden Ausführungen ein in jedem Falle angemessenes Schmerzensgeld von 30.000,-- DM erhalten hat, kommt es nicht weiter darauf an, dass ein Anspruch überhaupt aus rechtlichen Gründen nicht zusteht, jedenfalls ein weiterer Anspruch in keinem Fall zuzusprechen wäre. Denn es würde zu Gunsten der Beklagten zu 1) das sogenannte Haftungsprivileg nach § 46 Abs. 2 BeamtVG eingreifen. Nach dieser Regelung stehen einem verletzten Beamten und seinen Hinterbliebenen aus Anlaß eines Dienstunfalls gegen den Dienstherrn nur eingeschränkt Ausgleichsansprüche zu, diese ergeben sich im einzelnen aus § 30 - 43a und 46e BeamtVG. Weitergehende Ansprüche, namentlich Schmerzensgeldansprüche, sind nach § 46 Abs. 2 BeamtVG nur in eng begrenzten Ausnahmefällen gegeben, die hier aber nicht vorliegen. Diese Ausschlussnorm findet auf die Klägerin zu 4) Anwendung. Der Umstand, dass die Beklagte zu 1) mittlerweile privatrechtlich organisiert ist, steht dem nicht entgegen. Denn der Mann der Klägerin zu 1) blieb weiterhin Beamter, da er bei dem nach Aufspaltung der Bahn gebildeten Bundeseisenbahnvermögen wie ein Beamter beschäftigt war. Die Kammer schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des OLG Celle in dem am 21. August 2002 verkündeten Urteil - 9 U 12/02 - an (Anlage B 36).

Die Klägerin zu 5) ist Mutter des verstorbenen Restaurantleiters im verunglückten ICE. Hier gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Die erst so spät – nach 12 Tagen – erhaltene Todesnachricht ist nicht erkennbar der Beklagten zu 1) zuzurechnen. Die erhaltene Zahlung erscheint der Kammer angemessen, (weitere) Ansprüche wären, aus beamtenrechtlichen Gründen ausgeschlossen. Der Sohn der Klägerin zu 5) war zwar offensichtlich nicht bei der Beklagten zu 1) sondern der Mitropa AG beschäftigt. Insoweit würde jedoch das Haftungsprivileg aus §§ 104, 106 Abs. 3 SGB VII eingreifen, durch welches die Geltendmachung weiterer Ansprüche ausgeschlossen ist.

Die Klägerin zu 6) verlor durch das Zugunglück von Eschede ihren Vater. Sie hat gleichfalls die vom Gericht als angemessen erachteten 30.000,-- DM erhalten. Soweit dieser Betrag nicht allein für die Klägerin zu 6) bestimmt gewesen sein sollte, ist sie mit der Geltendmachung von weiteren Ansprüchen schon deshalb ausgeschlossen, weil sie sich mit der Beklagten zu 1) auf die Zahlung der Gesamtsumme geeinigt hat, ohne sich weitere Ansprüche vorzubehalten. Es ist danach davon auszugehen, dass Klägerin zu 6) weitere Ansprüche wegen der bindenden Einigung nicht mehr zustehen.

Dass die Beklagte zu 1) an alle Kläger bzw. an die gesetzlichen Vertreter für jeden Verstorbenen 30.000,-- DM gezahlt hat, ist letztlich nicht streitig, jedenfalls bewertet das Gericht dies nach dem Vortrag der Parteien und den vorgelegten Unterlagen der Beklagten zu 1) und den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung so. Denn letztlich bestreiten die Kläger nicht den empfang des Geldes an sich oder an die gesetzlichen Vertreter. Sie meinen nur, es handele sich hierbei nicht um Zahlungen auf eigene Schmerzensgeldansprüche.

Dem kann das Gericht nicht folgen, die Zahlungen sind im Ergebnis so anzusehen, dass sie auf Schmerzensgeldansprüche der Kläger gezahlt worden sind, jedenfalls müssen die Zahlungen auf etwaige Artsprüche angerechnet werden. Denn die Beklagte zu 1) hat in allen die Zahlungen betreffenden Schreiben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um eine besondere Zuwendung für die Hinterbliebenen handelt, Was es anderes sein soll, als eine Zahlung an die Hinterbliebenen für die erlittenen Verluste, haben die Kläger auch nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung nicht darzulegen vermocht. Dass es sich um Schmerzensgeldansprüche der Verstorbenen handeln könnte, die auf die nahen Angehörigen im Wege des Erbfalls übergegangen wären, ist nicht anzunehmen. Die Beklagte zu 1) hat nicht an die jeweiligen Erben, sondern an die nahen Angehörigen gezahlt.

Allerdings, hierauf hat das Gericht auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung hingewiesen, sind die Angaben der Beklagten zu 1) zu den Zahlungen der besonderen Zuwendung mißverständlich und in sich nicht widerspruchsfrei, ohne dass dies vorliegend allerdings Auswirkungen hätte. Die Beklagte zu 1) nimmt für sich in Anspruch, an jeden Hinterbliebenen 30.000,-- DM als besondere Zuwendung gezahlt zu haben. Dies dürfte allerdings nur teilweise den tatsächlichen Abläufen und Erklärungen der Beklagten zu 1) vor dem Rechtsstreit entsprechen, Denn die Beklagte zu 1) hat offensichtlich nicht für jeden nahen Angehörigen 30.000,-- DM gezahlt, sondern für jedes Todesopfer einen Betrag von 30.000,-- DM als besondere Zuwendung an den oder die Hinterbliebene gezahlt. Dies führte im vorliegenden Fall für die Klägerin zu 1) etwa zur Zahlung von 60.000,-- DM an deren gesetzlichen Vertreter oder von 90.000,-- DM an den Kläger zu 3), einerseits aber von „nur“ insgesamt 30.000,-- DM an die Klägerin zu 6), wobei der Betrag nach dem Willen der Beklagten zu 1) auch für weitere nahe Angehörige bestimmt war. Dass dies dennoch ohne Auswirkungen auf die Ansprüche der Kläger ist, beruht auf der von der Kammer vorstehend vorgenommenen Einzelabwägung.

Ob eine schuldhafte Verletzungshandlung der Beklagten zu 1) nach § 623 Abs. 1, § 823 Abs. 2 BGB iVm mit der Verletzung eines Schutzgesetzes oder nach § 831 BGB, wie von den Klägern behauptet und von der Beklagten, bestritten, tatsächlich vorliegt, braucht die Kammer danach nicht zu entscheiden, da es offenbleiben kann, ob tatsächlich eigene oder durch Mitarbeiter der Beklagten begangene und ihr zurechenbare schuldhafte Versäumnisse im Zusammenhang mit der Einführung der Radreifentechnik und dem Zugunglück von Eschede festzustellen sind. Die dazu notwendige intensive Beschäftigung mit den technischen Details, den tatsächlichen Abläufen und der umfangreichen Darstellung der Kläger einerseits und der Beklagten zu 1) andererseits, braucht im vorliegenden Verfahren nicht vorgenommen werden. Denn selbst wenn der Beklagten zu 1) hier tatsächlich etwas vorzuwerfen wäre und sie wirklich den Tod oder die Verletzung von Fahrgästen fahrlässig zu verantworten hätte, steht den Klägern nach den vorstehenden Ausführungen ein weiterer Anspruch auf Schmerzensgeld nicht zu. Aus diesem Grund erachtet die Kammer es nicht als notwendig, den vorliegenden Rechtsstreit im Hinblick auf das Strafverfahren auszusetzen.

Soweit die Kläger ihren Begehren auf andere Anspruchsgrundlagen stützen wollen, dringen sei gleichfalls nicht durch. Dass die von ihnen zitierten Normen vielfach überhaupt nicht die Anwendung des § 847 BGB ermöglichen, liegt auf der Hand. Soweit die Kläger in einer vom Gericht vorzunehmenden Rechtsfortbildung einen eigenen Schmerzensgeldanspruch für nahe Angehörige fordern, der nicht von der Wirklichung des Tatbestands des § 823 BGB oder § 831 BGB abhängig ist, haben sie keinen Erfolg (vgl. dazu MK-Stein, § 847 BGB, Rn. 16; Gontard DAR 1990, 375 ff; Steffen, FS für Steffen, 1996, 723, 730 f.). Eine Analogie ist schon deshalb nicht möglich, da es an einer unbewußten Regelungslücke fehlt. Denn im Zuge der gerade erfolgten Modernisierung des Schuldrechts hat der Gesetzgeber trotz der bestehende Rechtslage und der daraus sich ergebenden Folgen keine zu Gunsten der Kläger eingreifende Regelung im Sinne einer Erweiterung der Schmerzensgeldansprüche der nahen Angehörigen geschaffen, so dass davon auszugehen ist, dass eine bewußte Regelungslücke vorliegt.

Im Übrigen sieht § 847 BGB ein Schmerzensgeld bei der von den Klägern behaupteten Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht vor, da § 847 BGB die „Verletzung des Körpers oder der Gesundheit“ erfordert. Über die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann nach h.M. kein Schmerzensgeld hergeleitet werden (vgl. nur Münchener-Kommentar-Stein, § 847 BGB, Rn. 16; a.A. Kadner, ZEuP 1996, 135, 149 ff). Im Übrigen würden hier die obigen Ausführungen zur Schmerzensgeldhöhe entsprechend gelten.

Auch die europäische Menschenrechtskonvention und die Verletzung deren Normen, die zudem nicht nachvollziehbar dargetan sind, vermögen einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld, noch dazu in einem Umfang von mehr als 30.000,-- DM, nicht zu begründen.

Die Ausführungen der Kläger zu einem deliktischen Schmerzensgeldanspruch wegen Verletzung des Beförderungsvertrages, noch dazu der Angehörigen über oder unter eine Einbeziehung in den Schutzbereich des Vertrages, sind nicht nachvollziehbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 ZPO.

Gericht LG Berlin
Typ Urteil
Datum 18.09.2002
Normen § 623 Abs. 1, 2 BGB; § 831 BGB; § 847 BGB; § 46 Abs. 2 BeamtVG; § 46e BeamtVG; § 30 - 43a BeamtVG; § 104 SGB VII; § 106 Abs. 3 SGB VII;
Stichworte Schmerzensgeldanspruch; Schmerzensgeld für Angehörige; Schockschaden; Gesundheitsbeeinträchtigung des Anspruchstellers; Bemessung; Sachgeschehen; Abwägung aller Umstände; sogenanntes Haftungsprivileg; Erweiterung der Schmerzensgeldansprüche; Regelun

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